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ADB:Schenk von Winterstetten, Friedrich

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Artikel „Schenck von Winterstädt, Friedrich“ von Adolf Köcher in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 67–68, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schenk_von_Winterstetten,_Friedrich&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 18:06 Uhr UTC)
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Schenck: Friedrich S. v. Winterstädt, leitender Staatsmann in der Regierung des Herzogs Christian Ludwig von Braunschweig-Lüneburg, wurde am 26. Juni 1603 zu Sulzburg im Breisgau geboren, wo sein Vater, Johann Melchior S., Geheimer Rath und Obervoigt des Markgrafen von Baden-Durlach war. Nach Besuch des Gymnasiums zu Durlach trat er als 17jähriger in die Unionsarmee (1619), nach Auflösung derselben ging er der Werbetrommel nach und versuchte sich bei den Holländern, unter Ernst von Mansfeld und in venetianischem Dienst. In die Heimath zurückgekehrt und im Civildienste seines Landesherrn beschäftigt, kam er „ganz ohnvermuthlich“ mit Herzog Georg von Braunschweig-Lüneburg in Berührung und wurde zum Hofmeister der Söhne desselben ernannt (1629). Das Vertrauen, das er sich errang, trug ihn von Stufe zu Stufe im Dienst des fürstlichen Hauses empor. Es entsprach seiner Laufbahn, daß August der Aeltere ihm die Hauptmannschaft in Gifhorn übertrug (1633). Daß aber Georg den Kriegsmann, der keine Pandekten gehört hatte, als Geheimen Kammerrath den gelehrten Räthen seiner Regierung beigesellte (1639), war ein unerhörter Fall. Indessen S. bewährte sich in der neuen Stellung so sehr, daß ihn sein fürstlicher Zögling Christian Ludwig beim Regierungsantritt in Hannover zum Kammerpräsidenten ernannte (1641). Eine anderwärtige Vocation trug ihm 1645 die höchste Würde im Fürstenthum, die Ernennung zum Statthalter ein. Er war der einzige, den Christian Ludwig, als er 1648 sein calenbergisches Fürstenthum gegen das cellische vertauschte, mit nach Celle hinübernahm, um ihm auch hier mit der Statthalterwürde (1650) die Leitung der Geschäfte zu übertragen. Das vornehmste Resultat, das S. in dieser Stellung zu wege brachte, war die Reorganisation der politischen und militärischen Machtstellung des lüneburgischen Hauses im niedersächsischen Reichskreise. Es geschah vornehmlich auf seinen Antrieb und nach seinem Plane, daß sich das lüneburgische Haus, welches durch voreilige Entwaffnung im letzten Jahrzehnt des großen Krieges sein Ansehen eingebüßt hatte, nach den Enttäuschungen und Verlusten, die der westfälische Friede ihm brachte, wieder zur Aufstellung eines kleinen stehenden Heeres entschloß und die politisch-militärische Einigung erneuerte, die Herzog Georgs Lebenswerk gewesen war. Mit dem Militärverbande der drei regierenden Herzoge wurde zugleich ein weiterer Bund des fürstlichen Hauses mit den benachbarten Reichsständen ins Auge gefaßt, und [68] auch hier war es S., der den schwierigsten Theil dieser Aufgabe, die Verständigung mit der schwedischen Regierung der Herzogthümer Bremen und Verden, auf sich nahm und zu Stande brachte. Er legte damit das Fundament zu dem Hildesheimer Bunde von 1652, durch den sich das braunschweigische Haus mit Schweden und Hessen-Cassel zur Aufrechterhaltung des Friedens im Reiche und zur Reorganisation der niedersächsischen Kreisverfassung verband. Auf diese Einung gestützt, half S. mit, dem fürstlichen Hause auf dem niedersächsischen Kreistage zu Lüneburg (1652) den entscheidenden Antheil an der Führung des Kreises zurückzugewinnen. Als dann aber Schwedens Kampf gegen die Reichsfreiheit der Stadt Bremen und sein Abfall von der protestantischen Fürstenpartei auf dem Reichstage von 1653 die Begehrlichkeit und Unzuverlässigkeit dieser Krone enthüllte, war es wiederum S., der die Aussöhnung und engere Verbindung des fürstlichen Hauses mit dem großen Kurfürsten von Brandenburg in die Hand nahm und darin ein Gegengewicht gegen Schweden gewann, ohne doch dem vom Grafen Waldeck inaugurirten Streben Brandenburgs nach Einigung und Führung der protestantischen Reichsstände wesentliche Concessionen zu machen; dieser erste brandenburgische Unionsplan erstarb vielmehr schon im Keime an der vornehmlich von S. vertretenen Politik des Hauses Braunschweig, seine militärische Stellung in Niedersachsen zu consolidiren. Eben deshalb trat S. auch für die Neutralität des Kreises in dem dänisch-schwedischen Kriege (1657) ein und betheiligte sich an den Unterhandlungen, die zur Aufrichtung des Rheinbundes von 1658 führten. Sein Hauptwerk, die Aufstellung eines stehenden lüneburgischen Heeres und die Organisation der lüneburgischen Hegemonie in Niedersachsen, hat ihn überlebt. Dagegen erlosch mit seinem Tode (1659) der herzhafte Eifer für die evangelische Sache, den er der Regierung und den Landständen des cellischen Fürstenthums eingeflößt hatte, als Johann Friedrich, der jüngere Bruder des kinderlosen Herzogs Christian Ludwig zur katholischen Kirche übertrat (1651). Da seine Bemühungen, den Uebertritt zu verhindern, an der Saumseligkeit des in Hannover regierenden Herzogs Georg Wilhelm scheiterten, so setzte S., vor dessen Seele das Gespenst einer katholischen Gegenreformation aufstieg, wenn er das kinderlose Ableben seines Landesherrn bedachte, alle Hebel in Bewegung, um dem Convertiten, der „ein Feind seines Hauses worden sei“, Heimkehr und Apanage abzuschneiden, und er erreichte wenigstens, daß demselben die freie katholische Religionsübung in der Heimath untersagt und damit überhaupt der Aufenthalt in der Heimath verleidet ward. Nach Schenck’s Tode aber fand sich am cellischen Hofe kein Mann, der mit gleichem Eifer den Convertiten im Zaume hielt, und die Bahn war frei für das Ränkespiel, durch das sich dieser 1665 des Thrones bemächtigte. – Aus Schenck’s erster Ehe (1634) mit Ilse von Hodenberg sind zwei Söhne und eine Tochter entsprungen. Die Tochter wurde mit dem cellischen Hofrath A. F. v. Molzan vermählt; von den Söhnen fungirte der eine, Georg Wilhelm, später als Rath und Oberhauptmann in Danneberg; der andere, Friedrich Ludwig, scheint (1663) Obristlieutenant und Commandant von Hannover geworden zu sein.

Vgl. meine Geschichte von Hannover und Braunschweig, I (Publicat. aus d. preuß. Staatsarchiven, XX).