ADB:Reinharth, Tobias Jakob

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Artikel „Reinharth, Tobias Jakob“ von Ernst Landsberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 76–77, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reinharth,_Tobias_Jakob&oldid=- (Version vom 23. April 2024, 09:13 Uhr UTC)
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Reinharth: Tobias Jakob R., Rechtsgelehrter, ist geboren zu Erfurt am 8. October 1684, besuchte die dortige Predigerschule und die höhere Lehranstalt sowie schließlich die Universität und ward 1706 Licentiat, 1709 Dr. iuris. Er übernahm nun in seiner Vaterstadt, von Clienten zahlreich in Anspruch genommen, die Ausübung der Advocatur; zu mancher praktisch-gesunden Anschauung und Auffassung, [77] welche sich in seinen späteren Schriften häufig, zu deren größtem Vortheile, finden, dürfte er durch diese seine Beschäftigung gekommen sein, wennschon dieselbe zunächst in Widerspruch zu seiner Neigung gestanden zu haben scheint. Dieser entsprach mehr die akademische Thätigkeit, welche er mit der advocatorischen seit 1710 verband, zuerst als außerordentlicher, 1712 als ordentlicher Professor der Institutionen, 1714 der Pandekten. Es[WS 1] erfolgten sodann 1716 seine Ernennungen zum Oberkämmerer und kaiserlichen Pfalzgrafen, 1717 kam er dazu, die Advocatur niederzulegen, mußte aber dagegen die Geschäfte eines Stadtsyndikus übernehmen, 1722 ward er städtischer Oberbauherr, 1725 Beisitzer der Juristenfacultät, 1728 jüngerer Bürgermeister von Erfurt, 1729 gelangte er zur Professur des Codex und trat am 25. Juni 1730 das Rectorat der Universität an, welches er fünf Jahre hindurch beibehielt, bis zu seinem Abgange nach Göttingen. Dorthin wurde er nämlich 1735, als Nachfolger des S. Brunquell (s. A. D. B. III, 448) zu dem Ordinariat der Facultät und der Professur des kanonischen Rechts berufen unter Verleihung des Titels eines königl. großbritannischen und kurbraunschweigisch-lüneburgischen Hofrathes, zugleich unter Betrauung mit einem königlichen Commissariate bei der Universität, deren Rectorat er im J. 1740 verwaltete, während er die ihm darauf angebotene Vicekanzlerstelle wegen Altersschwäche ablehnen mußte; gestorben ist er am 3. Mai 1743. Er war zweimal verheirathet und außer den angeführten Titeln und Würden Rath einer großen Anzahl von Fürstlichkeiten, wie nach der Uebung jener Zeit fast selbstverständlich; besondere Dienste scheint er der gräflich Hatzfeld’schen Familie geleistet zu haben. Seine Schriften sind genau aufgezählt bei Pütter a. a. O.; dieselben bestehen zunächst aus zahlreichen Dissertationen u. dgl., in welchen er mit Vorliebe für einzelne Rechtsmotive die Frage der Reception des Römischen Rechts prüft und sich dabei auf einen ruhigen und praktischen, zwischen den Extremen, welche bei dem lebhaft gerade zu jener Zeit über Reception in complexu tobenden Kampfe hervortreten, vermittelnden, im ganzen dem Römischen Rechte eher geneigten Standpunkt stellt. Sein Hauptwerk aber sind die „Selectae Observationes ad Pauli Christinaei Decisiones“, 1743, welche besonders werthvoll sind durch die reichlich mitgetheilten Sprüche und Gutachten der Göttinger sowie anderer juristischer Facultäten, so daß das Buch als Quelle für die Praxis bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts verdient genannt zu werden neben den Meditationen von Leyser’s (s. A. D. B. XVIII, 522 ff.); besitzt es auch nicht den reichen Ideeninhalt und die elegante Souveränetät über das Recht, welche dem Wittenberger Gelehrten eignen, so bietet sein ohne Voreingenommenheit zu Gunsten neuaufgestellter Meinungen fleißig gesammeltes und gesichtetes Material um so zuverlässigere Zeugnisse für das wirklich geltende Recht: eine Nebeneinanderstellung, durch welche der nicht wegzuleugnenden Ueberlegenheit der Leyser’schen Persönlichkeit keinerlei Abbruch gethan sein soll.

Moser, Lexikon der jetzt lebenden Rechtsgelehrten, 206 ff. – Jenichen, Lexikon der jetztlebenden Rechtsgelehrten, 173 ff. – Gesner, Biographia academica Gottingensis, I, 71 ff. – Pütter, Versuch einer akademischen[WS 2] Gelehrten-Geschichte Göttingens, I, 40 ff. und II, 32.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Er
  2. Vorlage: eine rakademischen