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ADB:Taxis, Anselm Franz Fürst von

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Artikel „Taxis (Thurn und Taxis), Anselm Franz Fürst von“ von Josef Rübsam in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 479–482, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Taxis,_Anselm_Franz_F%C3%BCrst_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 02:23 Uhr UTC)
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Taxis (Thurn und Taxis): Anselm Franz Fürst von Th. und T., geboren am 30. Januar 1681 zu Brüssel als der erste Sohn des nachmaligen Fürsten Eugen Alexander (s. S. 484), erhielt in der Taufe seinen Namen von dem Erzbischofe von Mainz und Protector des kaiserlichen Reichspostwesens, Kurfürsten [480] Karl Anselm von Ingelheim (1680–1695). Am 21. Februar 1715 belehnte Kaiser Karl VI. seinen „Erbgeneralpostmeister im Reich und Niederlanden auch lieben Oheimb und Fürst“ unter Berufung auf den Lehenbrief des Kaisers Matthias mit dem Generalate über die Reichsposten. – Die vom fürstlichen Hause mit größter Energie gemachten Anstrengungen, das während des spanischen Erbfolgekrieges verloren gegangene Generalat über die niederländischen Posten nach geschlossenem Frieden wieder zu erlangen, blieben lange Zeit erfolglos, obschon die Seemächte für die Ansprüche des Fürsten lebhaft eintraten. Am 23. Mai 1725 wurde dem Fürsten von Kaiser Karl VI. als dem Herzog von Burgund, Lothringen und Brabant ein Vertrag aufgezwungen, kraft dessen Anselm Franz die niederländischen Posten, welche, früherer Zusagen ungeachtet, mit den königlichen Domänen und Finanzen vereinigt worden waren, um eine jährliche Abgabe von 80 000 brabantischen Gulden pachtete, obwohl das fürstliche Haus im spanischen Erbfolgekriege den König Karl III. (VI.) zu Barcelona mit 300 000 Gulden unterstützt hatte. Am 14. März 1729 wurde die Pachtsumme auf 125 000 Gulden erhöht, und mußte Fürst Anselm Franz zudem noch auf das Capital von 300 000 Gulden sammt Zinsen ausdrücklich Verzicht leisten.

Am 18. März 1729 leistete der Fürst den vorgeschriebenen Eid in die Hände der Statthalterin der Niederlande, Maria Elisabeth, Erzherzogin von Oesterreich. Den Generalstaaten von Brabant machte damals Fürst Anselm Franz das Zugeständniß, daß die Directoren, Controlleure und anderen Beamten der Post aus den österreichischen Niederlanden gebürtig sein sollten. Auch versprach er, zur Hebung des Handels die Briefe aus Italien und Deutschland 12 Stunden früher nach Antwerpen vermittelst einer extraordinären Post befördern zu lassen, damit die Kaufleute von Antwerpen in den Stand gesetzt würden, mit ihren Handelsfreunden in England um ein gutes Stück früher in Verbindung zu treten, als dies den holländischen Handelshäusern möglich wäre. Zudem sollte der Fürst eine tägliche Verbindung zwischen den Niederlanden und Frankfurt a. M. ins Leben rufen, durch welche die Correspondenz in zwei und einem halben Tage befördert werden könne. Die Briefe aus der Schweiz und Piemont, sowie diejenigen aus Straßburg und den oberrheinischen Landen, welche zur Zeit am Sonntag einträfen, sollten bereits am Samstag ankommen, so daß eine Antwort auf dieselben noch an demselben Tage möglich werde. Die Ordinaripost von Hamburg sollte Mittwoch und Samstag eintreffen. Auch wurde die Einhaltung des Tarifs vom Jahre 1711 zugesichert.

Das Pachtverhältniß der niederländischen Posten, welches sich auf 25 Jahre erstreckte, ging auf den Sohn des Fürsten Anselm Franz, Alex. Ferdinand (s. o. S. 477), über. Kaiserin Maria Theresia überließ diesem Fürsten am 10. Februar 1753 die Verwaltung des niederländischen Postgeneralates auf weitere 20 Jahre und verlängerte späterhin durch Decret vom 29. Mai 1769 die Pacht nochmals auf 25 Jahre, und zwar vom 4. März 1774 an beginnend, jedoch unter abermaliger Erhöhung des Pachtschillings auf 135 000 Gulden flandrischer Währung und unter Beschränkung der den Postbeamten zustehenden Privilegien. Allein noch vor dem Ablaufe des Pachttermins fielen die niederländischen Posten, infolge des siegreichen Vordringens der französischen Revolutionsheere an Frankreich. Ihren Verlust für das Haus Taxis nach dreihundertjährigem Besitze besiegelte 1801 der Luneviller Frieden (Vgl. Karl Anselm v. Th. u. T., erster Artikel).

Ein besonderes Verdienst erwarb sich Anselm Franz durch die Einführung neuer, den Verhältnissen der Zeit angepaßter Verordnungen, welche eine bessere Verwaltung des fürstlichen Gesammtbesitzes anbahnten. Am 21. Januar 1719 wurde von ihm ein „Generalreglement“ aufgestellt, demgemäß die einzelnen Zweige der Verwaltung geschieden und verschiedenen Departements zugewiesen [481] wurden. Ein zweites Reglement aus dem Jahre 1723 ergänzte das erstere. An der Spitze des gesammten inneren und äußeren Dienstes stand der „conseil privé“, welcher zweimal wöchentlich in Gegenwart des fürstlichen Ehepaares zusammentrat und über alle wichtigeren Angelegenheiten berieth. Er überwachte zugleich die Amtsführung der Beamten und Bediensteten und hatte deren Streitigkeiten zu schlichten. Die Angelegenheiten des Hofes bildeten ein besonderes Departement. Auch die Erledigung der die Posten betreffenden Fragen war einem eigenen Rathscollegium zugewiesen. Alle Entschließungen des Fürsten sollten in einem geheimen Register verzeichnet werden. Mit besonderem Nachdruck befiehlt Anselm Franz die Entwerfung eines Generaletats über das gesammte Vermögen des fürstlichen Hauses, über die Posten, die Gehälter und Pensionen der Beamten. Diese durchgreifenden Reformen gaben der fürstlichen Verwaltung jene Stetigkeit, welche bei einem so ausgedehnten und immer verwickelter werdenden Geschäftsgang nicht entbehrt werden konnte, und sind grundlegend für alle späteren Organisationen des fürstlichen Dienstes geworden.

Mit der Regierung des Fürsten Anselm Franz beginnt die Periode der großen Landeserwerbungen des fürstlich Thurn und Taxis’schen Hauses auf deutschem Boden. Schon sein Vater, Fürst Eugen Alexander (S. 487), hatte der Hauspolitik diese Richtung vorgezeichnet, ohne jedoch eine passende Gelegenheit gefunden zu haben, sich im Deutschen Reiche fürstenmäßig anzukaufen. Anselm Franz, welcher entschlossen war, Sitz und Stimme auf der Fürstenbank des Reichstags zu erlangen, setzte diese Bestrebungen mit Beharrlichkeit fort. Zunächst erkaufte er am 19. August 1723 von Gottfried Anton Grafen v. Grafeneck die Reichsherrschaft Eglingen in Schwaben, und wurde am 30. September 1724 auf Grund dieser Erwerbung in das reichsgräflich-schwäbische Collegium aufgenommen. Am 19. August 1734 erkaufte der Fürst von Marquard Willibald Schenk Grafen v. Castell den Markt Dischingen und das Schloß Trugenhofen. Zwischen Dillingen und Nördlingen gelegen, wurde dieses Schloß, welches fast 150 Jahre lang die beliebte Sommerresidenz der Taxis’schen Fürsten blieb, seit dem 4. Juli 1819 Schloß Taxis genannt. Diese und andere territorialen Erwerbungen im schwäbischen Kreise konnten sich vollziehen, ohne daß die von Eugen Alexander in Aussicht genommene Veräußerung niederländischer Besitzungen des Hauses erforderlich gewesen wäre.

Im J. 1729 ließ Anselm Franz unter Leitung des italienischen Architekten dell’ Opera, fast ausschließlich durch Frankfurter Handwerksmeister, mit der Erbauung des fürstlichen Palais in der großen Eschenheimer Straße zu Frankfurt a. M. beginnen, welches der Familie abwechselnd mit Brüssel als Residenz diente. Dieses Gebäude war 1815–1866 der Versammlungsort des deutschen Bundestages und die Wohnung des präsidirenden Gesandten, und ging vom 1. April 1892, zunächst miethweise, an die deutsche Reichspostverwaltung über.

Am 8. November 1739 verschied Fürst Anselm Franz, Ritter des goldenen Vließes, Erb-General- und oberster Postmeister im Reich, Burgund und den Niederlanden, Graf v. Valsassina, Erbmarschall der Provinz Hennegau, Freiherr v. Impden, Herr der Herrschaften Wolferthem, Rossum, Meuseghem, Leerbeck, Braine-le-Château, Haut-Ittre, Eglingen u. s. w. in seinem 59. Lebensjahre zu Brüssel. Es ist das letzte der Taxis’schen Familienhäupter, welcher in der Kirche Notre Dame des Sablons daselbst beerdigt wurde. Aus seiner Ehe mit Maria Ludovica Anna Franziska, Herzogin in Schlesien zu Sagan, Fürstin zu Lobkowitz (die Vermählung fand zu Wien am 10. Januar 1708 statt), überlebten den Fürsten der Erbprinz Alexander Ferdinand (S. 477), Prinzessin Maria Augusta Anna, die Gemahlin des Herzogs Karl Alexander von Württemberg, Ritterin [482] des Schwarzen Adlerordens († am 1. Februar 1756), und Prinz Christian Adam Egon Joseph (S. 483).

Wauters, Les postes en Belgique avant la révolution Française. S. 19 ff. Paris. Bruxelles 1874. – Hymans, Bruxelles à travers les âges. S. 324 ff. Bruxelles (1882). – Faulhaber, Geschichte der Post in Frankfurt a. M. S. 111 ff. Frankfurt 1883. – Matthias, Ueber Posten und Postregale I, 134 ff. Berlin. Bromberg 1832. – Union postale universelle XIX. Heft Nr. 3 und 4. Berne 1894. – Krämer, Taxis’ Ehre. Vorrede S. II. Regensburg 1823. – Beschreibung des Oberamts Neresheim. S. 142 ff. u. 431 ff. Stuttgart 1872. – Hartenfels, Frankfurt a. M. und seine Umgebungen S. 82 u. 143. Frankfurt 1883.