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ADB:Silber, Eucharius

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Artikel „Silber, Eucharius“ von Karl Steiff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 308–310, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Silber,_Eucharius&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 06:02 Uhr UTC)
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Silber: Eucharius S. (Argenteus, Argyrius), ein deutscher Buchdrucker zu Rom im 15. Jahrhundert. Wie bei so vielen Incunabeldruckern ist auch bei ihm der Biograph mangels archivalischer Veröffentlichungen einzig auf die Drucke angewiesen. In diesen nennt sich S. einen clericus herbipolensis diocesis. Er stammte somit aus der Würzburger Diöcese, weshalb er denn auch den Beinamen Franck hatte (Euch. Silber alias Franck heißt es gewöhnlich in den Schlußschriften). Unrichtig ist es, wenn man, wie oft geschieht, Würzburg selbst als seine Heimath angiebt. Das liegt nicht nur nicht in obiger Bezeichnung, sondern erscheint durch dieselbe geradezu ausgeschlossen. Denn sicher hätte er dann wenigstens das eine oder andere Mal die kürzere Formel clericus herbipolensis gebraucht, zumal sein Berufsgenosse in Rom G. Lauer sich kurzweg immer Herbipolensis, de Herbipoli nannte. (Aus welchem Ort der Würzburger Diöcese S. übrigens stammte, haben wir nicht festzustellen vermocht, da sein Name uns in keiner Universitäts-Matrikel begegnet ist.) Auch die Deutung der obigen Selbstbezeichnung, [309] daß er ein Geistlicher gewesen, ist wohl abzuweisen. Wenn anders der unten zu erwähnende Marcellus S. sein Sohn war – und es ist dies höchst wahrscheinlich – so gehörte er zu den clerici uxorati und war, ehe er Drucker wurde, wohl wie die meisten dieser clerici Schreiber, vielleicht geradezu Bücherabschreiber gewesen. Als Buchdrucker wäre er nach Kapp (Geschichte des deutschen Buchhandels I, S. 188) schon im J. 1478 in voller Thätigkeit gestanden; wir möchten dies aber bezweifeln, da die frühesten sicheren Erzeugnisse seiner Presse aus dem Jahre 1480 stammen und höchstens einer (Hain 8529) noch ins Jahr 1479 hinaufreicht. Die Zahl der Drucke, welche Silber’s Namen tragen oder wenigstens durch die Bemerkung „in campo Florae“ als ihm zugehörig erwiesen sind, beträgt, so weit sie bis jetzt bekannt, 87. Aber noch eine größere Anzahl undatierter, 89, wird ihm von den Bibliographen gleichfalls mit Bestimmtheit zugeschrieben, so daß die Gesammtzahl seiner Drucke sich auf 176 belaufen würde. Sind hierunter nun gewiß auch manche, welche diesem Meister mit Unrecht zugewiesen werden, zumal kein Druckerwappen einen Fingerzeig giebt – und sind auch unter den ihm verbleibenden viele Drucke von ganz geringem Umfang, so gibt sich Silber’s Presse durch diese Drucke immerhin als eine der thätigsten und bedeutendsten im damaligen Rom zu erkennen. Namentlich vom päpstlichen Hof scheint gerade sie vorzugsweise Aufträge erhalten zu haben, wenngleich ihre Leistungen nicht alle von gleichem Werth waren. Bullen, Formelbücher, Regeln der päpstlichen Kanzlei, ferner Streitschriften zu Gunsten der Suprematie des Papstes, namentlich aber Einzelausgaben von Ansprachen, die von fremden Gesandten u. A. an den Papst gerichtet, und von Predigten, die in Rom, zumal in des Papstes Gegenwart, gehalten worden waren, – das war es, was S. im Auftrag der Curie oder der ihr nahe stehenden Kreise hauptsächlich zu drucken hatte. Die zuletzt genannte kleine Litteratur (Reden und Predigten), die auch sonst im römischen Buchdruck eine große Rolle spielt, nimmt sogar den vierten Theil von Silber’s sämmtlichen Drucken ein. Außer diesen Schriften mögen dann etwa noch die ziemlich zahlreichen Classikerausgaben genannt werden, welche übrigens vielfach ebenfalls auf die erwähnten Kreise zurückgehen. Ein Druck würde unserem Meister noch zu besonderem Ruhm gereichen, wenn die Annahme, zu welcher Fétis (Biographie universelle des musiciens, 2. éd., T. VIII, p. 38) geneigt ist, richtig wäre, daß wir in demselben den ältesten mit beweglichen Typen hergestellten Notendruck vor uns haben. Es ist die im J. 1493 von S. gedruckte Historia boeotica, ein dramatisches Gedicht mit Arien und Chören. Ob die hier vorkommenden Noten aber wirklich mit beweglichen Typen gedruckt sind, haben wir nicht feststellen können, da das einzige bekannte Exemplar des Drucks in der Bibliothek der Christ Church zu Oxford, wo es sich früher befand, nicht mehr vorhanden ist. Im übrigen ist die Richtigkeit jener Annahme höchst fraglich und es wird wohl der Ruhm, Gutenberg’s Erfindung auf den Notendruck übertragen zu haben, nach wie vor Ottaviano dei Petrucci (1498) verbleiben. – Der letzte bekannte Druck des Eucharius S. stammt aus dem Jahre 1509. Von 1511 an erscheint auf Drucken derselben Presse ein Marcellus S., der, wie oben angedeutet, ohne Zweifel der Sohn des Vorigen war. Man kennt von ihm zur Zeit 27 Drucke, welche bis zum Jahr 1527 herabreichen; ihre Zahl ist damit aber, obwohl wir eine Reihe von Bibliographien nach ihnen durchforscht haben, sicher nicht erschöpft. Auch von diesen Drucken gilt im allgemeinen das oben bei Eucharius S. Gesagte; nur begegnen uns jetzt auch Streitschriften gegen Luther und seine Sache. Hervorzuheben ist aber besonders ein Druck von Marcellus S., die von Joh. Potken im Jahre 1513 veranstaltete Ausgabe von biblischen Texten (das Psalters, Hohenlieds u. s. w.) in äthiopischer [310] Sprache; es ist dies das älteste in äthiopischer Schrift gedruckte Buch, das man kennt.

Vergl. die Drucke des Eucharius Silber bei Panzer, Annales typogr. vol. II, 474–554. IV, 415. VIII, 279. IX, 245–278 wozu Hain, Repertorium bibliogr., 32 weitere fügt, die aufzuzählen hier zu weit führen würde. Auch Hain sind entgangen: eine Ausgabe des Formularium terminorum rotae Romane 1491, ein Prognosticon von Petrus Bonus auf das Jahr 1493 (beide in Stuttgart) und die oben erwähnte Historia boeotica. – Des Marcellus Silber Drucke s. bei Panzer a. a. O. vol. VIII, 245–272. X, 24 sq. und XI, 500 sq.