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ADB:Schnezler, August

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Artikel „Schnezler, August“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 173–174, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schnezler,_August&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 09:51 Uhr UTC)
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Schnezler: Ferdinand Alexander August S., verdienter Lyriker, Novellist und Sagensammler, wurde am 4. August 1809 zu Freiburg im Breisgau geboren, wo sein Vater das Amt eines Stadtdirectors bekleidete und nebenher durch 28 Jahre die mit einem Unterhaltungsblatt verbundene „Freiburger Zeitung“ redigirte. Durch ihn und seine feingebildete Mutter, die einer französischen Emigrantenfamilie angehörte, erhielt S. eine tüchtige, obwohl etwas vornehme, mehr nach Seiten der Phantasie und des ästhetischen Genusses als des Charakters und der Pflicht gerichtete Erziehung; die Mutter führte ihn in die französische Sprache und Litteratur, sein Vetter und Informator J. A. Henne von Sargans, der spätere Universitätslehrer in Bern, in die Vorhallen der Poesie und Aesthetik ein. Die geselligen Zirkel des elterlichen Hauses, zu dem alle in Freiburg lebenden Litteratur- und Kunstfreunde Zutritt hatten, gaben überdies seinem Geiste die mannigfachste Anregung, wie auch der Blick auf die herrliche landschaftliche Scenerie der Vaterstadt seinem für Naturschönheit empfänglichen Sinne immer frische Nahrung entgegenbringen mußte. Seine Studien machte S. in Freiburg und in München, hier besonders unter Oken, in dessen Familienkreis er eingeführt war, und dessen Vorträge ihn auf ein eifriges Studium der Naturphilosophie hinlenkten. Der Aufenthalt in der bairischen Hauptstadt erhöhte auch die Quellkraft seiner poetischen Ader, und als er seine Studien dort beendet, gab er bei seinem Scheiden die erste Sammlung seiner „Gedichte“ (1833) daselbst heraus, wovon eine zweite, stark vermehrte Auflage 1846 in Karlsruhe erschien. S. ist als lyrischer Dichter bei weitem nicht so bekannt geworden, wie seine vortrefflichen Leistungen es verdienen. „Manche seiner seelenvollen, frühlingsfrischen und duftigen, fast alle Töne des Dichtergemüths reich und oft eigenthümlich anschlagenden Lieder, voll musikalischer Klangschöne, die sich auch durch sittlichen Ernst auszeichnen, stellen sich den Schöpfungen seiner Vorbilder Platen und Goethe nicht unwürdig zur Seite. Das eigentliche Element seiner poetischen Individualität bildet ein inniges wahres Naturgefühl und, in seiner frischeren Periode, eine kerngesunde Anschauung des Lebens. Dazu gesellt sich die Würze eines ebenso kräftigen als liebenswürdigen Humors, der sich oft in überraschender Weise geltend macht, zum Theil auch in seinen Märchenbildern, worin seine waldromantische Muse in träumerisch-reizender Naivetät uns entgegenlächelt.“ – Von 1833 bis 1838 arbeitete S. zu Heidelberg, Mannheim und Karlsruhe als Postbeamter im badischen Staatsdienste. Aber Kunstbegeisterung und Wissensdrang einerseits und Dienstzwang und der Druck eines heterogenen Standes andererseits [174] spalteten sein Wesen; ohnmächtig, seine eigene Flamme zu dämpfen, unfrei in Wille und Bewußtsein, betäubt und besinnungslos strenges Pflichtgefühl opfernd, ereilte ihn die Katastrophe, deren Vollwucht zwar der Beamte, nicht aber der Dichter erlag. Ausgerüstet mit einem Schatze vielseitiger Kenntnisse, siedelte er, um sich zu einer würdigen litterarischen Stellung Bahn zu brechen, im Sommer 1840 nach Wiesbaden und einige Monate später nach Mainz über, wo er sich als Mitarbeiter an verschiedenen Zeitschriften betheiligte und durch seine komischen Beiträge den Hauptgrund zur Mainzer Faschingszeitung „Narrhalla“ legte. Von 1842 bis Mitte 1844 gab er in Darmstadt „Guttenberg. Ein Unterhaltungsblatt für Stadt und Land“ heraus, veröffentlichte hier auch sein dramatisches Festspiel „Der Riß zum Kölner Dom“ (1842). Hierauf lebte er abwechselnd in Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, veröffentlichte hier seine beiden großen, mit verdientem Beifall aufgenommenen Sagensammlungen „Badisches Sagenbuch“ (1846), die das gesammte badische Land berücksichtigte, und „Aurelia’s Zauberkreis“ (1847), die nur die Sagen und Legenden der Stadt Baden und ihrer nachbarlichen Thäler enthielt. Nach dem im März 1847 erfolgten Ableben seiner Mutter, die er stets als seine „zärtlichste Muse“ gefeiert hatte, begab er sich erst nach Heidelberg und im December nach Frankfurt a. M., wo er bald dichtend an der großen politischen Bewegung theilnahm, sein humoristisches „Vergißmeinnicht. Illustrirter Wegweiser durch Frankfurt a. M.“ (1848; mit lyrischem Text) verfaßte, Uebersetzungen ausländischer Journalartikel lieferte und für verschiedene Zeitschriften als Novellist thätig war. Von August bis October 1849 besorgte S. zu Mannheim die Leitung des „Badischen Merkur“; hier wurde er wegen eines der Kölnischen Zeitung entnommenen Artikels zu zweiwöchentlicher Haft verurtheilt, wovon er jedoch nur drei Tage verbüßte, und sah sich überdies von dem Verleger des Blattes um den größten Theil seines Honorars betrogen. Um bittere Erfahrungen und Enttäuschungen reicher, übernahm er im Mai 1850 die Redaction des „Vogesenboten“ in Landau, den er bald nachher in die „Pfälzer Zeitung“ umtaufte; von Neujahr bis zum Mai 1851 fand er als Expeditor und Corrector bei der „Kasseler Zeitung“ Verwendung, dann aber wandte er sich, aller Politik und journalistischen Plackereien überdrüssig, nach Leipzig, um hier für eine Sammlung seiner Novellen und Humoresken einen Verleger zu suchen. Aber trotz der Empfehlungen eines Vilmar, Wackernagel, Düntzer u. a., trotz des poetischen Werthes, den seine Arbeiten in sich trugen, blieben seine Bemühungen erfolglos, und mißmuthig kehrte er nach Frankfurt zurück, wo nunmehr, wie er selbst berichtet, „eine wahre Sonnenfinsterniß seines Lebens“ begann. Bei seinem beschaulichen und bequemen Naturell fehlte ihm die rechte Willensstärke, sich irgendwie geltend zu machen; Sorgen und Noth erschlafften seinen Geist, anstatt ihn zu stählen. Er verließ im September 1851 die Stadt der Geldaristokratie und ging nach München, wohin ihn angenehme Jugenderinnerungen zogen. Mit Beihülfe seiner Freunde gelang es ihm, die Redaction des „Münchener Tageblatts“ zu erhalten, wozu er ein „Sonntagsblatt für Ernst und heitere Laune“ gründete; allein der Zustände und Verhältnisse unkundig, mußte er dieselbe schon zu Ostern 1852 andern Händen überlassen. Die nun beabsichtigte Herausgabe eines humoristischen Blattes mißlang; für seine Schriften fand sich kein Verleger; und so wollte er denn wieder in seine alemannische Heimath zurückkehren, als ihn eine bösartige Krankheit aufs Lager warf, der er nach wenigen Tagen, in der Nacht auf den 11. April 1853, erlag.

Hub, Deutschlands Balladen- u. Romanzendichter, III, S. 96.