ADB:Rimpler, Georg
[WS 1]. Nun kam R. im Jahre 1669 im Gefolge des schwedischen Generals Grafen Königsmark über Italien nach Kandia, wo er bei den braunschweigisch-lüneburgischen Hülfstruppen als Lieutenant Aufnahme fand und „im Bastion St. Andrea von einem türkischen Fornell (Mine) mit 8 Blessuren regalirt und vom Pulverdampf sehr warm gehalten worden.“ Namentlich dort hat R. die Kunst des Minirens gründlich kennen gelernt und sich später in dieser einen Ruf erworben. Auch 1672–1674 war R. an mehreren Belagerungen betheiligt. Bezüglich des Jahres 1683 endlich ist es sicher gestellt, daß R. vorerst beim Heere des Hofkriegsraths-Präsidenten Feldmarschalls Markgrafen Herrmann von Baden um Komorn, Preßburg, Leopoldstadt, Raab, später beim Heere des Feldmarschalls Herzog von Lothringen bei Gran Befestigungen absteckte und dann als Oberstlieutenant und Chef des Ingenieurwesens der Vertheidiger von Wien durch geschickte Thätigkeit und Ertheilung nutzbringender Rathschläge sich bleibende Verdienste erworben; ihm ist es auch hauptsächlich zuzurechnen, rechtzeitig die Richtung des Angriffes auf Wien erkannt und die umfassendsten und zweckmäßigsten Gegenmaßregeln getroffen zu haben. Doch schon am 25. Juli wurde R. bei einem Ausfalle, den er persönlich leitete, der linke Arm zerschmettert, welcher Verwundung er am 2. oder 3. August erlag. R., der an der Ostsee, am adriatischen und Mittelmeere, am Rheine und an der Donau im Angesichte des Feindes gestanden, hat nach seinen eigenen Angaben an nachbezeichneten Belagerungen Antheil genommen: mit den Schweden bei Riga 1656, bei Bremen 1666, mit den braunschweigisch-lüneburgischen Hülfstruppen bei Kandia, Venedig 1669, mit den Franzosen bei Duisburg, Nimwegen, Crévecoeur, Bommel 1672 und mit den Kaiserlichen bei Bonn 1673. Ueberdies soll er auch bei Philippsburg 1676, Stettin 1677 im Dienste der Kaiserlichen sich befunden haben. R. wird als [619] ein thatkräftiger, geistesgegenwärtiger, pflichtgetreuer und keine Gefahr scheuender Militär allgemein anerkannt; rücksichtlich seiner Schriften schwanken aber die Ansichten in weit auseinander gehenden Richtungen und entbehren mitunter des zeitgemäßen Standpunktes sowie des entsprechenden Urtheiles. Viele nennen ihn einen die Kunst des Befestigungswesens fördernden, berühmten Kriegsbaumeister und reformirenden, fortificatorischen Schriftsteller, der nicht Nachahmer oder Anhänger der herrschenden italienischen und niederländischen Systeme gewesen und als ein Vorläufer Montalembert’s bezeichnet werden könne. Schon sein Zeitgenosse, Freund und Kampfgefährte Oberst und Ingenieur Scheichter, mit welchem Rimpler’s Thätigkeit mitunter verwechselt sein dürfte, bemerkt andererseits, daß man vielleicht manche Vorschläge Rimpler’s günstiger beurtheilen würde, wenn man wüßte, was er gewollt habe und wenn er seine Ideen durch Zeichnungen erläutert hätte. Gewiß ist es, daß R. nie nach seinen eigenen Ideen arbeitete und sohin seine Gedanken und Vorschläge nur den Gegenstand von Erörterungen bildeten und bilden. Die Neuzeit endlich erklärt geradezu, R. sei bisher jedenfalls überschätzt worden und begründet diesen Ausspruch unter Hinweis auf die seinen Ruf bildenden zwei Werke: „Ein dreifacher Tractat von den Festungen“, angefertigt 1671, publicirt 1673, dann „Befestigte Festung, Artillerie und Infanterie mit drei Treffen in Bataille gestellt“ 1674. Dieselben enthalten nämlich: I. Rimpler’s neuerfundene Befestigungsmanier, II. Rimpler’s Anerkenntniß der Bedeutung des Mauerhohlbaues, und stehen somit beide Resultate Rimpler’scher Geistesthätigkeit nach Schröder’s umfassender Forschung nicht nur unvermittelt neben-, ja sogar im Gegensatze zu einander, denn Rimpler’s Auffassung von den Wichtigkeiten des Hohlbaues ist nicht zu einem fortificatorischen System ausgereift und Rimpler’s fortificatorisches System macht keinen wesentlichen Gebrauch vom Hohlbaue. Immerhin äußert auch Schröder, es habe R. im letzten Abschnitte seines ersten Werkes eine Sprache geredet, in der man in der That An- und Vorklänge derjenigen vernimmt, die 90 Jahre später Montalembert geredet hat. Und so läßt sich denn schließlich sagen, R. sei eine mit vielen geistigen Anlagen ausgestattete Persönlichkeit gewesen, welche mit Rücksicht auf deren unvollständige Ausbildung dennoch als Militär und Ingenieur unter den Verhältnissen der damaligen Zeit denkwürdig hervorgetreten ist.
Rimpler: Georg R., kaiserlicher Oberstlieutnant und Ober-Ingenieur, wurde im Jahre 1636 zu Leisnig in Sachsen geboren und starb nach einem bis zum heutigen Tage noch sehr ungenügend nachgewiesenen Lebenslaufe am 2. oder 3. August 1683 zu Wien. Wie angenommen wird, war er der Sohn des wohlhabenden Fleischhauers Georg R. und erlernte bei seinem Pflegevater, einem Bruder seines Vaters, das Weißgerber-Handwerk. Hierauf soll R. von etwa 1656 an bis 1661 als gemeiner Soldat auf schwedischer Seite gestanden haben und bei mehreren Belagerungen im Livländischen gegenwärtig gewesen sein; wahrscheinlich ist es ferner, daß er zwischen 1662–1669 mit einer geringen Unterbrechung im Jahre 1666, zu Nürnberg den Grund zu seinem theoretischen Wissen legte, indem er dort vornehmlich Mathematik, Fortification, Geschichte, alte Kriegsgeschichte, Logik, Dialektik, Rhetorik etc. studirte. Als sein Lehrer gilt der Mathematiker und Maler Georg Christian Gorck- Archiv f. d. Artillerie- und Ingenieuroffic., Berlin 1883. – Streffleur’s Oest. milit. Zeitschr., Wien 1884. – Wehr-Zeitung, Wien 1884. – Beiheft zum Militär-Wochenblatt. Berlin 1884.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Georg Christian Gorck (1615–1687), Nürnberger Rechenmeister.