Zum Inhalt springen

ADB:Richafort, Jean

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Richafort, Jean“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 411–412, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Richafort,_Jean&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 05:47 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Ricdag
Band 28 (1889), S. 411–412 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Jean Richafort in der Wikipedia
Jean Richafort in Wikidata
GND-Nummer 129363391
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|28|411|412|Richafort, Jean|Robert Eitner|ADB:Richafort, Jean}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=129363391}}    

Richafort: Jean R. Ueber diesen alten niederländischen Meister des 15. und 16. Jahrhunderts fließen die Quellen noch äußerst sparsam, obgleich uns dagegen seine Werke zahlreich im Manuscript und Druck erhalten sind. Wir wissen bis jetzt nur, daß er ein Belgier war, alte Schriftsteller nennen ihn auch einen Gallier, ferner ein Schüler des großen Josquin Deprès und von etwa 1543–47 Capellmeister an der Kirche St. Gilles zu Brügge. 1547 wurde der Priester Jean Bart sein Nachfolger. Ob er in dem Jahre gestorben ist, oder einen anderen Posten antrat, wo er sich ferner vor 1543 aufgehalten hat, sind Fragen, die wir bis heute noch nicht zu beantworten vermögen. R. schließt sich als Componist noch der älteren Gruppe an, er bildet gewissermaßen den Uebergang, an den sich zunächst Nicolaus Gombert, Joriers Vinders u. a. anschließen. Alle diese Meister haben noch einen alterthümlichen ernsten, oft herben Zug, dabei aber großartig, tief und oft von wunderbar schönen Gedanken. Glarean zählt ihn in seinem Dodecachord von 1547 mit Recht den besten seiner Zeit zu. Seine Werke, die in Messen, Motetten und Chansons zu 2, 3, 4 bis 6 Stimmen bestehen, sind sowol in Handschriften als Drucken des 16. Jahrhunderts zerstreut. Schon Petrucci, der Erfinder der beweglichen Notentype, sammelte seine Werke und theilte einige in seinen Sammelwerken mit, ihm folgten der Pariser Drucker Attaignant, der Italiener Anticho, die Niederländer Susato und Phalese in Antwerpen, die Nürnberger Drucker Petrejus, Berg und Neuber, der Augsburger Kriesstein und mancher andere (siehe die [412] Bibliographie der Musiksammelwerke des 16. und 17. Jahrhunderts, Berlin 1877, S. 809). Ebenso sind die Werke in Handschriften vertheilt: Rom wie London, Berlin wie Paris, Brüssel, Cambrai sind im Besitze von kostbaren Codices, in denen man Werke von R. findet. Die Neuzeit hat in Sammelwerken erst zwei Chansons veröffentlicht, die eine „De mon triste de plaisir“ zu vier Stimmen steht in Frz. Commer’s Collectio operum musicorum batavorum saeculi XVI (Berlin bei Trautwein) im 12. Bande und die andere im 1. bis 3. Bande der Publication älterer theoretischer und praktischer Musikwerke (Lpz., Breitkopf & Härtel) Nr. 78 über den Text „Sur tous regrets le mien“ zu vier Stimmen, erst der im Druck befindliche Neudruck von Glarean’s Dodecachord (Leipzig, Breitkopf & Härtel) wird die große vierstimmige Motette „Christus resurgens“ in Partitur bringen. Die Chanson in Commer’s Collectio ist von wunderbarer Schönheit, Klarheit und Einfachheit und erinnert schon an die höchste Blüthe des Kunstgesanges im 16. Jahrhundert. Die andere Chanson ist ein fein ausgearbeiteter Satz, doch melodisch und harmonisch nicht so ansprechend wie „De mon triste“.