ADB:Ringier, Johann Heinrich (1668 bis 1745)
*): Johann Heinrich R., reformirter Theolog des 18. Jahrhunderts, geboren am 29. Juni 1668 zu Madiswyl im Kanton Bern[1], wo sein gleichnamiger Vater Pfarrer war, † am 10. Mai 1745 in Bern. Nachdem er den ersten Unterricht von seinem Vater, einem Mann von umfassenden philologischen und theologischen Kenntnissen, erhalten, besuchte er die Schule zu Zofingen und seit 1681 die philosophischen und theologischen Vorlesungen der Akademie zu Bern. Nach Vollendung seines theologischen Studiums und erhaltener Ordination wurde er 1692 ff. Feldprediger in Holland, besuchte darauf noch die beiden Universitäten Franeker und Groningen, ging von da nach England, später nach Paris, Lyon und Genf und kehrte nach fünfjährigem Aufenthalt in der Fremde 1697 in seine Heimath zurück. Hier wurde er zuerst Prediger zu Zimmerwald im Kanton Bern, 1715 aber Professor der griechischen Sprache und der Ethik an der Berner Akademie, 1718 Professor der katechetischen, 1720 der elenchtischen, 1735 der didaktischen Theologie. Er schrieb verschiedene theologische Schriften und Abhandlungen z. B. „Ueber den Antichrist“, „Ueber die Uebereinstimmung der Protestanten in der Prädestinationslehre“, Bern 1720, 4° (worüber er von lutherischen Theologen angegriffen wurde), besonders aber ein dogmatisches Werk unter dem Titel „Theses theologicae, continentes praecipua doctrinae chr. capita, ex primis principiis deducta“, Bern 1733, worin eine Anwendung Wolfischer Philosophie auf den reformirten Lehrbegriff sich zeigt. Auch gab er einen praktischen Commentar zum Heidelberger Katechismus und einen Auszug aus den Schriften des englischen Theologen Richard Baxter heraus unter dem Titel: „R. Baxter’s theologische Politik, darinnen über 350 theologische und politische Casus erörtert werden“, Basel [759] 1697, 4°. – Er ist einer der ersten schweizerischen Theologen, welche in allmählicher Abweichung von der strengen Orthodoxie der helvetischen Consensusformel des Jahres 1675 eine freiere latitudinarische Ansicht, wie er sie in Holland und England kennen gelernt, einzuführen, und nach dem Vorgang des Philosophen Wolf die sog. demonstrative Methode auf dogmatische Fragen anzuwenden versuchten, wie dies nachher in umfassender Weise von den Berner Theologen J. Fr. Stapfer und Daniel Wyttenbach geschehen ist.
Ringier- Vgl. über ihn Museum Helveticum I, 151 ff. – J. J. Moser, Beitrag zu einem Lexikon jetzt lebender Theologen, S. 892. – Walch, Bibl. theol. sel. II, 455. – Jöcher III, 2103. – Rotermund VI, 2193 fg. – Schweizer, prot. Centraldogmen, Bd. II, 715, 727.
[758] *) Zu Bd. XXVIII, S. 634.
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 758. Z. 23 v. u.: Schon die älteste der angeführten Quellen, das Museum Helveticum I, 151 nennt als Geburtstag Joh. Heinr. Ringier’s (II.) nicht den 29. sondern den 24. Juni (feria S. Johannis) 1668. Als Geburtsort gibt der Verf. Madiswil: es ist jedoch Walkringen, wo Ringier’s Vater (s. A. D. B. XXX, 78) vom Juni 1665 bis October 1669 als Pfarrer lebte. In Bern ward R. 1718 nicht Professor der Katechetik (eine solche eigene Professur gab es in Bern nicht, vgl. Schärer, Geschichte der öffentl. Unterrichtsanstalten des Kantons Bern. Bern 1829, S. 157), sondern er war, wie auch der zuverlässige Lohner, Die reformirten Kirchen im eidgen. Freistaate Bern, Thun 1864, S. 58 berichtet, von 1715–20 Prof. der griech. Sprache und der Ethik. Vorher hatte er nicht bloß in Zimmerwald (1699–1707), sondern auch in Seeberg (1707–15) das geistliche Amt bekleidet (Lohner a. a. O. 164 u. 442). [Bd. 33, S. 798]