ADB:Schellenberg, Karl Adolph Gottlob

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schellenberg, Karl Adolph Gottlob“ von Binder. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 765–767, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schellenberg,_Karl_Adolph_Gottlob&oldid=- (Version vom 23. April 2024, 20:18 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 30 (1890), S. 765–767 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Karl Adolph Gottlob Schellenberg in der Wikipedia
Carl Schellenberg in Wikidata
GND-Nummer 117215929
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|30|765|767|Schellenberg, Karl Adolph Gottlob|Binder.|ADB:Schellenberg, Karl Adolph Gottlob}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117215929}}    

Schellenberg: Karl Adolph Gottlob S., Doctor der Theologie und Philosophie, herzgl.-nassauischer Geh. Kirchen- und Oberschulrath, erster Stadtpfarrer zu Wiesbaden, verdienter Organisator des nassauischen Schulwesens, geboren am 2. Mai 1764 zu Idstein, † am 13. September 1835 zu Wiesbaden. Schellenberg’s Vater war Protector am Gymnasium zu Idstein; dieser hatte dem Sohne eine sorgfältige Erziehung ertheilt, und das Beispiel des Vaters weckte und nährte früh schon dessen Neigung zum Erziehungs- und Unterrichtsfach. Nach Absolvirung der Gymnasialstudien ging S. 1781 nach Halle, um Philologie und Theologie zu studiten, wo er in dem von Aug. Herm. Niemeyer und Friedr. Aug. Wolf geleiteten Seminar seine philologische und pädagogische Bildung empfing. Als Lehrer war er zuerst im Hallischen Waisenhause wirksam, wo er 4 Jahre lang in den lateinischen Classen dieses Instituts Unterricht ertheilte. In den zwei letzten Jahren seines Aufenthaltes in Halle betrieb S. auf Befehl und mit der Unterstützung seines Landesherrn nur pädagogische Studien, um sich ausschließlich für das Lehramt vorzubereiten. 1786 erwarb er sich die philosophische Doctorwürde, bei welchem Anlaß er eine Dissertation, „Antimachi Colophonii reliquiae“, veröffentlichte, der ein kritischer Brief Fr. Aug. Wolf’s über diese Schrift beigefügt ist. Nach seiner Rückkehr in die Heimath wirkte er zuerst einige Zeit als Lehrer an der von seinem Vater geleiteten Anstalt, sah sich aber dann 1789 veranlaßt, eine Anstellung als Prediger in Neuwied anzunehmen, wohin er berufen worden war. Hier suchte er bald mit dem Pfarramte auch die ihm liebgewordene Aufgabe eines Lehrers und Erziehers zu verbinden; er übernahm den Unterricht junger Leute und nahm selbst einige Zöglinge in sein Haus auf, woraus sich eine kleine Erziehungsanstalt zu entwickeln begann, die aber leider nach kurzer Zeit der damaligen Kriegsunruhen wegen sich wieder auflöste. Zum Zwecke seiner weiteren Ausbildung auf dem [766] Gebiete des Unterrichtswesens unternahm nun S. in den Jahren 1796 und 1797 eine ausgedehnte Reise durch einen großen Theil Deutschlands. An Erfahrungen bereichert, machte er 1799 den Versuch, abermals eine Erziehungsanstalt zu gründen. Der Anfang war klein, nur 4 Schüler zählte im ersten Jahr die Anstalt, aber bald gewann das Publicum bei der geschickten Leitung und den Erfolgen Zutrauen zu dem Werk, und es gedieh stetig durch zahlreichen Zuwachs, zumal auch aus dem Auslande. S. führte die Leitung der Anstalt bis zum Jahre 1813. In diesem Jahre berief die nassauische Regierung, die auf die erfolgreiche Wirksamkeit Schellenberg’s aufmerksam geworden war, denselben in der Eigenschaft als Schul- und Consistorialrath und als zweiten Stadtpfarrer nach Wiesbaden, zugleich wurde er auch zum Mitglied der Generalverwaltung des öffentlichen Unterrichts im Herzogthum Nassau ernannt. Nun hatte S. einen weiten Wirkungskreis gefunden, wo er seine Erfahrungen und seine Arbeitskraft auf dem ihm besonders zusagenden Gebiete des Unterrichtswesens verwerthen konnte. Die Gelegenheit, seine Befähigung hierin zu zeigen, kam bald. Zu Anfang des Jahres 1816 wurde in Nassau eine durchgreifende Verwaltungsorganisation in Angriff genommen, wodurch die einzelnen, hinsichtlich der Verfassung und Verwaltung sehr verschieden behandelten Bestandtheile des Herzogthums eine gleichmäßige und zeitgemäße Institution erhalten sollten; in diese Neuorganisation war auch durch des herzogl. Edict vom 24. März 1817 das gesammte Schulwesen des Landes eingeschlossen, und es wurde nun eine Reihe den Ergebnissen der auf dem Gebiet der Jugendbildung gewonnenen Erfahrungen entsprechender Schulordnungen erlassen. Das Hauptverdienst, die Grundzüge zur Neugestaltung des nassauischen Schulwesens entworfen zu haben, gebührt in erster Linie S.; ihm zur Seite stand noch der damalige nassauische Oberschul- und Kirchenrath Koch, zur Beihilfe war auch noch der Seminardirector Denzel von Eßlingen zugezogen worden. Die hier ausgearbeitete Schulorganisation ist begründet in einem richtigen Verständniß zeitgemäßer Anforderungen und in einer umfassenden Kenntniß der Summe der bisher im Unterrichtswesen gewonnenen Erfahrungen. Sowohl bezüglich der Gelehrten- als auch der Elementarschulen bezweckt der Lehrplan eine vernünftige Aufklärung, beruhend auf religiös-moralischer und intellectueller Bildung. Mit der Erweiterung des Lehrstoffs trat zugleich auch eine geistbildende Methode an die Stelle der zuvor meist üblichen mechanischen Unterrichtsweise. Die alten Sprachen erfuhren in den Mittelschulen eine angemessene Beschränkung und in den Elementarschulen wurde den Realien in ihren notwendigsten und wissenswürdigsten Theilen ein größerer Umfang eingeräumt. Um eine Anzahl tüchtiger Elementarlehrer heranzubilden, wurde das Lehrerseminar zu Idstein den Anforderungen der Zeit entsprechend umgestaltet.

S. wurde nach der Durchführung der Organisation durch die Ernennung zum Oberschul- und Kirchenrath seitens der Regierung ausgezeichnet. Seit 1820 war ihm die überwachende Leitung des gesammten nassauischen Schulwesens in technischer Hinsicht übertragen. Neben dieser ausgedehnten, auf dem Gebiete des Unterrichtswesens sich bewegenden Wirksamkeit war S. gleichzeitig immer auch ununterbrochen eifrig thätig in seinen geistlichen Berufsobliegenheiten; in der bei der nassauischen Regierung für die Behandlung der kirchlichen evangelischen Angelegenheiten bestehenden Section war er der stets sorgsame Berather und emsige Mitarbeiter; als ein besonderes Verdienst ist ihm anzurechnen seine kräftige Mitwirkung an der Bereinigung der zwei bisher getrennten protestantischen Kirchen Nassau’s zu einer einzigen evangelischen Kirche, die am 11. August 1817 erfolgte. Die erfolgreiche Wirksamkeit Schellenberg’s für das Interesse der evangelischen [767] Kirche in Nassau und seine pflichtgetreue Amtsführung als Seelsorger zu Wiesbaden ehrte die theologische Facultät zu Göttingen durch die ihm am 6. April 1829 zuerkannte Doctorwürde der Theologie. Im Mai 1830 wurde er in Rücksicht auf seine geschwächte Gesundheit von dem Referate in Schul- und Kirchenangelegenheiten entbunden und ihm in Anerkennung seiner Verdienste der Titel eines Geheimen Kirchenrathes verliehen. Im Februar desselben Jahres war er von einer schweren Krankheit befallen worden, dazu gesellte sich bald ein weiteres hartnäckiges, sich stets verschlimmerndes Leiden, das verbunden mit zunehmender Altersschwäche am 13. September 1835 den Tod herbeiführte.

Vgl. Allgem. Schulz. 1835, Nr. 157. – K. G. Hergang, Pädag. Real-Encyclop. II, 560 u. 561.
Binder.