Zum Inhalt springen

ADB:Silvester Stodewescher

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Silvester Stodewescher, Erzbischof von Riga“ von Philipp Schwartz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 342–343, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Silvester_Stodewescher&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 11:03 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Silvester Pflieger
Nächster>>>
Silvius, Franz
Band 34 (1892), S. 342–343 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Silvester Stodewescher in der Wikipedia
Silvester Stodewescher in Wikidata
GND-Nummer 104350105
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|34|342|343|Silvester Stodewescher, Erzbischof von Riga|Philipp Schwartz|ADB:Silvester Stodewescher}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=104350105}}    

Silvester Stodewescher, Erzbischof von Riga, 1448–1479. Aus Thorn in Preußen gebürtig, erlangte er von den akademischen Würden die eines magister artium. In den deutschen Orden eingetreten, wurde er Caplan des Hochmeisters Konrad von Erlichshausen und Ordenskanzler. – Nach dem Tode des Erzbischofs Henning Scharffenberg (5. April 1448) strebte der livländische Zweig des deutschen Ordens darnach, das Erzbisthum Riga wieder unter seine Gewalt zu bringen, indem er einen Ordensbruder zum Erzbischof einsetzte. Dazu ersah er sich S., der dem Orden vielfache Dienste geleistet hatte und ihm ganz ergeben schien. Dem Hochmeister fiel es zwar schwer, S. von sich zu lassen, er gab aber im Interesse des Ordens nach und bewirkte beim Papst Nikolaus V. die Ernennung desselben, zu welcher Entscheidung allerdings die großen nach Rom gespendeten Geldsummen das meiste beigetragen haben. Der Widerstand des Rigaschen Domcapitels, welches den Bischof von Lübeck erwählt, wurde ohne große Schwierigkeiten beseitigt, und es erkannte S. an. Dasselbe that die Ritterschaft des Erzstifts, beide aber erst nach Bestätigung ihrer Privilegien. Dazu gehörte auch, daß die Domherren nicht gezwungen werden sollten, die Tracht des deutschen Ordens, worin man ein Zeichen der Abhängigkeit von diesem sah, [343] zu tragen. Bald darauf gelobte aber der neue Erzbischof dem Hochmeister, selbst nie das Gewand des Ordens abzulegen und auch dem Domcapitel dasselbe aufzunöthigen. Gegenüber diesen einander widersprechenden Zusagen operirte der Erzbischof nicht ungeschickt. Er erfüllte das dem Orden Versprochene, ohne aber dabei der Macht und den Rechten seiner Kirche allzuviel zu vergeben. Durch den Vertrag zu Wolmar (1451) wurde zwar für das Erzstift die Tracht und Regel des Ordens obligatorisch, aber dem letzteren sollte daselbst keine Gerichtsbarkeit und kein Visitationrecht zustehen und er auch auf die Ernennung des Erzbischofs und der ihm erst nachträglich vorzustellenden Domherren keinen Einfluß haben. Auch wurde den augenblicklichen Gliedern des Capitels freigestellt, bei der alten Tracht und Regel zu bleiben.

Das gute Verhältniß zwischen Erzbischof und Orden dauerte noch fort, als eine vielumstrittene Frage, die der Herrschaft über die Stadt Riga, die bedeutendste im Lande, der Lösung entgegendrängte. Durch den Vertrag zu Kirchholm (1452) verständigten sich beide Theile, gemeinsam die Herrschaft über die Stadt auszuüben. Der Eintracht wurde aber ein baldiges jähes Ende bereitet, als der Orden nach dem Alleinbesitz Rigas strebte. Jetzt trat der Wendepunkt in der Politik Silvester’s ein. Sein bisher schlummernder oder klug zurückgedrängter Ehrgeiz trat unverhüllt hervor und aus dem früheren treuen Freunde des Ordens, dem dieser alles bieten zu können gemeint hatte, wurde dessen erbittertster Widersacher. In dem nun ausbrechenden Kampfe scheute der Erzbischof, allerdings vom Orden dazu herausgefordert, vor keinem Mittel zurück, aber zur consequenten Durchführung einer umfassender angelegten politischen Idee hat er sich dabei nicht fähig erwiesen, indem er es nicht verstand, sich wirksame dauernde Verbündete zu schaffen. Solche mußten die Stadt Riga und die Ritterschaft des Erzstifts sein. Die erstere hat er mehrmals, wo ihm ein Vortheil daraus zu erwachsen schien, getäuscht und hintergangen. Dadurch entfremdete sie sich ihm und als er sich zuletzt mit Schweden verband, diesem gegen Hülfsleistung einen Theil des Erzstifts zusichernd, sagte sich auch seine Ritterschaft, die sich ihm anfangs durch von ihm verliehene Vergünstigungen hinsichtlich des Erbrechts verpflichtet gefühlt hatte, von ihm los. Von Niemand im Lande, nur von den wenig zahlreichen schwedischen Hülfstruppen unterstützt, wurde der Orden ohne Anstrengung seiner Herr. Seine Schlösser wurden eingenommen und er selbst gerieth in einem derselben, in Kokenhusen, in Gefangenschaft. Dort ist er bald nach seiner Freilassung am 12. Juli 1479 gestorben. Die Leiche wurde nach Riga gebracht und im Chor der Domkirche beigesetzt.

Index corporis historico-diplomatici Livoniae, Esthoniae, Curoniae.