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ADB:Ruß, Karl (Schriftsteller)

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Artikel „Ruß, Karl“ von Wilhelm Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 650–651, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ru%C3%9F,_Karl_(Schriftsteller)&oldid=- (Version vom 21. Dezember 2024, 16:42 Uhr UTC)
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Ruß: Karl R. wurde am 14. Januar 1833 in Baldenburg in Pommern geboren. Schon früh in der väterlichen Apotheke beschäftigt, beschloß er wie sein Vater und Großvater Apotheker zu werden. Nachdem er in Berlin studirt und seine Examina bestanden hatte, war er als Provisor in verschiedenen Städten Norddeutschland thätig und trieb daneben eifrig naturwissenschaftliche Studien. Aber der Apothekerberuf sagte ihm auf die Dauer nicht zu, da der Wirkungskreis ihm zu beschränkt erschien. Er fühlte sich zum Schriftsteller berufen und wollte nach dem Vorbilde Roßmäßler’s die Errungenschaften der Naturwissenschaften in populärer Form weiteren Kreisen zugänglich machen. Im J. 1859 trat er zuerst öffentlich mit einem längeren Gedicht auf den Tod A. v. Humboldt’s hervor welches viele Anerkennung fand. Nachdem er sich kurz vorher verheirathet und promovirt hatte, gab er die Apothekerlaufbahn auf und siedelte 1863 nach Berlin über, um sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Jetzt erschienen zahlreiche Aufsätze in den verschiedensten Zeitschriften, welche er wohlgeordnet zu sieben Bänden zusammenstellte. Zwei derselben: „Naturwissenschaftliche Blicke ins tägliche Leben“, 1865, und „Rathgeber auf dem Wochenmarkt“, 1867, sind für die Frauenwelt bestimmt und geben eine Anleitung zur Erklärung der gewöhnlichen Vorgänge in Küche und Haus sowie zum praktischen Einkauf der Nahrungsmittel. In „In der freien Natur“, 1. und 2. Reihe, 1865 und 1868; „Meine Freunde“, 1866, und „Natur- und Culturbilder“, 1868, schildert er, gestützt auf eigene genaue Beobachtungen in anziehender Weise die heimische Vogel- und Pflanzenwelt sowie die nützlichen und schädlichen Thiere, während er in: „Durch Feld und Wald“ 1868 uns das Leben der heimischen Natur im Kreislauf des Jahres vorführt.

Von dieser Zeit an widmete er sich hauptsächlich der Ornithologie, welche ihn schon immer angezogen hatte und die in den oben erwähnten Schriften bereits eine große Rolle spielt. Namentlich beschäftigte ihn die Frage, wie der stetigen Abnahme unserer Singvögel abgeholfen werden kann. Unsere Singvögel zu schützen und die heimischen Zimmervögel durch ausländische zu ersetzen war von jetzt an seine Lebensaufgabe. Aber dazu gehörten eingehende Beobachtungen über die Lebensweise der ausländischen Vögel und er richtete deshalb eine Vogelstube ein, die er stetig vergrößerte und die später nicht unter 200 Köpfen zählte. Immer neue Arten wurden in dieselbe aufgenommen, eingehend beobachtet und alsdann ihr Leben beschrieben. Durch zahlreiche kleine Aufsätze wußte er das Interesse für seine Bestrebungen zu erwecken. Bald war R. eine Autorität auf dem Gebiete der Vogelzucht und von allen Seiten kamen Anfragen. Er beschloß daher um den zahlreichen Interessenten einen Sammelpunkt zu bieten, 1872 eine Zeitschrift: „Die gefiederte Welt“ herauszugeben, welche bald große Verbreitung fand. Bald darauf erschien: „Handbuch für Vogelliebhaber, Züchter und Händler“ (Einheimische Stubenvögel), Hannover 1873, und Ausländische Stubenvögel, Hannover 1878. Während Bechstein in seiner Naturgeschichte der Stubenvögel 72 ausländische Arten aufführt und Bolle in seinem Verzeichniß der im J. 1858 im Vogelhandel vorhandenen Arten 51 Arten aufzählt, enthält dieses Werk in seiner dritten Auflage 820 ausländische Arten. In Gemeinschaft mit Bruno Dürigen gründete er 1876 die Zeitschrift „Isis, Zeitschrift für alle naturwissenschaftlichen Liebhabereien“, welche zuerst die Aquarienkunde in ihr Bereich zog. Dann erschien sein Hauptwerk: [651] „Die fremdländischen Stubenvögel“, Hannover und Berlin 1879–85, mit zahlreichen naturtreuen Abbildungen in Farbendruck. Gestützt auf ein außerordentlich reiches Beobachtungsmaterial hat er hier ein Werk geschaffen, welches unerreicht dasteht. Außerdem veröffentlichte er noch zahlreiche kleinere Werke über einzelne Gruppen und besonders geschätzte Stubenvögel. Ich erwähne nur: „Der Canarienvogel“, Berlin 1872; „Die Prachtfinken“, Berlin 1879; „Der Wellensittich“, Berlin 1880; „Die sprechenden Papageien“, Berlin 1885; „Die Webervögel und Widafinken“, Berlin 1884; „Die Graupapageien“, Magdeburg 1896. Besonders hervorzuheben ist noch sein Werk: „Vögel der Heimath. Unsere Vogelwelt in Lebensbildern“, Wien 1887, welches in lebenswahren und lebensvollen Schilderungen zahlreiche neue Beobachtungen über das Leben unserer heimischen Vogelwelt vorführt.

In den letzten Jahren stand ihm sein Sohn Karl bei seinen Arbeiten treu zur Seite und er hoffte, daß dieser sein Werk fortsetzen würde. Leider sollte dieser Wunsch nicht erfüllt werden. Noch in seinem letzten Lebensjahre als er selbst an tödlicher Krankheit darniederlag, traf ihn der schwere Schlag, seinen Sohn durch den Tod zu verlieren und sieben Wochen nachher starb er am 29. September 1899.