Zum Inhalt springen

ADB:Rinck, Johann Christian Heinrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Rinck, Johann Christian Heinrich“ von Eusebius Mandyczewski in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 626–628, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rinck,_Johann_Christian_Heinrich&oldid=- (Version vom 21. Dezember 2024, 13:44 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Rinecker, Franz von
Band 28 (1889), S. 626–628 (Quelle).
Christian Johann Heinrich Rinck bei Wikisource
Christian Heinrich Rinck in der Wikipedia
Christian Heinrich Rinck in Wikidata
GND-Nummer 116549165
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|28|626|628|Rinck, Johann Christian Heinrich|Eusebius Mandyczewski|ADB:Rinck, Johann Christian Heinrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116549165}}    

Rinck: Johann Christian Heinrich R., berühmter Organist und Componist für sein Instrument, wurde am 18. Februar 1770 zu Elgersburg im Herzogthum Gotha geboren, wo schon sein Großvater und auch sein Vater Schullehrer waren. Frühe zeigte sich beim Knaben ein entschiedenes musikalisches Talent, dessen Ausbildung sich der Vater im Vereine mit andern benachbarten Musiklehrern eifrig angelegen sein ließ. Sechzehnjährig kam R. nach Erfurt zu Kittel, einem der berühmtesten Schüler Seb. Bach’s, unter dessen Leitung er seiner Ausbildung in der Composition und im Orgelspiele durch drei Jahre aufs eifrigste oblag. Am 2. August 1790 erhielt er die Stelle eines Stadtorganisten zu Gießen, mit einer jährlichen Besoldung von 50 fl. (30 fl. vom Staate, 20 fl. von der Stadt). Schon hier erwarb er sich durch seine Kenntnisse und Fähigkeiten, wie durch sein schlichtes, bescheidenes Wesen, die Sympathien Aller, die mit ihm verkehrten. Bald wurde er ein vielgesuchter Musiklehrer und 1805 auch als Stadtschullehrer, Schreib- und Gesanglehrer ans Gymnasium berufen. Von Amtsgeschäften überhäuft setzt er doch, zumeist in nächtlicher Stille, seine Studien und künstlerischen Arbeiten fort, denn es drängte ihn zu einem größeren Wirkungskreise; der Künstler in ihm hatte im damaligen Gießen weder Verständniß noch Befriedigung gefunden. Ende 1805 schlug er einen Ruf nach Dorpat aus, um zu Beginn des nächsten Jahres als Stadtorganist, Cantor und Gymnasial-Musiklehrer nach Darmstadt zu gehen. Hier entfaltete er nun eine langjährige, überaus segensreiche Thätigkeit. Angeregt durch das lebhaftere musikalische Leben und durch den Verkehr mit hervorragenderen Persönlichkeiten, die Sinn und Interesse für seine künstlerischen Bestrebungen hatten, arbeitete er sich bald zu den mannigfaltigsten Aemtern empor. Er wurde Examinator der Schulcandidaten in der Provinz Starkenburg, Mitglied der Darmstädter Hofcapelle, 1813 Hoforganist, und 1817 wirklicher Kammermusikus. R. besaß eine ganz besondere Lehrbefähigung; er verstand es vortrefflich mit seinen Schülern umzugehen, [627] sie anzueifern, sie strebsam zu erhalten. Von nah und fern strömten ihm denn auch zahlreiche Schüler zu, welche seine Unterweisung im Orgelspiele oder in der Composition suchten. Der seltenen Mischung von Künstler und Lehrer gesellte sich in ihm auch ein fester, biederer Charakter bei, und so wurde er einer der beliebtesten und einflußreichsten Organisten, die je in Deutschland gelebt haben. Kein Orgelcomponist kann sich rühmen, eine solche Verbreitung seiner Werke erlebt zu haben, wie R. Seine Compositionen, zahllos fast wie seine Schüler, zeigen zwar keine große selbständige schöpferische Kraft; aber sie entstammen der kunstgeübten Hand eines tüchtig durchgebildeten Musikers, der sein Augenmerk hauptsächlich auf die praktische Seite seiner Kunst gerichtet hat. Daher ihre große Beliebtheit. Die meisten unter ihnen sind für den Gebrauch beim Gottesdienste bestimmt; andere sollen der Ausbildung im Orgelspiele dienen; geringer an Zahl sind seine Chorwerke, obwohl sie ihrerzeit auch vielfach aufgeführt wurden; und nur ab und zu erschien eine kleinere oder größere Composition für Clavier. Um einen Begriff zu geben von seiner emsigen Thätigkeit auf diesem Gebiete, stellen wir nur seine bekanntesten Werke gruppenweise zusammen. A. für Orgel: Praktische Orgelschule in 6 Theilen, op. 55; Der Choralfreund, Studien für das Choralspielen, in 7 Jahrgängen; Praktische Ausweichungsschule, op. 99; Anleitung zum Orgelspielen, op. 124; Die Vor- und Nachspiele op. 25, 37, 48, 52, 53, 58, 65, 93, 95, 105; die Orgelstücke op. 33, 38, 57, 92, 94, 96, 100, 120; die Choräle op. 64, 77, 78; die Variationen op. 40, 56, 70, 89, 90, 108. – B. für Clavier zu vier Händen: 6 Walzer op. 30, 3 Divertimenti op. 56, eine Sonate op. 50; zu zwei Händen: Uebungsstücke für die ersten Anfänger, ferner 8 Variationen op. 61, und 30 zweistimmige Uebungen op. 67. – C. für Gesang: 12 Schullieder für 2 Soprane und Baß; 6 geistliche Lieder für Baß oder Alt mit Orgel, op. 81; 12 Choräle für Männerstimmen; die Motetten „Befiehl dem Herrn deine Wege“, „Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist“ und „Gott sei uns gnädig“; zwei lateinische Messen mit Orgel; eine deutsche Messe; ein Vater unser; ein Halleluja für Chor und Pianoforte, op. 63; der 73. Psalm op. 127; die Weihnachtscantate op. 73; der Chor „Todtenfeier“ op. 68. – Wie als Orgelcomponist und Musiklehrer, war R. auch als Orgelspieler bedeutend, und sein Spiel wurde als ein meisterhaftes und erhebendes, als ein wirklich kirchliches, seinerzeit vielfach gepriesen. Bleibendes Verdienst hat er sich aber insbesondere um die kirchlich-musikalische Bildung des deutschen Lehrerstandes erworben, in dessen Traditionen heute noch der Name und die Werke dieses Mannes mit der größten Verehrung genannt werden. R. hatte das Glück, bei Lebzeiten allseitige Anerkennung zu finden. 1831 wurde er zum Ehrenmitglied, 1835 zum Verdienstmitgliede des holländischen Vereins zur Beförderung der Tonkunst in Amsterdam ernannt. 1838 erhielt er von dem Großherzog von Hessen das Ritterkreuz erster Klasse des grh. Ludwigsordens „wegen seiner Verdienste um die Kirchenmusik und in Anerkennung seiner 49jährigen Dienste“. Am 2. August 1840 feierte R. sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum zu Darmstadt, umgeben von einer großen Zahl von Schülern, Freunden und Verehrern, unter denen sich in Vertretung des Großherzogs der Justizminister Freiherr von Hofmann befand. Die Universität Gießen ernannte R. bei dieser Gelegenheit zum Doctor der Philosophie; die Lehrer der baierischen Pfalz ehrten „den hochverdienten Veteranen der deutschen Organisten“ durch Ueberreichung eines Pokals. Die „Großh. hess. Zeitung“ brachte eine ausführliche Beschreibung dieses Festes. Im J. 1843 wurde R. mit vollem Gehalt pensionirt. Bescheiden, einfach und arbeitsam blieb R. bis in sein spätestes Alter. Er starb am 7. August 1846 an den Folgen eines [628] Schlaganfalles. An seinem Grabe sprach Stadtpfarrer Stücker die Leichenrede, die dann bei H. Jacoby in Darmstadt gedruckt wurde.

Großh. hess. Zeitung. – Allgem. musikalische Zeitung.