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ADB:Stadler, Maximilian

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Artikel „Stadler, Maximilian“ von Eusebius Mandyczewski in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 429–431, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stadler,_Maximilian&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 10:14 Uhr UTC)
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Stadler: Maximilian St. (kurz „Abbé Stadler“ genannt), hervorragender österreichischer Tonsetzer, geboren am 4. August 1748 zu Melk, † zu Wien am 8. November 1833. Er war der Sohn eines Bäckers und zeigte [430] schon als Knabe vortrefflicbe musikalische Anlage. Mit zehn Jahren kam er als Chorsänger in das Stift Lilienfeld, wo er in den classischen Sprachen Unterricht erhielt und Gelegenheit hatte, sich im Violin-, Clavier- und Orgelspiel zu üben, hierbei mehr seinem eigenen Talent als besonderer Anleitung folgend. Seit 1762 setzte er seine wissenschaftlichen Studien in Wien bei den Jesuiten fort und gewann in kurzer Zeit einen bedeutenden Ruf als Orgelspieler. Mit achtzehn Jahren trat er als Novize in das Stift Melk ein, studirte Philosophie und Theologie, erhielt 1772 die Priesterweihe und wurde 1775 Professor der Theologie (Moral, Kirchengeschichte und Kirchenrecht). Dabei galt er als einer der größten Clavier- und Orgelspieler der Zeit. 1786 ernannte ihn Kaiser Joseph II. zum Abbé commendataire des Stifts Lilienfeld, 1789 des Stiftes Kremsmünster. Nach Kaiser Joseph’s Tode wurde er 1791 vom Bischof Gall als Consistorialrath nach Linz berufen. Seit 1796 lebte er in Wien, zunächst mit Studien zu einer „Geschichte der Tonkunst in Oesterreich“ beschäftigt, dann aber (seit 1803) als Seelsorger der Pfarre Altlerchenfeld. Im J. 1810 wurde er auf die Pfarre Böhmischkrut (Niederösterreich) berufen, von der er sich nach sechs Jahren in den Ruhestand zurückzog. Diesen verbrachte er bis an sein Lebensende in Wien. Zu einer Ausarbeitung seines musikhistorischen Planes konnte er sich nicht entschließen. Unwillkürlich gewann er aber Bedeutung als Musikschriftsteller durch seine Schrift „Vertheidigung des Mozartischen Requiem“ (Wien 1826, mit zwei Nachträgen von 1827), zu der er durch Gottfried Weber’s Aufsätze über Mozart’s Werk veranlaßt wurde. Er war Mozart’s Freund, Berather der Wittwe Mozart in Beziehung auf den musikalischen Nachlaß und „dankte Gott, daß er ihn so lang leben ließ, um als 78jähriger Greis noch Zeuge der Wahrheit sein zu können“.

Das Bedeutendste leistete St. für seine Zeit als Componist. Er ist einer der hervorragendsten Zeitgenossen von Haydn, Mozart und Beethoven. Mit elf Jahren fing er zu componiren an, seine besten Werke schrieb er zwischen dem 62. und 84. Lebensjahr. Gute Vorbilder, langsam vorschreitende ruhige Entwicklung, langjährige Uebung und angeborenes, durch allgemeine Bildung wesentlich gefördertes Talent haben ihn zu einem Meister des Satzes gemacht. Seine Werke standen bei seinen Zeitgenossen im höchsten Ansehn; gleichwohl haben sie nicht die Kraft gehabt, ihn zu überleben. Denn bei aller Gediegenheit, technischen und formalen Schönheit fehlt ihnen die Genialität. Drei große und mehrere kleine Messen, ein großes und ein kleineres Requiem, drei Litaneien, zwei Te Deum, drei Magnificat, viele Graduale, Offertorien, Salve regina, Miserere, Regina coeli, Antiphonen, Responsorien u. dergl. schrieb er für die Kirche, Sonaten, Sonatinen, Präludien und Fugen für Clavier und Orgel, eine Sonate für das Waldhorn, drei Streichquartette und andere kleinere Kammermusik; den größten Erfolg hatten seine Cantaten, Hymnen, Oden, Psalmen, Arien und Lieder (darunter die Cantate „Die Frühlingsfeier“ und die Hymne „Gott“), allen voran aber sein Oratorium „Die Befreiung von Jerusalem“, das als sein größtes Werk betrachtet und den Oratorien von Händel und Haydn an die Seite gestellt wurde. Diese auf einen Text der Brüder Collin[WS 1] gesetzte Composition wurde in Wien 1813 zum ersten Mal aufgeführt und 1816 bei einem großen Musikfeste von einem Chor und Orchester von achthundert Personen wiederholt. In einer Prachtausgabe veröffentlicht, wurde es Kaiser Franz gewidmet und bis zum Jahre 1846 in vielen größeren deutschen Musikstädten aufgeführt, so in Prag, Dresden, Berlin, Königsberg, Braunschweig, Nürnberg u. a. Stadler’s Verdienste um die Tonkunst wurden durch persönliche Ehrungen aller Art vielseitig anerkannt [431] [WS 2] und diese kamen aus Anlaß seines 85. Geburtstages in rührender Art zum Ausdruck. Der Nekrolog, den ihm J. F. v. Mosel in der Wiener „Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode“ (December 1833) schrieb, und der die ausführlichsten Nachrichten über sein Leben nebst einem genauen Verzeichniß seiner Werke bringt, schließt mit den Worten: „Der erhabene Priesterstand verlor in ihm ein würdiges Mitglied, die Tonkunst einen ihrer vorzüglichsten Eingeweihten, seine Freunde einen gefühlvollen Theilnehmer an ihren Leiden und Freuden, die Jugend einen wohlwollenden Leiter, die Armen einen hilfreichen Vater und die gebildete Welt einen liebenswürdigen Gesellschafter“.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. und dessen Bruder Matthäus von Collin, 1779–1824.
  2. Hier liegt ein Versehen des Setzers vor: Die erste Zeile auf Seite 431, „1780–1801 lebte er in Wien und Graz. In Wien eröffnete er eine Buch-“, gehört eigentlich auf das Ende der Seite 431 und damit zum Artikel Stahel.