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ADB:Steinkopf, Karl Friedrich Adolf

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Artikel „Steinkopf, Karl Friedrich Adolf“ von Rochus von Liliencron in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 739–741, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Steinkopf,_Karl_Friedrich_Adolf&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 18:19 Uhr UTC)
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Steinkopf: Karl Friedrich Adolf St., evangelischer Geistlicher, Sohn des Thiermalers Johann Frdr. Steinkopf (s. S. 736), geboren am 7. Sept. 1773 zu Ludwigsburg in Württemberg, † zu London am 29. Mai 1859. Schon früh offenbarte sich in dem Knaben der fromme Sinn und die zarte Gewissenhaftigkeit, welche während seines ganzen Lebens die Grundzüge seines Wesens bildeten. Die strenge Zucht des Vaters, die sorgende Liebe der Mutter hielten alle störenden Einflüsse fern. Von besonderer Bedeutung für seine innere Entwicklung war das leuchtende Vorbild seiner Großmutter, von der er noch im hohen Greisenalter mit der rührendsten Anhänglichkeit sprach. Sie veranlaßte ihn bei seiner Confirmation ein Tagebuch zu führen, in das er alle wichtigeren Erlebnisse und inneren Erfahrungen eintragen sollte. Er that das bis wenige Tage vor seinem Tode; das Tagebuch diente ihm dazu, sich selbst zu überwachen und täglich Rechenschaft von seinem Haushalten zu thun. Auf dem Stuttgarter Gymnasium mit tüchtigen Kenntnissen ausgerüstet, trat er 1790 in das evangelische Seminar in Tübingen ein und vollendete dort 1795 seine Studien. Den so durchaus tüchtigen und entschieden frommen jungen Mann berief sogleich auf des Stuttgarter Hofcaplans Rieger Empfehlung die Christenthumgesellschaft in Basel zum Sectetär. In dieser Stellung blieb er 5 Jahre, während er zugleich in verschiedenen Familien als Hauslehrer fungirte. Die vielseitigen Bestrebungen, deren Mittelpunkt die Christenthumgesellschaft war, verschaffte ihm einen ausgebreiteten Kreis gleichgesinnter Bekannten; zu Männern wie Lavater und dem Antistes Heß trat er in persönlichen Verkehr. Die Correspondenzen mit den Zweigvereinen brachten ihn aber auch mit dem Ausland in Verbindung, namentlich mit England, wo eben das neu erwachte religiöse Interesse sich in Gründung von Gesellschaften für Mission u. s. w. kund that. Eine Berufung an die Gemeinde Efferding bei Linz in Oberösterreich zerschlug sich wieder, weil St. der österreichischen Regierung „als Fanatiker und Revolutionär“ denuncirt worden war. Ihm war vom Himmel ein wichtigerer Wirkungskreis beschieden. Die Gemeindevorsteher der deutschen lutherischen Kirche in der Savoy in London hatten sich an die Tübinger Facultät mit der Bitte gewandt, ihnen einen Prediger vorzuschlagen. Die Facultät empfahl St., der dann auf Grund seiner Probepredigt mit großer Mehrheit gewählt ward und sein Amt am 1. Advent 1801 antrat. Durch die schon von Basel aus angeknüpften Beziehungen trat er sogleich in enge Verbindung mit der englischen religiösen Tractatgesellschaft, wie mit der kirchlichen und Londoner Missionsgesellschaft. Zugleich aber leitete er diese religiösen Bewegungen nach Basel hinüber, wo sein Freund Blumhardt (s. A. D. B. II, 755) sein Nachfolger im Secretariat der Christenthumgesellschaft ward. Indem er das Interesse der Gesellschaft nun hauptsächlich auf die Heidenmission lenkte, gab er den Anstoß zu der 1815 erfolgten Gründung der evangelischen Missionsgesellschaft in Basel.

Es war in der wichtigen Sitzung der Londoner Tractatgesellschaft vom 7. Dec. 1802, der Steinkopf beiwohnte, daß der Gedanke einer die ganze Welt umfassenden Bibelgesellschaft aufgenommen wurde. St. erbot sich sofort zu einer [740] 1803 ausgeführten Reise in seine Heimath, um die dortigen Zustände zu prüfen, und als sodann in der Sitzung vom 7. März 1804 die britisch ausländische Bibelgesellschaft gegründet ward, waren es hauptsächlich Steinkopf’s ergreifende Darlegungen, welche die Bedenken der bischöflichen Geistlichen gegen die weiteste Ausdehnung der Gesellschaft unter Betheiligung von Baptisten, Independenten, selbst Quäkern herbeiführten. Neben einem bischöflichen und Baptisten-Geistlichen wurde als dritter Secretär St. für das Ausland gewählt. Was er in dieser Stellung geleistet und geschaffen hat, bildet ein hervorragendes Blatt in dem Ehrenkranz der Bibelgesellschaften. Indem er zugleich von 1808–19 das Amt eines auswärtigen Ehrensecretärs der Tractatgesellschaft bekleidete, wirkte er in wahrhaft großartiger Weise für beide Zwecke zugleich. Die erste größere Reise machte er vom Juni bis November 1812 mitten unter den Drangsalen des großen Krieges nach Dänemark, Schweden, Deutschland und der Schweiz, überall Bibelgesellschaften ins Leben rufend. Die ihm zur Verfügung gestellten reichen Mittel verwandte er zum Theil auch zur Verbreitung der katholischen Bibelübersetzung von van Eß. Eine zweite größere Reise durch Holland und die Schweiz unternahm er 1815. Auch diesmal ließ er van Eß, Goßner und Wittman in Regensburg die Summe von 1000 Pfd. Sterl. zukommen. Auf einer dritten Reise 1820 durch Frankreich, die Schweiz und Deutschland besuchte er über 40 von ihm gestiftete und unterstützte Bibelgesellschaften. Die zu sehr sich häufenden Arbeiten hatten ihn inzwischen 1819 veranlaßt, das Ehrensecretariat der Tractatgesellschaft niederzulegen. Nicht lange nachher aber war ihm der Schmerz beschieden, durch den Geist engherziger Orthodoxie, nämlich durch den 1825 ausbrechenden Apokryphenstreit aus seiner Thätigkeit verdrängt zu werden. Unter den gehässigsten persönlichen Angriffen ward der namentlich auch gegen den Druck der katholischen Bibeln gerichtete Streit durch zwei Jahre geführt, um mit dem Sieg der Apokryphenfeinde zu enden. Damit waren alle continentalen Bibelgesellschaften, welche die Apokryphen zuließen, von der englischen geschieden; St. legte 1826 sein Amt nieder. Er war aber eine viel zu selbstlose Natur, um sich deswegen von der Sache seines Herzens zurückzuziehen. Bis in sein höchstes Alter hat er ihr mit Rath und That gedient. Noch andere milde Stiftungen nahmen seine Zeit daneben in Anspruch. 1806 gründete er die „Gesellschaft für nothleidende Ausländer“ und noch 1845 betheiligte er sich an der Stiftung des deutschen Hospitals in London. – St. war ein Mann des Friedens und der Vermittlung, weitherzig anerkannte er das Gute wo er es fand und fühlte sich eins mit allen, die auf evangelischem Glaubensgrunde standen, welcher Kirche sie auch angehören mochten. Confessionelle Fragen traten ihm daneben ganz in den Hintergrund zurück. Ihm galt es unmittelbar den Glauben aus der heil. Schrift zu schöpfen und in das praktische Leben hereinzuleiten. Seinen Kanzeldienst versah er bis an sein Lebensende. Am 1. Advent 1851, am Jubiläum seiner 50jähr. Amtsführung, hielt er in frischer Kraft selbst die Festpredigt. Seine Gemeinde überreichte ihm bei dieser Gelegenheit einen bedeutenden Beitrag zu einer Waisenstiftung, die seinen Namen trägt. Fast noch acht Jahre nachher war es ihm vergönnt sein Amt zu führen. Von einer schweren Krankheit im Winter auf 1859 erholte er sich sogar noch einmal, predigte noch am Osterfest und den folgenden Sonntagen, dann entschlief er nach kurzer Krankheit sanft im 86. Lebensjahre. Seine Gattin, eine feingebildete Engländerin, mit der er in kinderloser, aber höchst glücklicher Ehe gelebt hatte, verlor er schon im J. 1851. Ein Verzeichniß seiner Schriften, meist Predigten, gibt die unten angeführte Biographie, der diese Skizze entnommen ist. Die Eingangs erwähnten Tagebücher scheinen leider von seinen Testamentsvollstreckern unverantwortlicherweise vernichtet zu sein.

[741] Dr. C. Schoell, Hofprediger an St. James in London: Karl Friedr. Adolf Steinkopf. (Blätter für Württ. Kirchengesch., 7. Jahrg. 1892.)