ADB:Sengler, Jakob
Canisius geltend gemacht haben“. Nachdem er in Wiesbaden die theologische Prüfung bestanden hatte, entschloß er sich im Herbst 1828, nach München zu gehen, um Schelling zu hören. Er hörte dort außerdem die Vorlesungen von Baader, Ast, Görres, Schubert, Thiersch u. a. und sammelte gleichgesinnte junge Leute um sich zu einem theologischen Verein. Im Juli 1830 übernahm er die Redaction der neu gegründeten „Kirchenzeitung für das katholische Deutschland“. Außerdem veröffentlichte er während seines Aufenthaltes in München in erweiterter Gestalt die in Tübingen gekrönte Preisschrift „Würdigung der Schrift von Dr. David Schulz über die Lehre vom h. Abendmahl, nebst aphoristischen Grundzügen zu einer speculativen Darstellung der katholischen Abendmahlslehre im Verhältniß zu den protestantischen Abendmahlstheorieen“, 1830, und die Schriftchen „Winke zur Anleitung im christlich-katholischen Unterricht über Sünde, Erlösung und Heiligung und deren Anstalten“, und „Rede an die Mitglieder des theologischen Vereins zu München am Schlusse des Wintersemesters, nebst Darstellung der Entstehung, Bestimmung … des Vereins“, beide 1831. Im Frühjahr 1831 wurde S. zum Professor an der katholisch-theologischen Facultät ernannt, welche die kurhessische und die nassauische Regierung zu Marburg errichteten, die aber nur bis 1833 ein Schattendasein fristete. Der Bischof Brand von Limburg wollte ihn im Mai 1831 für sein Seminar gewinnen. S. lehnte ab, da er nicht Geistlicher werden wollte, – auf seine Empfehlung erhielt sein Freund Leopold Schmid (s. A. D. B. XXXI, 688) die Stelle, – hielt aber die Festrede bei dem Beginn der theologischen Vorlesungen im Wintersemester 1831 (sie ist in der Kirchenzeitung von 1832 gedruckt). Im März 1832 verlieh ihm die philosophische Facultät zu Marburg honoris causa die Doctorwürde und am 30. December 1832 [32] wurde er zum Professor der Philosophie ernannt. Im J. 1833 verheirathete er sich mit einer Tochter des Geheimen Finanzrathes v. Menz, die ihn mit zwei Kindern überlebte. Die „Kirchenzeitung“ erschien unter der Redaction von S. bis Ende 1833, im letzten Jahre unter dem Titel „Religiöse Zeitschrift für das katholische Deutschland“. Im Herbst 1836 entwarf S. mit J. H. Fichte, Fr. Hoffmann und K. Ph. Fischer den Plan zu einer „Zeitschrift für Philosophie und speculative Theologie“, die von 1837 an unter Fichte’s Redaction erschien, und für die S. viele Beiträge lieferte. Das erste größere philosophische Werk von S. war: „Ueber das Wesen und die Bedeutung der speculativen Philosophie und Theologie in der gegenwärtigen Zeit, mit besonderer Rücksicht auf die Religionsphilosophie“, wovon der 1. Theil, „Allgemeine Einleitung in die speculative Philosophie und Theologie“, 1834, der 2. Theil: „Specielle Einleitung“ u. s. w. 1837 erschien. Im Herbst 1842 wurde S. Professor in Freiburg, wo er Hirscher, der in Tübingen sein Lehrer, und Staudenmaier, der dort sein Studienfreund gewesen war, wiederfand. Er las dort über alle Zweige der Philosophie mit Einschluß der einschlagenden ästhetischen und litterargeschichtlichen Fächer, bis er am 1. November 1878 auf seinen Antrag in Ruhestand versetzt wurde. Während seines Aufenthaltes in Freiburg veröffentlichte er: „Reden über die gegenwärtige Krisis der Weltgeschichte und wie sie geworden ist“, 1843; „Die Idee Gottes, erster oder historisch-kritischer Theil“, 1845; zweiter Theil, 1847–52; „Gedächtnißrede auf Anselm Feuerbach“, 1853; „Erkenntnißlehre, 1. Theil“, 1858; „Neue Erklärung von Goethe’s Faust“, 1873. Ein Werk, welches er unter dem Titel „Natur, Mensch und Gott“ in drei Theilen veröffentlichen wollte, ist unvollendet geblieben. – Die philosophischen Ansichten von S. werden von L. Weis und K. Werner (s. u.) dargestellt.
Sengler: Jakob S., Philosoph, geboren am 11. September 1799 zu Heusenstamm bei Frankfurt am Main, † am 5. November 1878 zu Freiburg im Breisgau. Seine Eltern waren arm; als er vier Jahre alt war, starb sein Vater; die Mutter zog nach Sachsenhausen bei Frankfurt und verheirathete sich wieder. S. besuchte die Volksschule in Frankfurt und fungirte morgens früh als Meßdiener in der Liebfrauenkirche, wofür er, nachdem er zwölf Jahre alt geworden und aus der Schule entlassen war, unentgeltlich ein Handwerk gelehrt wurde. Er lernte das Schuhmacherhandwerk, wanderte als Geselle nach Straßburg, kehrte aber bald nach Frankfurt zurück. Der dortige Stadtpfarrer Orth wurde auf seine ungewöhnliche Begabung aufmerksam und sorgte dafür, daß er Unterricht erhielt, um sich für das Gymnasium vorzubereiten. Er war 18 Jahre alt, wurde aber schon nach 2½ Jahren in die Secunda aufgenommen und erhielt nach weiteren drei Jahren das Zeugniß der Reife für die Universität. Vom Herbst 1824 an studierte er drei Jahre Theologie zu Tübingen. Er löste dort zwei Preisaufgaben, eine kritisch-exegetische und eine homiletische. Vom Herbst 1827 an lebte er ein Jahr in Frankfurt, um sich für das theologische Examen vorzubereiten, ertheilte aber auch in mehreren Instituten Religionsunterricht und veröffentlichte 1828 einen „Plan zu einem neuen Katechismus für Schulen und Gymnasien, nebst Würdigung der Katechismen, die sich seit- v. Weech, Badische Biographieen, III, 152. – Allg. Zeitung 1879, Nr. 35 und 36. – Nekrolog von L. Weis in der Zeitschrift für Philosophie und philos. Kritik, 1879, N. F., LXXIV, 295, und LXXV, 85 (Sengler’s philosophische Weltanschauung), und in den Philosophischen Monatsheften 1879, XV, 122. – K. Werner, Gesch. der kath. Theologie S. 464 und 566.