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ADB:Schlönbach, Urban

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Artikel „Schlönbach, Urban“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 527–528, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schl%C3%B6nbach,_Urban&oldid=- (Version vom 28. Dezember 2024, 10:19 Uhr UTC)
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Schlönbach: Georg Justin Karl Urban S., ein im jugendlichen Alter verstorbener hoffnungsreicher Geologe, war am 10. März 1841 auf der Saline Liebenhall bei Salzgitter in Hannover als Sohn des verdienstvollen Salinisten und kenntnißreichen Geologen, Salineninspector Albert S. geboren, besuchte, gründlich vorgebildet, erst das Gymnasium in Goslar, dann jenes in Hildesheim und bezog schon mit 18 Jahren vorzüglich befähigt die Universität Göttingen, um sich neben naturwissenschaftlichen Studien der Chemie als Hauptfach zu widmen. Nach zwei Semestern siedelte S. nach Tübingen über und wurde hier durch v. Quenstedt’s geistreiche Vorträge und lehrreiche geologische Ausflüge in die benachbarte schwäbische Alb so für das geologische Fach eingenommen, daß er, in seinem Vorsatze wankend, nach seiner Uebersiedelung nach München zu Ostern 1861 sich nunmehr definitiv für das geologisch-paläontologische Studium entschied. Viel trug hierzu der nähere Umgang mit Oppel bei, welcher mit der diesem ausgezeichneten Gelehrten eigenthümlichen fesselnden Lehrmethode S. für sein Fach begeisterte und praktisch in die paläontologische Wissenschaft einführte. Zunächst wendete S. den von seinem Lehrer mit besonderer Vorliebe gepflegten Studien der jurassischen Bildungen seine Aufmerksamkeit zu, besuchte die norddeutschen Juragebiete und 1862 in Gemeinschaft mit dem damals gleichfalls mit paläontologischen Untersuchungen jurassischer Ablagerungen sich beschäftigenden jungen Gelehrten Waagen unter der Führung von Mösch und Greßly den Jura der Schweiz. Im Herbste 1862 vertauschte S. die Universität München mit jener in Berlin, wo er unter Beyrich’s und G. Rose’s Einfluß seine Studien fortsetzte und 1863 in Halle mit einer Inauguraldissertation über den Eisenstein des mittleren Lias in Nordwestdeutschland (Zeitschr. d. d. geol. Gesellsch., Bd. 15) doctorirte. Eine vorausgegangene kleine Publication behandelte die Schichtenfolge des unteren und mittleren Lias in Nordwestdeutschland im Sinne Oppel’s (N. Jahrb. f. Min. etc. von Leonhard u. Geinitz 1863, S. 162), die er durch einen Nachtrag (briefl. Mitth. das. 1864) ergänzte und vervollständigte. Im J. 1864 bereiste S. verschiedene Theile Westdeutschlands und Frankreichs behufs Vornahme geologischer Untersuchungen in Juragebieten, über deren Ergebnisse er kurze Berichte (Zeitschr. d. d. geol. Gesellsch. 1865 und [528] N. Jahrb. für Min. etc. 1866) lieferte. Inzwischen war eine größere paläontologische Arbeit: „Ueber einige wenige bekannte Ammoniten“ (Paläontographica 13. Bd.) gereift, in welcher S. bereits ein glänzendes Zeugniß seiner paläontologischen Untersuchungen und Darstellungen ablegte. Seine Reise in Frankreich hatte ihn näher auf das Studium cretacischer Bildungen hingelenkt, und schon 1866 erschien als Frucht dieser neueingeschlagenen Richtung eine darauf bezügliche Abhandlung: „Ueber die Brachiopoden aus dem unteren Gault von Ahaus in Westphalen“ (Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1866), „Kritische Studien über Kreidebrachiopoden“ (Paläontographica Bd. 13) und „Ueber Brachiopoden der Norddeutschen Cenomanbildungen“ (Benecke’s geognostisch-paläontologische Beiträge, I. Bd., 1867) neben einigen kleineren Publicationen. Im Herbste 1867 erfolgte auf Grund seiner hervorragenden allgemein anerkannten wissenschaftlichen Leistungen seine Berufung an die k. k. geologische Reichsanstalt in Wien, nachdem er die Annahme einer Professur in Peru an einer dort neu zu errichtenden Bergakademie abgelehnt hatte. In seiner neuen Stellung in Wien, wo er durch seine Liebenswürdigkeit im persönlichen Umgange, seine tiefen und umfangreichen wissenschaftlichen Kenntnisse, unermüdlichen Fleiß und Eifer bald die Herzen aller, die ihm näher traten, eroberte, entwickelte S. sowohl als aufnehmender Geologe im Felde, wie als sorgfältiger Arbeiter auf paläontologischem Gebiete eine staunenswerthe Thätigkeit. Zahlreiche kleinere Aufsätze und Reiseberichte zieren das Tagebuch und die Sitzungsberichte der geologischen Reichsanstalt der Jahre 1867–69. Darunter verdient besonders die Abhandlung über „Die Brachiopoden der böhmischen Kreide“ (Jahrb. 18. Bd.) hervorgehoben zu werden, weil sie gleichsam die Vorläuferin einer umfassenden Publication über die cretacischen Ablagerungen Böhmens im Ganzen, zu welcher S. durch mehrfache Reisen und Untersuchungen aufs sorgfältigste sich vorbereitet hatte, die er aber leider nicht mehr vollenden konnte, bildet. Seine ganz außergewöhnlichen wissenschaftlichen Leistungen hatten ihm einen Ruf als Professor der Mineralogie, Geologie und Paläontologie an die Universität Prag 1870 verschafft und schon war er zu dieser ehrenvollen Stelle ernannt, als er, um einige früher begonnene Aufnahmsarbeiten, namentlich eine geologische Karte vom Banat, zum Abschluß zu bringen, vor Antritt seines neuen Amtes im August 1870 sich in das Gebiet der serbisch-banatischen Militärgrenze behufs geologischer Untersuchung begab. Um diese Arbeit rasch zu vollenden, strengte er seine Kräfte aufs äußerste an, wobei er, durch die Unwirthlichkeit der waldigen Gegend genöthigt, oft sein Nachtquartier im Freien aufschlagen mußte. Dadurch zog er sich einen heftigen Gelenkrheumatismus zu, dem er nach Hinzutreten eines Lungenödems am 13. August 1870 im Dorfe Bersaska erlag. Der berühmte französische Geologe Hébert widmete seinem Andenken in der Sitzung der geologischen Gesellschaft Frankreichs am 17. April 1873 den bezeichnenden Nachruf: „Das was S. während der wenigen Jahre seiner wissenschaftlichen Thätigkeit geleistet hat, sichert seinem Namen eine Unsterblichkeit in der geologischen Wissenschaft“.

Tietze, Zur Erinnerung an U. Schlönbach im Jahrb. der geol. Reichsanstalt 1872, S. 59. – Hébert, Necrolog im Bulletin de la Soc. géol. de France, III. Ser. I, 298.