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ADB:Reinhart, Johann Christian

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Artikel „Reinhart, Johann Christian“ von Richard Muther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 72–76, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reinhart,_Johann_Christian&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 03:17 Uhr UTC)
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Reinhart: Johann Christian R., Landschaftsmaler und Radirer, wurde am 24. Januar 1761 zu Hof in Oberfranken geboren, wo sein Vater Johann Peter R., geb. 1717, † 1764, das Amt eines Archidiakonus bekleidete. Schon als er 1778 aus dem Gymnasium in Hof zum Studium der Theologie auf die Universität Leipzig entlassen wurde, wählte er für seine Abschiedsrede in bezeichnender Weise das Thema „de utilitate artis pingendi in rebus sacris rite institutae“. In der That fesselten ihn in Leipzig die Vorlesungen Zollikofer’s nicht lange, um so mehr zog ihn die seit 1764 bestehende Universitätsakademie an, in welcher den Studirenden Gelegenheit gegeben war, unter Oeser’s Leitung sich unentgeltlich in der Pflege der bildenden Künste zu üben. Wie es am gleichen Ort und unter dem gleichen Lehrer ein Jahrzehnt früher bei dem jungen Goethe der Fall gewesen war, so trat auch bei R. die anfangs nebensächlich getriebene Beschäftigung mit den schönen Künsten bald mehr und mehr in den Vordergrund seiner Bestrebungen.

Treu dem üblichen akademischen Studiengang begann auch R. seine systematischen Uebungen mit Zeichnen nach Gyps und ging später zu Studien nach dem Nackten über, für dessen klares Verständniß die Anatomie zu Rathe gezogen wurde. Gleichzeitig begann er, Originalzeichnungen für buchhändlerische Zwecke, Illustrationen zu Gedichten, Romanen und anderen Schriften zu liefern und legte so in den Jahren seines ersten Aufenthaltes in Leipzig für sein künstlerisches Emporwachsen einen tüchtigen Grund. 1783 reizte es ihn, auch Dresden kennen zu lernen, das damals unter den Städten Deutschlands den höchsten künstlerischen Ruf genoß, da es neben seiner herrlichen Gemäldesammlung seit zwei Jahrzehnten auch eine Akademie besaß, der von nah und fern junge Künstler zuströmten. R. genoß hier kurze Zeit den Unterricht Klengel’s und bildete sich gleichzeitig in der Bildergalerie im Malen weiter aus. Die ersten Radirungen, welche damals entstanden (Andresen 1–18), vermögen allerdings noch wenig zu befriedigen. Die Figuren haben noch zu viel von der conventionellen Richtung der Oeser’schen Schule; am ansprechendsten ist der landschaftliche Hintergrund, in dem sich schon die stimmungsvolle Naturanschauung ausspricht, durch welche R. später seine künstlerische Bedeutung errang. Wichtiger wurde für ihn sein Verhältniß zu Schiller, den er 1785 im Körner’schen Hause zu Dresden kennen lernte. Schiller erkannte seines Freundes Begabung für die Kunst, fürchtete [73] aber mit Recht, daß sich seine Anlagen in Dresden nicht zu voller Blüthe entfalten würden, und rieth ihm, nach Italien zu gehen.

R. verließ Dresden im Frühjahr 1787, zunächst in der Absicht, eine Studienreise durch Thüringen, Schwaben und die Rheingegend zu machen. Auf dieser Reise lernte er den kunstsinnigen Herzog Georg von Meiningen kennen, der ihn an seinen Hof zog. Eine Pension, welche ihm durch Vermittlung dieses Gönners der letzte Markgraf von Brandenburg-Bayreuth aussetzte, gewährte ihm die Mittel zur Römerfahrt. Am 23. December 1789 kam er in Rom an als der erste jener Mitschöpfer der Wiedergeburt deutscher Kunst, welche die ewige Stadt betraten.

Erst in Rom und dessen schönen Umgebung empfing sein Streben die rechte Weihe, hier erst entwickelte sich im Gegensatze zu Mengs und Hackert, welche damals das akademische Regiment in der Malerei führten, die bahnbrechende Eigenthümlichkeit seines Geistes. Dem hausbackenen prosaischen Vedutenwesen in der Landschaft, als dessen Repräsentant der von Goethe gefeierte Hackert zu betrachten ist, hat er in Verbindung mit Koch ein Ende gemacht. In eine Welt neuer Anschauungen versetzt, umgeben von den Meisterwerken einer glänzenden Vergangenheit, umgeben von einer üppigen Natur, die in anderem Sinne aufgefaßt sein wollte als die schlichtere heimische Landschaft, war R. während den ersten Zeiten seines römischen Aufenthaltes völlig damit beschäftigt, die auf ihn einstürmenden Eindrücke in sich aufzunehmen. Nächst dem immer vertrauter werdenden Umgange mit den Kunstschätzen in den Museen und Palästen verfolgte er auf das eifrigste das Studium der Natur. Er durchstreifte die Campagna nach allen Richtungen hin und weilte, wo er sich durch landschaftliche Reize gefesselt fühlte, oft viele Tage lang, mit dem Wenigsten sich begnügend, oft an abgelegenen Plätzen von früh bis Abends in seine Studien vertieft. Während der ersten Jahre seines Aufenthaltes in Rom scheint er besonders in den Umgebungen Tivoli’s seine Studien gemacht zu haben. Seine Zeichnungen aus dieser Zeit entbehren noch bei zwar großer Wahrheit und Treue im Detail jener Sicherheit, Klarheit und Abrundung, welche seine späteren Arbeiten auszeichnen. Später wurde Aricia sein Lieblingsort, wo er besonders in dem für das Publicum verschlossenen Park Chigi arbeitete. Hier erst begann sich seine ihm von Natur verliehene Eigenthümlichkeit, seine männlich kräftige und charakteristische Art in der Wiedergabe der Naturformen aufs reichste zu entfalten, besonders in seinen Kreidezeichnungen, die deshalb auch vorzugsweise gesucht waren. 1791 forderte ihn der Nürnberger Verleger Frauenholz auf, ihm einige Radirungen zu liefern; R. wählte dazu Landschaftspartien mit halbverfallenen römischen Grabdenkmälern und stellte eine geschlossene Folge von 6 Blättern (Andresen 46–51) noch im selben Jahre her. Gleichzeitig aber hatte eine Idee, mit der sich R. schon vorher im Stillen getragen, durch die Aussicht auf einen tüchtigen Verleger volle Lebensfähigkeit erlangt. Aus der Fülle des Naturschönen, dem er in der Romagna begegnete, die ansprechendsten Motive zu einer Reihe von Kunstblättern zu verarbeiten, aus denen sich ein Uebersichtsbild mittelitalienischer Landschaft ergebe, das erkannte er als eine äußerst dankbare Aufgabe, deren Lösung bisher noch nicht versucht worden war. Besaß man doch im Gebiete der vervielfältigenden Kunst an Darstellungen italienischer Scenerien noch kaum etwas anderes als die prosaischen Städteansichten und stimmungslosen Gemeinplatzveduten eines Hackert und seiner nüchternen Nachahmer. Alle die reizenden stimmungsvollen Partien des Landes waren noch ein ungehobener Schatz. Diesen an das Licht zu ziehen, fühlte R. sich gedrängt und berufen. Nur war die Aufgabe eine zu umfangreiche, als daß die Kraft eines Einzelnen dafür ausreichend gewesen wäre. Deshalb verband er sich mit seinen Collegen Dies[WS 1] und Mechau zu gemeinsamem [74] Vorgehen, und Frauenholz übernahm den Verlag. Jeder der drei Künstler verpflichtete sich zur Lieferung von 24 Platten; die ganze Folge, 72 Radirungen umfassend, erschien unter dem Titel „Malerisch radirte Prospecte aus Italien“ in 12 Heften 1792–98. Die 24 Blätter von R. (Andresen 52–75) sind bei weitem die gelungensten des Werkes. War an seinen ersten italienischen Landschaften einige Befangenheit gegenüber der ihm noch nicht geläufigen südlichen Vegetation bemerkbar gewesen, so sehen wir ihn nun rasch zur vollen Beherrschung derselben vordringen. Mit geschmackvoller Wahl wußte er das Bildmäßige ausfindig zu machen, wußte durch das einfache Schwarz auf Weiß die blendende Lichtwirkung der italienischen Sonne trefflich zu veranschaulichen. Vorzüglich gelang ihm das, sobald es sich um Darstellung halbverfallener Architekturwerke handelte. Diese regten ihn zunächst durch ihre malerische Erscheinung, nebenbei aber auch um ihrer romantisch-historischen Beziehungen willen zur Nachbildung an, und in ihrer Wiedergabe lag der Schwerpunkt seiner Meisterschaft. Das zeigt sich schon bei den 6 Platten, die er im ersten Jahre für das große Werk vollendete. Die Ueberreste des Theaters in Albano und die Partie aus dem Colosseum sind harmonisch durchgebildet, während die Wiedergabe rein landschaftlicher Motive mancherlei zu wünschen läßt. Ebenso stehen unter den 7 Prospecten des folgenden Jahres die Ruinen der Villa des Vestidio Basso zu Tivoli und das zweite der Blätter, die sich Nel Colosseo betiteln, obenan. Nahe kommt demselben die sonnige Landschaft mit dem Tempio della Tosse zu Tivoli und das enge Thal des Teverone mit seinen hochaufgethürmten Uferbergen in der Nähe von Subiaco, das einen eigenen Reiz erhält durch die schimmervolle Luft, welche die leichtverschleierte Sonne umgibt. Unter den 6 Platten, die er 1794 dem Werke beifügte, fesselt vor allem das dritte der Subiaco betitelten Blätter, während unter den späteren das Grabmal der Horatier und Curiatier bei Albano hervorragt. Während er in diesen Prospecten nur unmittelbar der Natur Entnommenes bildmäßig zu behandeln suchte, drängte es ihn später, der eigenen Phantasie mehr Spielraum zu gestatten, und so entwarf er eine große Reihe idealer Landschaften. 1799 entstanden drei solche Radirungen, die mit drei früher schon vollendeten zu einer kleinen Folge (Andresen 76–81) vereinigt wurden und ebenfalls bei Frauenholz erschienen. Leider hat er in mancher dieser Ideallandschaften eine zu große Summe von Motiven untergebracht, die er nicht zu einer einheitlichen Wirkung zu verschmelzen im Stande war. Unter den sechs componirten Landschaftsradirungen leiden mehrere, besonders die Blätter „Morgen“ und „Abend“ an solcher Ueberfülle. Glücklicher in dieser Beziehung zeigt sich die idyllische Bachpartie, an deren Ufer ein flötender Satyr sitzt. Das Motiv dieser Landschaft mit der über dem Bach hangenden Esche ist nicht ohne poetischen Reiz; doch ist es auch hier dem Künstler nicht gelungen, jene geschlossene Wirkung zu erzielen, welche die bedeutendsten seiner „Prospecte“ und seiner sonstigen, aus unmittelbarer Naturanschauung hervorgegangenen Werke vor ähnlichen Arbeiten seiner Zeitgenossen so vortheilhaft auszeichnet. Immer mehr schloß er sich der Auffassungsweise jener Tage an, die den Werth einer sinnigen und formvollendeten Wiedergabe von Partien, wie die Natur selbst sie bietet, gering anschlug und nur der idealen Landschaft im Sinne eines Poussin und Claude Lorrain eine wahrhaft künstlerische Bedeutung beimaß. Dieser letzteren Gattung widmete er fortan immer eifriger seine Kräfte, indem er besonders die goßartig düstern Züge der Natur zu steigern suchte. Seine hauptsächlichste Arbeit in dieser Richtung ist die große Sturmlandschaft, die er im J. 1800 seinem Freunde Schiller widmete (Andresen 96). Neben dem „Sturm“ wurden noch zwei weitere ideale Landschaften in der Radirung fertig, von denen besonders diejenige mit dem Propheten Elias (Andresen 97) hervorzuheben ist. Auch wurden damals nicht weniger als 12 kleine (Andresen 34–45) und 14 [75] mittelgroße (Andresen 82–95) Thierstudien vollendet. Auf diese Weise hat er bis zum Jahre 1828 170 derartige Blätter radirt, die von Andresen verzeichnet und beschrieben sind. Sie finden sich in fast allen Kupferstichcabinetten Deutschlands in reicher Anzahl vor und genügen fast vollkommen für das Studium des Meisters in seiner eigenthümlichen, mehr auf die Form gerichteten Behandlungsweise der Landschaft. Weit weniger wichtig sind seine Bilder. Gemälde von ihm werden in der Neuen Pinakothek in München, im Museum zu Leipzig, im Thorwaldsenmuseum in Kopenhagen und an andern Orten, namentlich auch im Privatbesitze aufbewahrt, doch sind dieselben nicht zahlreich, da er sehr langsam malte. Sie zeigen im allgemeinen dieselbe Entwickelung wie seine Radirungen. Während diejenigen seiner ersten Jahre noch einen gewissen zopfigen Stempel tragen, eignete er sich später durch den Einfluß von Carstens und Koch eine größere Formenauffassung an, die ihn am Ende auch im Gemälde zu der stilistisch-historischen Richtung führte. Ein großer Jagdfreund, staffirte er seine Landschaften gern mit Thieren, häufig aber auch mit mythologischen und Genrefiguren aus dem Alterthume aus. Sein letztes, im 85. Lebensjahre ausgeführtes Werk, eine griechische Ideallandschaft, staffirt mit der Fabel von der Erfindung des korinthischen Capitäls, ist in der Münchner Neuen Pinakothek zu finden. Dadurch daß er die von Carstens in die moderne Kunst eingeführten Grundsätze lebendig und selbständig annahm, trat er als Landschafter an die Seite von Koch, dem er jedoch an schöpferischer Originalität, an lebendigem Gefühl für den organischen Aufbau einer Landschaft, für die Massenvertheilung und die Führung der bestimmten Linien nicht gleichkommt und dessen kunstgeschichtliche Höhe er somit auch nicht erreichen konnte. Dennoch ist er von einzelnen Kunstfreunden in jener Zeit über Koch gestellt worden, und Elise v. d. Recke behauptete sogar, daß er „nach dem Zeugniß aller Kenner damals (1805) als der erste Künstler des Landschaftsfaches dastände“. Diese hohe Schätzung hat aber die Probe der Geschichte nicht ausgehalten. R. war ein Mann von gelehrter Bildung, strenger Gesinnung und gradem, reinen Charakter, war ein sehr zu schätzender Künstler, der überall als geistreich und denkend sich kundgibt, wie das auch schon Fernow im J. 1802 besonders hervorhob. Aber bei aller Anerkennung seiner tüchtigen Zeichnung empfindet man doch eine gewisse Nüchternheit in der sinnlichen Erscheinung seiner Malereien, die namentlich im Gegensatze zu der energischen Farbe Koch’s flau und schwach, fast wie colorirte Zeichnungen wirken. Desto kräftiger war R. in seinen schriftlichen Aeußerungen. Schon 1810 und 1811 hatte er sich auf litterarischem Felde bewegt, indem er in Gemeinschaft mit F. Sickler den „Almanach aus Rom“ herausgab, dem auch verschiedene landschaftliche Radirungen seiner Hand beigefügt wurden. Er hatte Beziehungen zu einer Reihe litterarisch und gesellschaftlich hervorragender Persönlichkeiten, u. a. auch zu Schiller und Wilh. v. Humboldt, mit denen er einen lebhaften Briefwechsel unterhielt. Aus jenen Beziehungen hatte sich in ihm ein sehr starkes Selbstgefühl entwickelt, und bei dem großen Ansehen, das er in der römischen Künstlerwelt genoß, fühlte er sich berufen, in der damals ausgebrochenen Fehde der römischen Künstler gegen die deutschen Kunstkritiker die Führerschaft zu übernehmen. Er hatte sich durch eine Kritik seiner Landschaft mit Psyche am Wasser des Kocyt (jetzt im städtischen Museum zu Leipzig), welche Ludwig Schorn aus Anlaß der Münchener Kunstausstellung von 1829 im Stuttgarter Kunstblatt veröffentlicht hatte, aufs tiefste verletzt gefühlt, obwohl die Kritik Schorn’s nicht nur in der Form sehr maßvoll, sondern auch durchaus gerechtfertigt war. Schon 1826 war es ihm gelungen, 7 Kunstgenossen zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen die „Kunstschreiber“ zu veranlassen, welches schriftlich unter dem Titel „Betrachtungen und Meinungen über die in Deutschland herrschende Kunstschreiberei“ in der Augsburger Allgemeinen [76] Zeitung formulirt wurde. Diese erste litterarische Kundgebung, welche außer von R. von Franz Catel, Koch, Friedrich und Johann Riepenhausen, von Rohden, Thorwaldsen[WS 2] und Philipp Veit unterschrieben war, zeichnet sich noch insofern durch ein gewisses Maßhalten aus, als nicht bestimmte Persönlichkeiten zum Gegenstand des Angriffs gemacht wurden, sondern derselbe sich nur in allgemeinen Erklärungen gegen die Berechtigung der Kunstkritik bewegte. Diese Streitschrift erfuhr sehr scharfe Entgegnungen, welche die Urheber der ersteren gewaltig verdrossen. Während sich aber die übrigen Unterzeichner der „Betrachtungen“ fortan ruhig verhielten, griff R. den Fehdehandschuh desto eifriger auf. Die erwähnte Kritik beantwortete er mit einem an den Münchener Schriftsteller gerichteten Sendschreiben, das, wie König Ludwig richtig sagte, mit einer „verteufelt spitzigen Feder“, d. h. grob und witzlos geschrieben war. Da Schorn nicht antwortete, ließ R. dem ersten Schreiben ein zweites folgen, und da auch dieses ignorirt wurde, beschloß er das erste drucken zu lassen. Um die Broschüre noch wirksamer zu machen, wurde ein Wiederabdruck der „Betrachtungen“ vorausgeschickt, und den Schluß des 1833 in Dessau unter dem Titel „Drei Schreiben aus Rom gegen Kunstschreiberei in Deutschland“ erschienenen Werkchens bildete ein drittes Schreiben eines Historienmalers Friedrich Rudolf Meyer aus Dresden. Mag es nun an den damaligen Preßverhältnissen oder an der Mangelhaftigkeit der von den Künstlern vorgebrachten Argumente gelegen haben – die Angriffe Reinhart’s machten auch in der Broschürenform nicht das Aufsehen in Deutschland, welches er von der Höhe seines Patriarchensitzes in Rom erwartet hatte. Ueberhaupt war er schon während seiner letzten Lebensjahre in Deutschland ziemlich vergessen. Seine Augen entzündeten sich und machten ihm lange Zeit jede Thätigkeit unmöglich. Er starb, über 86 Jahre alt, in Rom am 11. Juni 1847.

Im allgemeinen ist seine Bedeutung mehr eine historische als eine rein künstlerische. Seine künstlerischen Schöpfungen haben nicht so sehr sein Andenken rege erhalten, als sein ideales auf ein großes Ziel gerichtetes Streben. Er war es, der während der Kummerjahre unseres politischen Lebens deutscher Art und deutscher Kunst in der Fremde Achtung und Erfolg zu sichern wußte, und den fast erloschenen Funken einer idealen Naturanschauung gehegt und genährt hat, an dem später die künstlerische Begeisterung eines Schirmer, eines Rottmann sich entzündete.

Vgl. Fernow, Sitten- und Kulturgemälde von Rom, Gotha 1802, S. 260. – Goethe, Winckelmann u. s. Zeit, S. 344. – A. W. v. Schlegel’s krit. Schriften VI, S. 365, Berlin 1828. – Elise v. d. Recke, Tagebuch einer Reise 1804–6, Bd. II, S. 404, Berlin 1815–17. – A. Andresen, Die deutschen Maler-Radirer, I, S. 176–352, Leipzig 1866, ausführliche Monographie. – H. Riegel, Geschichte des Wiederauflebens der deutschen Kunst, S. 122, Hannover 1876. – Reber, Geschichte der neueren deutschen Kunst I, 175. – A. Rosenberg, Gesch. d. modernen Kunst II, S. 58, Leipz. 1887. – Otto Baisch, J. C. R. u. seine Kreise, ein Lebens- und Culturbild, Leipzig 1882. – Cotta’sches Kunstblatt 1847, S. 168. – Deutsches Kunstblatt 1858, S. 285. – Förster, Geschichte der deutschen Kunst IV, 81 ff. – Kugler, Kleine Schriften III, 46 ff. – Nagler, Monogrammisten II, Nr. 619. – Naumann, Archiv für d. zeichn. Künste, III, 141 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Albert Christoph Dies (1755-1822); deutscher Maler, Radierer und Biograf
  2. Bertel Thorvaldsen (1770-1844); dänischer Bildhauer und Medailleur