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ADB:Sutner, Josef

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Artikel „Sutner, Josef“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 202–204, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sutner,_Josef&oldid=- (Version vom 16. Dezember 2024, 05:52 Uhr UTC)
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Sutner: Josef S., Dichter, geboren am 18. März 1784 am Zellbach, nächst Dietramszell (Landgerichts Wolfratshausen) als der Sohn eines Klosterschmiedes und Schlossers; wurde, weil eines Fußübels wegen nicht zum väterlichen Handwerk tauglich, im Klosterseminar seiner Heimath und dann auf dem Gymnasium und Lyceum zu München gebildet. Da ihm die Mittel fehlten die Universität zu besuchen und ein Fachstudium zu absolviren, trat S. als Schreiber zu administrativen Aemtern und 1809 in provisorischer Eigenschaft in den Staatsdienst, verweilte in der Cameralpraxis im damaligen Regen-, Salzach- und Isarkreise, bis ihn endlich 1830 unter dem Finanzministerium des Grafen v. Armansperg eine definitive Anstellung erreichte, starb aber schon am 18. November [203] 1835 zu München. Beinahe ebenso treuherzig wie der arme Sülzbacher Weber und Meistersinger, Michael Beheim berichtet auch S., wie er die liebliche Kunst der Poesie gefunden habe: „In früher Jugend gewann ich Apollo lieb; er hieß mich einen Sohn der Natur, ein Kind der Wahrheit und schenkte mir seine Liebe. Zum Beweise seiner Gunst gab er mir eine Leier mit sieben metallenen Saiten: Die tiefe Baßseite war der Wahrheit geweiht, die zweite der Religion heilig, die dritte pries des Vaterlandes Ahnenwürde, die vierte Arkadien, die fünfte tönte der Liebe, die sechste den Gefühlen der Freundschaft und die siebente der Satyre und scholl durchdringend in die Ohren der maskirten Welt. Die erste Saite verstummte, weil ich meine Mitspieler, die sparsam in abgelegenen Winkeln zerstreut waren, nicht hörte; die zweite verscholl ohne Echo; die dritte überstimmte ein über die Gränzen des Vaterlandes gekommener Chor von türkischen Trommeln … die sechste schwieg, als mich im Unglücke meine ältesten Freunde verließen und dem Zeitgeist nachliefen … Gewöhnlich war meine Gemüthsstimmung der Vater dieser Laute; daher in früheren Jahren ein Forte, in den jüngeren Jahren ein melancholisches Piano vorherrschend ist. Der Patriot findet einige Eichenblätter und der Freund der Minne grüne Myrthenzweige … Ich habe mich nicht geschämt die Tugend zu preisen, wenn ich sie auch am Bettelstabe fand und das Laster zu geißeln, wenn es auch gemacht zu sein schien, Ehrfurcht gebieten zu wollen“ … Im J. 1822 erschien sein „Karl der Große“ betiteltes Gedicht in „drei Balladen“ (91 S. 8°, mit Anmerkungen und einer Abbildung der sagenhaften „Reismühle“ im Würmthale, gezeichnet von Buziger, gestochen von C. Schleich junior; in zweiter Auflage 1835, XVI u. 96 S. 8°). Darauf folgten die „Vermischten Gedichte“ (München 1824 bei Fleischmann), mit einem Titelbild nach Altmutter, gestochen von Schleich sen. und einer Vignette (Ansicht von München) gezeichnet von „Hanfstingl“ (sic) – dem nachmals so berühmten Lithographen –, gestochen von E. Schleich junior; die Dedication ist an die Kronprinzessin Elise Ludovika von Preußen gerichtet mit XXI Seiten; die folgenden Seiten 23–310 enthalten eine Anzahl Balladen (z. B. Heinrich von Kempten, Agnes Bernauer – mit „Porträt“ von J. M. Mettenleiter –, Isenbart Gf. zu Altdorf, Maria von Brabant, Hans Pienzenauer, Hans Dollinger, Ferdinand Gf. zu Arco u. s. w.), welchen (S. 311 bis 319) historische Anmerkungen beigegeben sind. Ein episches Gedicht „Theodo“ in 6 Gesängen wurde „auf Kosten des Verfassers gedruckt“ (München 1825, IX u. 198 mit histor. Anmerkungen, Titelblatt von J. M. Mettenleiter). Die „Vermischten Schriften“ (München 1828 bei W. Michaelis , 488 S. 8°) bringen des Dichters Porträt nach E. Buziger (1822), gestochen von C. Schleich sen. mit der Dedication an den durch seine Seltsamkeiten berühmten Freiherrn Theodor Hubert v. Hallberg-Broich (den sog. Eremiten von Gauting). Das Buch enthält als Nachlese zu den Vermischten Gedichten „Spaziergänge“ um München, an der Isar und Donau, über die Berge in das nördliche Italien und Verona; dazu „Gnomen“ und sehr harmlose „Satyren“ immer wieder mit Anmerkungen; allerlei Idyllisches und Prosaisches nebst patriotischen Anklängen (Vermählung des Herzogs Maximilian zu Tegernsee) und Balladen (die Türkenfahne in der Frauenkirche). Das Beste ist vielleicht die „An die Kanone“ gerichtete, freilich an Schiller’s Glocke erinnernde Dichtung. Sonst gebraucht S. mit großer Vorliebe den nach Christian Ewald v. Kleist’s (Frühling) Vorgang verlängerten Hexameter mit möglichster Mißhandlung von Metrum und Wohlklang der Sprache; anerkennenswerth sind auch einige Anklänge an die deutsche Mythologie, welche indessen noch so ziemlich in der Vorstellung und im Kostüm der Jeunesse dorée sich bewegen. Ein Cyclus von dreißig Sonetten ist „Plato’s Schüler der Liebe“ (München 1831, 36 Seiten 12°) betitelt und mit dem [204] Idealporträt seiner verklärten „Mira“ ausgestattet; der Ertrag von 250 Exemplaren dieses Büchleins war zum Besten eines Militärwaisenknaben bestimmt. Zur Verherrlichung seiner Heimath Dietramszell und zum Abschluß seiner poetischen Thätigkeit erschien „Der Minnesänger“ (München 1835, 76 S. 8°), eine „Legende mit zwanzig Liedern“ mit einem Titelbild nach A. Rhomberg (gestochen von Helmsauer), einer musikalischen Composition für Singstimme und Clavier von M. Lindmeir und der Dedication an die Gräfin Anna v. Arco-Valley geb. Gräfin Marescalchi. Außer diesen genannten poetischen Erzeugnissen verfaßte S. eine Abhandlung als „Vorschlag zur Gründung einer Wittwen- und Waisencasse für Staatsdiener und auch für andere Stände, welche daran freiwillig Antheil nehmen wollen“ (München 1833) und eine historische Denkschrift „Die Burgruinen von Wittelsbach“ (München 1834, 31 S. 4°), welche der glückliche Autor zur Nachfeier der Enthüllung des Nationaldenkmales zu Oberwittelsbach am 26. August 1834 auf dem Rathhaussaale zu Aichach vortrug. S. lieferte auch Beiträge zu den damals bestehenden Zeitschriften „Eos“, „Conversationsblatt“, zur „Bürger- und Bauernzeitung“ u. s. w. und konnte sich rühmen „der Wahrheit, der Kirche und dem Throne mit kräftigen Worten jederzeit gehuldigt zu haben“.

Vgl. s. Autobiographie in A. v. Schaden’s Gelehrtes München, 1834, S. 124. – Goedeke, Grundriß 1881, III, 775.