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ADB:Schottin, David

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Artikel „Schottin, David“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 417–418, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schottin,_David&oldid=- (Version vom 19. Dezember 2024, 00:50 Uhr UTC)
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Schottin: Johann Friedrich David S. stammte aus einer ursprünglich französischen Familie, deren Stammvater, Adam Chaudien, nach Aufhebung des Edicts von Nantes aus Frankreich geflüchtet war und sich 1692 in dem weimarischen Städtchen Allstädt niedergelassen hatte. Ein Enkel desselben, Johann, wurde Schullehrer in Heygendorf bei Allstädt und verwandelte mit Beistimmung seiner gleichnamigen Verwandten, den französischen Namen Chaudien in den deutschen Schottin. Das jüngste seiner neun Kinder war unser David, geboren am 4. Januar 1789. Schon im sechsten Lebensjahre des Vaters beraubt, fand er bei einem Oheim, dem Tertius Martini zu Kloster-Roßleben Aufnahme und weitere Erziehung, bis er als Alumnus in die Klosterschule eintreten konnte. Im Herbst 1806 verließ er diese Anstalt, um in Jena Theologie zu studieren. Seine Kleider und Bücher hatte er einem Fuhrmann übergeben, sie fielen aber nach der Schlacht bei Jena in die Hände plündernder Franzosen, und so sah er sich genöthigt, zu seiner Mutter, die ein kleines Besitzthum in Heygendorf zu eigen hatte, zurückzukehren und sich während des Winters neu auszustatten. Auf diese Weise bezog er erst Ostern 1807 die Landesuniversität. Als armer Student lebte er hier sehr eingezogen, studirte aber eifrig außer Theologie noch Geschichte und Musik, so daß er zu Anfang des Jahres 1811 von der Universität als Patronin zum Rector der Stadtschule zu Apolda ernannt wurde, als welcher er auch die Kirchenmusiken zu leiten hatte. Schon im folgenden Jahre trat S. in die Stelle seines verstorbenen Bruders Friedrich ein, welcher in Köstritz (Reuß j. L.) Pfarramts-Collaborator gewesen war, und 1814 wurde er zum Pfarrer daselbst ernannt, worauf er seine Verlobte, Amalie, Tochter des Superintendenten Schneider zu Apolda, als Gattin in sein Heim führte. Seine ersten poetischen Versuche erschienen als „Gedichte“ (1817) zum Besten der Nothleidenden in seiner Gemeinde, gedruckt auf Kosten und auf den Namen seines älteren Bruders, des Hofrathes und Leibarztes Karl S. Unter eigenem Namen aber veröffentlichte er zuerst drei Bändchen Predigten unter dem Titel „Beiträge zur Nahrung für Geist und Herz“ (1822, 1824, 1833). Das zweite Bändchen enthält zugleich eine Anzahl Lieder und Gedichte, wovon mehrere durch die Gesangbücher weitere Verbreitung gefunden haben. Am bekanntesten sind geworden „Die Perle“ und das Abendmahlslied „Kommt und hört den Herrn der Gnaden“. Gleichzeitig war S. der hauptsächlichste Mitarbeiter an dem „Geraischen lutherischen Gesangbuch“ von 1821, welches insofern von Bedeutung war, als es zum ersten Male eine genaue „Uebersicht der Liederverfasser nebst biographischen Andeutungen“ gab. Die Herausgabe seiner Predigten verschaffte S. bald einen großen Ruf, so daß ihm eine Menge zum Theil verlockender Berufungen zugingen, z. B. als Generalsuperintendent nach Altenburg, als Superintendent und Professor nach Jena, als Pastor der Petrikirche nach Hamburg u. a. m. Doch widerstand er allen diesen Lockungen und blieb seiner ersten Gemeinde bis an sein Ende treu, zumal auch mehrere seiner Geschwister in demselben Orte ihren Wohnsitz genommen hatten. Auch fehlte es ihm in der Heimath an Ehrenbezeugungen nicht; die Universität Jena ernannte ihn 1830 zum Licentiaten der Theologie, 1836 zum Doctor der Philosophie und bei seinem 50jährigen Amtsjubiläum 1862 zum Doctor der Theologie, während sein Landesfürst ihm schon 1852 den Titel eines Kirchenraths verliehen hatte. Indessen setzte er seine schriftstellerische Thätigkeit fort und betheiligte sich theils an theologischen Zeitschriften, theils an andern litterarischen Unternehmungen. Seine bekannteste Predigt war die in der „Sammlung von Musterpredigten von [418] Schott und Schuderoff“ erschienene Homilie „Der Gang der Jünger nach Emmaus“. Ferner gab er heraus: „Das Reich Gottes. Tägliche Weihe für ein christliches Gemüth nach den Bedürfnissen des Jahres. Ein Andachtsbuch für Gebildete aller Stände“ (1844); „Erquickungsstunden, der häuslichen Andacht gewidmet“ (II, 1853); „Leben und Freude im Herrn. Predigten und Homilien“ (1853). Daß diese Schriften in späteren Jahren weniger Verbreitung fanden, hatte wohl seinen Grund in dem plötzlichen Umschwung der theologischen Richtung. S. war zur Zeit des herrschenden Rationalismus aufgewachsen und gebildet, hatte sich aber doch ein gläubiges Gemüth bewahrt, so daß er in seiner Jugend, zumal er auch mit dem Baseler Missionshause in Verbindung stand, für einen „Frommen im Lande“ galt; nach Erstarkung der Orthodoxie aber ließ ihn seine milde, jeder schroffen Richtung abholde Auffassung des Christenthums, die allem starren Dogmatismus feind war und hauptsächlich auf Erwärmung des Gemüths hindrängte, als Rationalisten erscheinen. Indessen fand das Gemüthvolle seiner Predigten und die stilistische Form und Vollendung seiner Vorträge bei allen Parteien unbedingte Anerkennung. Was S. geistig frisch erhielt, war nicht nur der Verkehr mit jüngeren Amtsgenossen, sondern auch besonders seine Freude am Unterricht, die er bis zu seinem Ende sich bewahrte, indem er zunächst seine eigenen Kinder und Verwandten, sodann aber auch befähigte Knaben aus seiner Gemeinde ohne Entgelt unterwies und für das Gymnasium vorbereitete. Seine Ehe, eine der glücklichsten nach menschlichem Ermessen, wurde nach 43jähriger Dauer 1857 durch den Tod seiner Gattin gelöst, und als auch die Schwester der Verstorbenen, welche seinem Hause vorstand, bald einer Krankheit erlag, übertrug er die Führung seines Amtes seinem Schwiegersohne, dem bekannten Dichter Julius Sturm, in dessen Familie er die letzten neun Jahre eines friedlichen heiteren Lebensabends verlebte, bis ihn der Tod am 15. Mai 1866 ins Jenseit rief.

Nach Mittheilungen aus der Familie.