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ADB:Schleich, Eduard (Maler)

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Artikel „Schleich, Eduard jun.“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 31–33, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schleich,_Eduard_(Maler)&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 12:04 Uhr UTC)
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Schleich: Eduard Sch. jun., Landschaftsmaler, geboren am 15. Februar 1853 in München, † am 28. October 1893 ebendaselbst, sollte sich, nach dem Willen seines Vaters, des berühmten gleichnamigen Malers (s. A. D. B. XXXI, 393) nicht zur Kunst wenden; besuchte die Volks- und Lateinschule, absolvirte 1872 als einer der Besten das Gymnasium, wo Sch. indessen schon als Schüler von Julius Zimmermann (geboren 1824 in Augsburg, † am 7. April 1906 zu München) mit leidenschaftlichem Eifer zeichnete und aquarellirte. Am liebsten hätte der Jüngling die Künsterlaufbahn betreten, allein der Vater, in Erinnerung des dornenvollen Weges, auf welchem er sich freilich so glorreich durchgerungen hatte, widerstand entschieden seiner Neigung und schickte ihn auf das Polytechnikum, um sich zum Architekten zu bilden. Obwohl der Sohn alle darauf bezüglichen Fächer fleißig betrieb, so stieß ihn doch [32] der technische Theil derselben, insbesondere die Mathematik, entschieden ab, wogegen er im Zeichnen und Malen rühmlichst hervorstach. Da nunmehr das väterliche Talent unverkennbar vererbt schien, erlosch die bisherige principielle väterliche Abneigung und der Alte ertheilte ihm die erste Anleitung, ebnete die Wege, indem er jedoch jederzeit eindringlichst auf die unabsehbaren Mühen, Schwierigkeiten, Entbehrungen und Enttäuschungen hinwies, die jede Künstlerlaufbahn durchqueren. Da nach kaum halbjährigem Unterricht der väterliche Meister der damals grassirenden Cholera am 8. Januar 1874 rasch erlag, so suchte Sch. Rath und Hülfe an der Akademie, verließ dieselbe aber bald wieder, um im Umgang mit den bewährten Freunden des Vaters, zugleich in dessen Skizzen und Studien, die Räthsel zu lösen, wendete sich ebenso an das Studium der Natur, in welches ihn Jos. Wenglein liebevoll einführte und mit Rath und That weiter förderte. Die mit Recht bestaunten coloristischen Experimente seines Vaters fochten ihn wenig an, er vermied auch auf Studienreisen nach Paris, Belgien oder Frankreich fremde Stimmungen einzuheimsen: lieber kehrte er zu der ehedem von seinem Vater so treugepflegten deutschen Heimath zurück, die er mit hellen Augen erfaßte und wiedergab. Sch. hatte nicht bloß den Namen, sondern auch die außerordentliche Begabung des Vaters geerbt. Die Münchener Hochebene und das bairische Gebirge lieferten ihm fürderhin die Stoffe für seine Bilder. Er liebte lichte, sonnige, freundliche Stimmungen: dunstige, helle Sommermorgen mit schräg einströmenden Lichtwellen, prächtige thaufrische Scenen aus dem heimischen Laubwald, mit äugendem oder äsendem Wild staffirt. Sch. begann 1881 mit einem Morgen im Moos, mit einer Mondnacht aus den Isarauen, die ungetheilten freudigen Beifall fanden; 1883 kamen Eindrücke aus dem bairischen und ein Abend in dem herbstlich belaubten Thüringerwalde: unter dem Beschauer liegt in verlockender abendlicher Kühle das enge Waldthal, hoch darüber ragen die mächtigen im blendenden Lichte der sinkenden Sonne aufleuchtenden Bauten der Wartburg (Lützow’s Zeitschrift 1883, XVIII, 497). Dann kam ein Nebelmorgen über sumpfiger Landschaft (Gartenlaube 1885, S. 269); ein Motiv aus Mittelfranken (Schillingsfürst) und eine Erinnerung an das Starnberger Mühlthal (1885), ein Herbstmorgen in den Bergen (1886). Das Jahr 1888 lieferte eine ganze Serie: den Frühling unter den Birken und einen epochemachenden „Buchenwald“: das volle heiße, weiße, unruhige Mittagsonnenlicht fällt über die Höhe in einen Holzschlag, zitternd, flimmernd, an allen Kanten glitzernd. Ein „Garteninterieur“ im Frühling, mit blühenden Apfelbäumen brachte eine duftige, frische Lenzstimmung in höchst poetischer und naturwahrer Weise zur Geltung. Dann ein nebeliger „Morgen“ in einer Thalniederung mit äsenden Rehen; der Reiz der Ebene bei Freising (1889); ein colossales Bild schilderte die flache Gegend zwischen Feldmoching und Schleißheim mit ihren feinen Beleuchtungseffecten, ihrer zarten duftigen Ferne und einem klaren, lichtdurchflutheten Himmel; eine ähnliche Fernsicht von Dachau aus bis in die Alpen hatte ehedem sein Vater auf die Leinwand gebannt. Die Ausstellung des Jahres 1890 gewährte einen tiefen Einblick in die überraschende Schaffenskraft des Malers. Da erschien ein Vorfrühling aus den Isarauen: noch sproßt kein Grün, doch das blattlose, in dichtem Gewirr den Thalboden deckende Strauchwerk zeigt schon abwechslungsreiche Farben, die in Verbindung mit dem fahlen Gras, mit den überwinterten welken Blättern und den tiefen Tönen der Nadelbäume ein entzückendes coloristisches Ganze geben. Zwei andere Bilder entstammen der Ebene: das eine schildert im Vordergrunde ein Stück sumpfigen Terrains mit reicher, sommerlicher Flora, blühendem Schilf, formenschönen mächtigen Blattpflanzen, eine Viehherde als [33] Staffage. Das andere giebt eine Sommerabendstimmung: das Dorf im Vordergrunde liegt schon in tiefem grauen Schatten, aber der ganze Himmel ist noch hell und leuchtend, mit kleinen vom Abendwind verstreuten Wölkchen. Ein weiteres Bild gewährt den Einblick in Frühjahrgärten mit Blüthenbäumen; auf dem Gras schimmert noch der Thau und Morgendunst. Abermals führt er uns in einen Wald, im vorgeschrittenen Frühjahr, helles gebrochenes Morgenduftlicht wogt über dieses freundliche Stückchen Erde. Wie hat der Meister die stillste Natur in ihrem heimlichen Schaffen, hoffenden Treiben, Keimen und Werden belauscht! wie verstand Sch. mit allem technischen Raffinement schön zu malen, immer überzeugend und wahr zu sein; ein echter Dichter im Bereich der Farbe. Das „Wie“ aller dieser Arbeiten hält ihrem gegenständlichem Reiz die Waage. Seine ganze Art hatte sich organisch zur möglichsten Höhe entwickelt. Er malte hell, farbig, breit, flott, ohne bei aller Minutiosität gequält zu werden. Die einfachsten Motive und scheinbar unbedeutendsten Gegenden wußte er interessant zu machen, überall weht ein idealer Duft. Was er, nicht allein mit dem Stift, sondern auch mit der Flinte auf dem Rücken Wald und Au durchschweifend, zu seines Herzens Lust und Entzücken fand, wußte er festzuhalten und so wiederzugeben, daß es dem Beschauer unwiderstehlich die Seele erfüllte, ihn erquickte und erheiterte.

Das Vertrauen seiner Freunde berief ihn zu Commissionen und in Ausstellungen, wo er seine schweren, vielseitigen Verpflichtungen glänzend löste, und als tüchtiger Rathgeber die gemeinsamen Interessen förderte. Aber mitten im schönsten, glücklichsten Schaffen und Familienleben ereilte ihn das lauernde Unheil. Schon im Herbst 1891 trübte sich sein heller Geist. Im folgenden Winter schien die Krankheit zu schwinden zur größten Freude der Angehörigen, die wetteifernd alles aufboten, die gefährdete Gesundheit zu retten. Doch Ende April 1893 trat die Krankheit heftiger und kräftiger auf und trennte ihn von den Seinen, bis den ganz Umnachteten der Tod in einer Heilanstalt vom martervollen Dasein erlöste. Eine Ausstellung vieler fertiger Landschaften und Studien erweckte ebenso freudige Bewunderung wie auch die erneute Klage um die heillos zerstörte Frische und den edlen, sonnigen Geist.

Vgl. Nekrolog im Münchener Kunstvereins-Bericht, 1893, S. 73. – A. Rosenberg, Gesch. der modernen Kunst, 1894, III, 130. – Singer 1901, Nr. 205 weiß nur das Sch. „wie der Vater malte“. Eine kurze Uebersicht s. Leistungen gibt der fleißige Bötticher 1901, II, 577.