Zum Inhalt springen

ADB:Riem, Andreas

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Riem, Andreas“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 756–757, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Riem,_Andreas&oldid=- (Version vom 18. November 2024, 23:46 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 29 (1889), S. 756–757 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Andreas Riem in der Wikipedia
Andreas Riem in Wikidata
GND-Nummer 116563923
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|29|756|757|Riem, Andreas|Julius August Wagenmann|ADB:Riem, Andreas}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116563923}}    

Riem *): Andreas R., deutscher Aufklärer, Theolog und Litterat des 18. Jahrhunderts, geboren am 22. August 1749 zu Frankenthal in der Pfalz, † angeblich 1807 in Paris. – Aus einer reformirten Familie der Pfalz abstammend, wie es scheint Sohn eines Rectors in Frankenthal, widmete er sich dem Studium der Theologie und erwarb sich zugleich eine vielseitige allgemeine Bildung. Unter Friedrich II. kam er nach Preußen, wurde reformirter Prediger zu Friedrichswalde bei Templin in der Ukermark, 1782 Prediger an dem großen Friedrichshospital in Berlin und beschäftigte sich neben seinem Amt mit schriftstellerischen Arbeiten im Geiste der damals in Berlin herrschenden Aufklärung. Zuerst erschienen von ihm in Leipzig einige poetische Versuche unter dem Titel „Timoklea und Charitides“, 1773, 8°; „Dorset und Julia“, 2 Thle., 1774; dann einige religions- und culturgeschichtliche Abhandlungen unter dem Titel: „Vom Einfluß der Religion auf das Staatssystem der Völker“, Berlin 1778; „Verträglichkeit der Religionen mit der Politik der Staaten nebst Entwurf eines Werkes: Klima, Staatsverfassung und Religion in ihrem wechselseitigen Einfluß aufeinander“, Berlin 1779; „Philosophische und kritische Untersuchungen über das Alte Testament und dessen Göttlichkeit, besonders über die mosaische Religion“. London (Dessau) 1785; „Gedächtnißrede auf Friedrich den Einzigen“, Berlin 1786, und eine Schrift „Ueber die Malerei der Alten, Beitrag zur Geschichte der Kunst“, Berlin 1787. Wenn schon hier offenbar Lessing’sche Einflüsse sich zeigen, so trat er förmlich in das Erbe Lessing’s ein durch seine 1787 unter dem Pseudonym C. A. E. Schmidt veranstaltete Ausgabe derjenigen Theile der Reimarus’schen Schutzschrift, welche Lessing besessen, aber nicht veröffentlicht hatte unter dem Titel: „Uebrige, noch ungedruckte Schriften des Wolfenbüttler Fragmentisten aus dem Nachlaß von G. E. Lessing“, Berlin 1787. Daran schließen sich weitere Abhandlungen ähnlicher Tendenz: „Beiträge zur Berichtigung der Wahrheiten der christlichen Religion. Ueber Glauben und Ueberzeugung“, Berlin 1787, besonders aber seine 1788, aus Anlaß des Wöllner’schen Religionsedictes herausgegebenen, in kurzer Zeit viermal aufgelegten „Fragmente über Aufklärung“. Wegen dieser „aufrührerischen Scharteken“ wurde eine Disciplinaruntersuchung gegen ihn eingeleitet, bei der er zwar zunächst mit einem bloßen Verweis davon kam, die ihn aber veranlaßte, bald darauf, im J. 1789, sein geistliches Amt freiwillig niederzulegen, da er es nicht über sich vermochte, „nach Vorschrift des Wöllner’schen Edictes gegen seine Ueberzeugung Dinge zu lehren, die er nicht zu glauben höchsten Grund hatte, weil sie wider eine reine Vernunftlehre streiten“ (s. die Geschichte der Niederlegung seines geistlichen Amtes in Acten und Urkunden zur Neuesten Kirchengeschichte III, 2 und im Neuesten Berlinischen Journal über Gegenstände der Geschichte, Philosophie und Politik, 1791, I. Bd., S. 81 ff.). Er erhielt die Stelle eines beständigen Secretärs bei der Berlinischen Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften, sowie die Direction der königlichen Kunst- und Buchhandlung, wurde 1791 Kanonikus bei dem Stift St. Johannis und Dionysii zu Herford, auch Mitglied der kurpfälzisch-bairischen und der kursächsischen ökonomischen Gesellschaft. In dieser Zeit verfaßte er neben verschiedenen kleineren Schriften ein vierbändiges theologisches Werk: „Fortgesetzte Betrachtungen über die eigentlichen Wahrheiten der Religion oder Fortgang, da wo der Herr Abt Jerusalem stillstand“, auch unter dem Titel: „Das reinere Christenthum oder die Religion der Kinder des Lichtes“, 1. Theil 1789; 2. u. 3. Theil 1794; 4. Theil 1795; ferner die kleineren Schriften: „Christus und die Vernunft oder Prüfung der Wahrheit und Göttlichkeit der Lehre Jesu Christi“, Teutschland 1792; „Neues System der [757] Natur über Gott, Intelligenz und Moralität“, Dresden und Leipzig 1792; „Winke über Preußens inneres und äußeres Staatsinteresse“, Germania (Dresden) 1792; „Ueber Christenthum und moralische Religion gegen Döderlein“, 1793; „Reines System der Religion für Vernünftigere“, Berlin 1793; „Europa und seine politischen und Finanzverhältnisse“, 4 Hefte, 1795. Diese seine Einmischung in politische Fragen („weil er es gewagt, Preußens Vertheidigung als ein Mann von Ehre, nicht als ein bezahlter Elender zu übernehmen“, wie er selbst sagt) veranlaßte im J. 1793 seine Ausweisung aus den preußischen Staaten. Er begab sich nach Frankfurt a. M. und, „da er sich hier nicht sicher fühlte und von der Bischofswerder-Hohenlohe-Hardenberg’schen Regierung Alles besorgte“, nach Homburg v. d. H., wo er eine Zeitlang unter dem angenommenen Namen eines Dr. Freund lebte. In den folgenden Jahren machte er Reisen durch verschiedene Theile Deutschlands, nach Holland, England und Frankreich und veröffentlichte seine freilich sehr einseitigen Reiseeindrücke und seine stark revolutionären, leidenschaftlich-antimonarchischen politischen Anschauungen in mehreren Reisebeschreibungen: „Reise durch Holland“ 1796–7; „– durch England“ 1798–9; „– durch Frankreich in und nach der Revolution“ 1799–1800; sowie in einigen kleinen publicistischen Schriften („Europa’s politische Lage und Interessen“ 1796; „Der Substitut des Behemot.“ Bagdad (Altona) 1796; „An den Congreß zu Rastatt von einem Staatsmann“ 1797–8; „Finanzgegenstände“ 1799; „Tagebuch der merkwürdigsten Weltbegebenheiten“, (Frankenthal und Mannheim 1799). Ueber seine ferneren Lebensschicksale ist nichts bekannt. Er soll seine letzten Lebensjahre in Frankreich zugebracht haben und im J. 1807 in Paris gestorben sein. Eine 1809 zu Mannheim erschienene Schrift eines A. Riem unter dem Titel „Aphorismen über Sinnensprache und Ideensprache“ hat wol einen anderen Verfasser.

Vgl. Schmidt und Mehring, Neuestes gelehrtes Berlin oder literarische Nachweisung von jetzt lebenden Berliner Schriftstellern, II, 126 ff., Berlin 1795. – Meusel, Gel. Teutschland, Bd. III, 26 ff.; IV, 362 ff.; X, 481 ff.; XIX, 358. – G. Frank, Geschichte der prot. Theologie III, 144 ff.

[756] *) Zu Bd. XXVIII, S. 554.