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ADB:Sommer, Wilhelm

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Artikel „Sommer, Wilhelm“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 607–608, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sommer,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 13. November 2024, 23:29 Uhr UTC)
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Band 34 (1892), S. 607–608 (Quelle).
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Sommer: Wilhelm S., schweizerischer Volkserzähler, entstammte einer Berner Familie aus dem Emmenthal und wurde am 7. September 1845 in Herzogenbuchsee geboren. Schon in den ersten Lebensjahren kam er mit seinen Eltern nach Winterthur, wo er seine Kinder- und Jugendjahre verlebte und auch seine erste Bildung sowie die Antriebe zu seiner späteren dichterischen Entfaltung empfing. Infolge einer ansteckenden Krankheit theilweise gelähmt, entwickelte sich seine geistige Lebendigkeit nur um so stärker, so daß ihn sein Vater nach Absolvirung der Bürger- und Industrieschule auf das Eidgenössische Polytechnikum sandte. Aber merkwürdigerweise leistete er hier nicht, was er früher versprochen hatte, und so that ihn sein Vater in die Lehre zu einem Kaufmann und wies ihn damit in einen Beruf hinein, der dem Sohne zwar nicht angenehm war, in den sich dieser aber trotzdem schnell hineinlebte. Nach Beendigung seiner Lehrzeit ging S. seine eigenen Wege. Er wurde, wie er es später selber [608] humoristisch nannte, „Lumpenhändler“, d. h. Angestellter größerer Firmen, die mit den Abfällen der Textilindustrie und allen möglichen Abgangsstoffen bedeutende Geschäfte machten. Sein Beruf führte ihn in die verschiedensten Länder, nach Deutschland, Oesterreich, Frankreich und Belgien, und auf diesen Reisen war es, wo sich an einer unbefangenen Beobachtung der Menschen und der Verhältnisse sein Blick schärfte, sein Gesichtskreis sich erweiterte und sein Wissen sich bereicherte. Am längsten weilte er im Elsaß, das er gründlich kennen und aufrichtig lieben lernte. Indessen hatten die Reisestrapazen seinen ohnehin schwächlichen Körper derart angegriffen, daß er im Elternhause Pflege suchen und Genesung erhoffen mußte. Hier stellte sich nun an seinem Krankenlager die Muse ein: alles, was er erlebt hatte in seinem vielbewegten Leben, das gestaltete sich ihm zu poetischem Stoffe, den er mit Leichtigkeit und Gewandtheit, Natürlichkeit und Frische behandelte. Seine Arbeiten erschienen zunächst als „Reiseerinnerungen von Mayer“ in schweizerischen und deutschen Zeitungen, und da er sah, daß seine Gaben gern entgegen genommen wurden, wuchs auch die Zuversicht zu seinem Talent; „bald verschwand das Dilettantische aus seinen Erzählungen, und er bildete sich in kurzer Zeit zu einem meisterhaften Erzähler aus. Leider setzte der Tod seinem Wirken nur zu bald ein Ziel; seine Krankheit, ein Rückenmarksleiden, wendete sich zu einem schlimmen Ausgange, die Eltern mußten ihn der Heil- und Pflegeanstalt Waldau bei Bern übergeben, und hier starb er am 7. December 1888. – Drei Jahre nach Sommer’s Tode veranstalteten Freunde seines Talents eine gesammelte Ausgabe seiner „Erzählungen“, wovon zwei Bände als „Elsässische Geschichten“ (Basel 1892) erschienen sind. „Diese gehören zu dem Vollendetsten, was Sommer’s Muse geschaffen hat, und das landschaftliche Colorit verbindet sie zu einer Einheit. Man kann diese Geschichten den Dorfgeschichten einreihen, da die handelnden und leidenden Personen dieser Novellen den ländlichen Kreisen angehören. Doch haben die Figuren Sommer’s nichts Conventionelles an sich, im Gegensatz zu den Schöpfungen anderer. Was er niederschrieb, war Selbsterlebtes, obschon durch das Medium der schaffenden Phantasie hindurch gegangen; seine Personen sind voll Leben und Natur, voll Frische und Originalität, nicht am Studirtisch ausgeklügelt, sondern aus dem vollen Leben gegriffen; aus ihnen strahlt das tiefe Gemüth Sommer’s heraus, und selbst in Schwächen erscheinen sie liebenswürdig, weil ein urwüchsiger Humor sie vergoldet.“

Biographische Einleitung zu den „Elsässischen Geschichten" (s. o.).