Zum Inhalt springen

ADB:Steiglehner, Cölestin

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Steiglehner, Cölestin“ von Robert Knott in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 593–595, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Steiglehner,_C%C3%B6lestin&oldid=- (Version vom 13. November 2024, 23:29 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 35 (1893), S. 593–595 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Coelestin II. Steiglehner in der Wikipedia
Coelestin II. Steiglehner in Wikidata
GND-Nummer 117237655
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|35|593|595|Steiglehner, Cölestin|Robert Knott|ADB:Steiglehner, Cölestin}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117237655}}    

Steiglehner: Cölestin, eigentlich Georg Christoph St., geboren am 17. August 1738 zu Sindersbühl bei Nürnberg, wo sein Vater Wundarzt war. Der junge St. erhielt den ersten Unterricht von seinem Vater; im J. 1748 wurde er in das „teutsche Haus“ zu Nürnberg als Chorknabe aufgenommen; von den drei Geistlichen, die der deutsche Ritterorden in diesem Hause unterhielt, wurde er in der lateinischen Sprache, der Musik und im Zeichnen unterwiesen; im Herbst 1752 kam er, 14 Jahre alt, in das Seminar zu St. Emmeran in Regensburg und besuchte jetzt das bischöfliche Gymnasium daselbst; die sechs Gymnasialclassen legte er mit Auszeichnung zurück; er trat dann in dem fürstlichen Reichsstift zu St. Emmeran in den Benedictinerorden ein, legte am [594] 4. November 1759 die Ordensgelübde ab und las am 2. October 1763 seine erste Messe. Seit 1758 hatte er sich mit Philosophie, Mathematik, Geschichte, Sprachen, Theologie und Kirchengeschichte beschäftigt; 1764 vollendete er den theologischen Cursus; im December desselben Jahres wurde er Hülfsprediger an der oberen Stadtpfarrkirche zu Regensburg, 1765 Pfarrer zu Schnabelweid. Nachdem der am 15. Juli 1762 zum Fürstabt zu St. Emmeran erwählte Frobenius Forster eine Akademie der Wissenschaften an dem ihm unterstellten Stifte gegründet hatte, wurde St. seit 1766 das mathematisch-physikalische Fach übertragen. Er lehrte reine und angewandte Mathematik, theoretische und Experimental-Physik, sowie Meteorologie und Astronomie. Vom November 1766 bis Ende des Jahres 1791 lehrte er ununterbrochen theils innerhalb der Ringmauern seines Klosters, theils an der Universität zu Ingolstadt. Von 1770 bis 1781 war St. Aufseher des Alumnats zu St. Emmeran. Als solcher ließ er sich u. a. vornehmlich die Ausbildung seiner Schüler im Kirchengesange angelegen sein. Er componirte selbst einige Hymnen und andere Kirchengesänge und copirte eigenhändig, um den Musikalienvorrath des Stiftes zu bereichern, viele alte und neue Meisterwerke. Er studirte auch den Choralgesang theoretisch, untersuchte die griechischen Tonarten und schrieb eine gründliche Abhandlung, deren man sich seit 1777 in dem gemeinsamen Noviziate der baierischen Benedictinercongregation St. Angelorum custodum zum Unterricht der Zöglinge bediente. Sie wurde jedoch nie gedruckt und ging später verloren. Seit 1771 beschäftigte er sich auch mit der praktischen Witterungskunde; es wurde von ihm und seinen Mitbrüdern ein sehr genaues meteorologisches Tagebuch geführt. Bei Gelegenheit einer öffentlichen Disputation im März 1773 schrieb er eine physikalische Abhandlung über die Wirkungen des Blitzes auf Gebäude ohne Ableiter: „Observationes phaenomenorum electricarum in Hohengebrahim et Prifling prope Ratisbonam factae et expositae“ (Ratisbonae 1773), wie er denn überhaupt der Meteorologie eine besondere Vorliebe bewahrte. Er las und excerpirte alle diesbezüglichen Schriften der Alten, sammelte und verglich die gleichzeitigen Beobachtungen der entlegensten Standpunkte, gewöhnte alle seine Schüler frühzeitig an das Beobachten zu bestimmten Stunden und an ein fortlaufeudes Tagebuch. Seine Erfahrungen und Ansichten über den täglichen und monatlichen Gang des Barometers legte er nieder in der Abhandlung: „Atmosphaerae pressio varia, observationibus baroscopicis propriis et alienis quaesita“ (Ingolstadt 1783). Da der schon erwähnte Fürstabt Frobenius seine so schön aufblühende Akademie ohne jede Lücke wünschte, so berief er im Januar 1773 Don Charles Loncelat aus der berühmten Benedictiner-Abtei zu St. Germain des Près in Paris nach Regensburg, um den Klosterzöglingen zu St. Emmeran Unterricht im Griechischen, Hebräischen, Syrischen, Chaldäischen u. s. w. zu ertheilen. Sogleich schloß auch St. sich diesem als Schüler an, ohne aber über seinen neuen Studien seinen Beruf als Lehrer und seine Beschäftigung mit Physik, Mathematik u. s. w. aufzugeben. Im October 1781 wurde er als ordentlicher Professor der Mathematik, Experimental-Physik und Astronomie an die Universität Ingolstadt berufen; er wurde Doctor der Philosophie und Theologie und kurfürstlich geistlicher Rath. Er sorgte alsbald für eine gründliche Wiederherstellung der schon etwas sehr baufällig gewordenen Sternwarte der Universität, ließ die schadhaften Instrumente ausbessern und neue anschaffen, wobei er in hochherzigster Weise von seinem Fürstabt Frobenius unterstützt wurde. Sein Ruf als vorzüglicher Lehrer verbreitete sich schnell; Zuhörer aus allen Facultäten, Beamte, die meisten Officiere der Garnison strömten ihm zu. Das Anerbieten des Kurfürsten Karl Theodor, die Stelle eines Hofastronomen zu Mannheim zu übernehmen, lehnte er ab, da er sich weder von seinem Stifte, noch von seinem Orden trennen mochte. 1790 [595] wurde er von der baierischen Akademie der Wissenschaften in München zum Mitglied der physikalischen Classe ernannt; auch die Akademie der Wissenschaften in Mannheim, sowie mehrere andere gelehrte Gesellschaften nahmen ihn unter ihre Mitglieder auf. Im October 1791 starb der Fürstabt Frobenius und am 1. December desselben Jahres wurde St. durch Stimmenmehrheit zum Fürstabt des kaiserlichen, freien Reichsstiftes und Benedictinerklosters von St. Emmeran gewählt. Als solcher traf er, nachdem er eine Krankheit, die ihn bald nach seiner Wahl darniederwarf, glücklich überstanden hatte, neue zweckmäßige Einrichtungen in der Ordensregel, baute das Kloster weiter aus, versah es mit einer Feuermauer, mit Feuerspritzen u. dgl. m.; ebenso bereiste er die Güter und Hofmarken des Stiftes, um die Verwaltung der Beamten an Ort und Stelle zu controlliren, hob die lästigen Frohndienste für die Unterthanen auf und verminderte die Abgaben. Trotzdem während jener Zeit der Krieg dem Stift viele Gelder entzog, es zuweilen auch starke Einquartirungen über sich ergehen lassen mußte, wurden dennoch unter Cölestin’s Leitung neue Anschaffungen für das Kloster gemacht; auch der Unterricht wurde nicht ausgesetzt. Bei der Säcularisation der Klöster fiel das Reichsstift St. Emmeran dem Kurfürsten Erzkanzler Karl Theodor v. Dalberg als Entschädigung zu. Die Besitznahme war auf den 1. December 1802 festgesetzt. Dalberg, selbst ein geistlicher Reichsfürst, der den Schein wahren wollte, kein in seinen neuen Staaten noch bestehendes Kloster aufgehoben zu haben, überließ den Benedictinern anfangs das gesammte Klostergebäude, die wissenschaftlichen Sammlungen, Handschriften, Bücher u. s. w., und obschon Cölestin den Untergang des Stiftes in nicht zu weiter Ferne vor Augen sah, suchte er doch noch, nunmehr aus eignen Mitteln, den Fortbestand desselben so lange wie möglich zu sichern. Am 23. April 1809 jedoch wurde das Abteigebäude von französischen Truppen drei Stunden lang mit Granaten beschossen, um die Stadt auf der südlichen Seite in Brand zu setzen; in der folgenden Nacht wurde die Wohnung Cölestin’s förmlich geplündert. Im Februar 1810 wurde endlich das Gebiet des Bisthums Regensburg dem Königreich Baiern einverleibt. Um nun nicht seine letzten Lebensjahre als Miethling in einem fremden Hause verbringen zu müssen, opferte Cölestin seine numismatische und antiquarische Sammlung und erstand dafür das ehemalige „teutsche Haus“, das er nun bezog. 1813 feierte er sein fünfzigjähriges Priesterjubiläum. Er starb am 21. Februar 1819 in einem Alter von 80 Jahren und 6 Monaten.

Vgl. C. A. Baader, Lexikon verstorbener Baierischer Schriftsteller des 18. und 19. Jahrhunderts. 2 Bde. Leipzig u. Augsburg 1824–25. – K. F. Felder u. F. J. Waizenegger, Gelehrten- u. Schriftsteller-Lexikon der deutschen katholischen Geistlichkeit. 3 Bde. Landshut 1817–22.