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ADB:Schneemann, Gerhard

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Artikel „Schneemann, Gerhard“ von Franz Heinrich Reusch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 97–99, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schneemann,_Gerhard&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 05:50 Uhr UTC)
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Schneemann: Gerhard S., Jesuit, geboren am 12. Februar 1829 zu Wesel, † am 20. November 1884 zu Kerkrade (Kirchrath) in Holland. S. stammte aus einer wohlhabenden katholischen Familie zu Wesel. Mit 16 Jahren hatte er das Gymnasium seiner Vaterstadt absolvirt. Vom Herbst 1845 an studirte er drei Jahre zu Bonn, erst Jura, dann Theologie, ging 1848 nach Münster, um dort die theologischen Studien zu beendigen, trat im Herbst 1849 in das Seminar ein und wurde am 23. Februar 1850 zum Subdiakon geweiht. Da er für die Priesterweihe noch nicht das erforderliche Alter besaß, ging er im Herbst nach Rom, um in dem Collegium germanicum seine Studien fortzusetzen, entschloß sich aber bald, Jesuit zu werden, und trat am 24. November 1851 in das Noviziat auf der Friedrichsburg bei Münster ein. Am 22. December 1856 wurde er zu Paderborn zum Priester geweiht, wurde zunächst zwei Jahre zu Köln in der Seelsorge beschäftigt und war dann 1860–63 Professor der Philosophie in dem Scholasticate zu Bonn und Aachen, von 1863 an Professor der Kirchengeschichte und des Kirchenrechts zu Maria-Laach. Am 2. Juli 1865 legte er vor dem damaligen Provinzial, dem jetzigen Ordensgeneral Anderledy die feierlichen Gelübde ab. Im Herbst 1869 wurde er von jeder Lehrthätigkeit entbunden, um, unterstützt von anderen Patres, an der Conciliensammlung (s. u.) zu arbeiten. Nach der Ausweisung der Jesuiten aus dem Deutschen Reiche im J. 1872 lebte er zuerst zu Exaeten bei Roermond, denn zu Tervueren bei Brüssel, zuletzt auf dem Casteel Blyenbeck, welches Graf Hoensbroich den vertriebenen Jesuiten zur Verfügung gestellt hatte. [98] Im J. 1879 und 1884 war er einige Zeit in Italien, um Material für die Conciliensammlung zu sammeln. Dreimal war er als Kranker bei den barmberzigen Schwestern zu Kerkrade, wo er auch starb. – Von der Conciliensammlung, dem verdienstvollsten Werke, an welchem S. gearbeitet hat, – Acta et decreta conciliorum recentiorum (von 1682 an), Collectio Lacensis –, sind 1870–82 sechs Bände in Quart erschienen; der letzte Band, welcher die Acten des vaticanischen Concils enthält, erschien 1890. Die Decrete dieses Concils hat S. 1871 lateinisch und deutsch mit einer Einleitung herausgegeben. Ein Separatabdruck aus dem 4. Bande ist die Abhandlung „S. Irenaei de ecclesiae Romanae principatu testimonium“, 1870. – Schneemann’s erste Schrift sind die „Studien über die Honorius-Frage“, 1864 (gegen Döllinger gerichtet). S. selbst erzählt, er habe diese Arbeit weder in der Zeitschrift, für welche er sie bestimmt hatte, noch in einer anderen katholischen Zeitschrift unterbringen können und auch manche Patres in Laach hätten gegen die Veröffentlichung gestimmt, weil man damals eine solche Polemik nicht für opportun gehalten habe. In demselben Jahre veröffentlichte S. noch anonym in einer obscuren Buchhandlung zu Köln ein Broschürchen über den damals viel besprochenen Proceß gegen den Jesuiten de Buck in Brüssel, „Ueber die Erbschleicherei der Jesuiten. Interessanter Nachtrag zum Jesuitenproceß in Brüssel. Von einem Freunde der Wahrheit“. Die meisten anderen Arbeiten von S. sind in den seit 1865, anfangs unter der Leitung des P. Florian Rieß (A. D. B. XXVIII, 582), erscheinenden „Stimmen aus Maria-Laach“ gedruckt. In der ersten Serie (über den Syllabus von 1864) sind von ihm die Hefte: „Irrthümer über die Ehe“; „Freiheit und Unabhängigkeit der Kirche“; „Die kirchliche Lehrgewalt und ihre Träger“; „Der Papst, das Oberhaupt der Gesammtkirche“, „Die kirchliche Lehrgewalt“. Auch für die zweite Serie (über das vaticanische Concil) schrieb er viele Artikel. Seit 1871 erscheinen die „Stimmen“ als Zeitschrift (jährlich 10 Hefte); vom Herbst 1879 an war S. der Hauptredacteur derselben. Er schrieb für sie u. A. „Galilei und der römische Stuhl“ (1878, eine sehr oberflächliche Arbeit). Von den Ergänzungsheften zu der Zeitschrift sind von ihm: „Die Entstehung –“ und „– weitere Entwicklung der thomistisch-molinistischen Controverse“ (1879, 1880). Denselben Stoff behandelte er, bezw. P. Gietmann unter seiner Aufsicht, lateinisch: „Controversiarum de divinae gratiae liberique arbitrii concordia initia et progressus“, 1881. Dagegen erschien zu Paris 1886 eine ausführliche Entgegnung von dem Dominicaner A. M. Dummermuth: S. Thomas et doctrina praemotionis physicae sive responsio ad G. Schneemann aliosque doctrinae Thomisticae impugnatores. S. schrieb auch Artikel für den Mainzer Katholik und für andere Zeitschriften und Zeitungen. Nach dem unten anzuführenden Nekrolog sind von ihm auch die anonymen Broschüren: „Der Jesuitenorden, seine Gesetze, Werke und Geheimnisse“, 1872; „Non possumus. Wir können nicht nachgeben. Eine Kritik der preußischen Maigesetze, nebst Angabe derjenigen kath. Dogmen, welche durch dieselben verletzt werden. Von einem rheinpreußischen Theologen“, 1874 (erlebte in kurzer Zeit 14 Auflagen); „Die preußischen und österreichischen Maigesetze in Bezug auf Glauben und Gewissen. Vom Verfasser des Non possumus“, 1875; „Der Freimaurer-Orden und die Ordens-Congregationen der katholischen Kirche gegenüber dem preußischen Vereinsgesetze“, 1875. – S. war einer der eifrigsten und gewandtesten Vertheidiger der päpstlichen Infallibilität und des Syllabus und der Doctrinen seines Ordens. Seine Streitschriften, auch die in die Form von theologischen Abhandlungen gekleideten, sind aber vielfach weniger wissenschaftliche Erörterungen eines Gelehrten, als Plaidoyers eines Advocaten, nicht frei von kühn [99] aufgestellten, aber schlecht begründeten, mitunter unwahren Behauptungen und von Entstellungen der gegnerischen Ansichten und Argumente.

J. Fäh, P. Gerhard Schneemann S. J., in den Stimmen aus Maria-Laach, 30. Bd. (1886), S. 167. – Register zu den Stimmen aus Maria-Laach, 1886.