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ADB:Theiß, Kaspar

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Artikel „Theiß, Kaspar“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 677–678, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Thei%C3%9F,_Kaspar&oldid=- (Version vom 17. November 2024, 16:25 Uhr UTC)
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Theiß: Kaspar Th., Baumeister, gehört zu den bedeutendsten deutschen Renaissancekünstlern. Trotzdem wissen wir über sein Leben nur sehr wenig. Er stammte vermuthlich aus der Mark und war der Sohn eines gewissen Mathies, da sein Name auch in der Form Thisius (und Theyß) vorkommt und Thies eine im Mittelalter häufig in Berlin sich findende Abkürzung für Mathies ist. Die erste sichere Nachricht, die wir für seine Wirksamkeit haben, stammt aus dem Jahre 1540. Wir hören, daß in diesem Jahr der regierende Bürgermeister und die Rathsherren von Spandau Th. den Auftrag ertheilten, die Spitze des 1537 durch den Blitz beschädigten Nicolaithurms wiederaufzurichten. In der betreffenden Urkunde wird Th. als „obrister Baumeister des angefangen Schlosses zu Berlin“ bezeichnet. Der Berliner Schloßbau begann aber kurz nach dem [678] Regierungsantritt des Kurfürsten Joachim II. im Jahre 1538. Es war die Absicht Joachim’s, die mittelalterliche Burg Friedrich’s II. zu einem stattlichen Residenzschlosse und Fürstensitz umzugestalten. Th. erhielt den Auftrag, die Pläne für das neue Schloß zu entwerfen, und lehnte sich dabei an das Muster sächsischer Schlösser, namentlich an das des Schlosses Hartenfels zu Torgau an, weshalb man auch angenommen hat, daß er in Sachsen geboren sei. Th. führte in Berlin vor allem einen neuen prachtvollen Hauptflügel auf, der sich von der Ecke des heutigen Schlosses an der Kurfürstenbrücke an bis etwa zum Portal gegenüber der Breiten Straße erstreckte. Auf der Hofseite aber brachte er einen mächtigen, ganz durchbrochenen Wendelstein an, der das Hauptdecorationsstück der Façade bildete. Der Wendelstein führte zu einem die ganze Länge des Schlosses einnehmenden Festsaal, über dessen ursprüngliche Decoration wir nichts Näheres wissen. Ebenso läßt es sich nicht feststellen, wie lange die Thätigkeit des Künstlers für das Schloß gedauert hat. Von den übrigen Schloßbauten in der Mark, an deren Errichtung er betheiligt gewesen sein soll, ist nur das nach Anlage und Ausführung höchst einfache Jagdschloß im Grunewald unversehrt auf uns gekommen, das Th., wie die Inschrift über der Eingangspforte besagt, in den Jahren 1542 und 1543 ausführte. In der Portalhalle desselben zur Rechten ist ein Relief angebracht, das Th. und seinen Collegen Kunz Buntschuh darstellt in dem Augenblick, wie ihm Kurfürst Joachim II. ein ungeheueres Trinkgefäß zum Willkommen darbietet. Nachrichten, die wir über ein Wohnhaus des Meisters in der Heiligengeiststraße in Berlin besitzen, legen die Vermuthung nahe, daß Th. um das Jahr 1550 gestorben ist. Er wurde auf dem Nicolaifriedhof begraben. Eine zwar seit langem schon verschwundene, aber in ihrem Wortlaut bekannte Grabschrift daselbst bezeichnete ihn ausdrücklich als den Erbauer des Joachim’schen Schlosses. Früher verlegte man das Ende des Th. erst ungefähr in das Jahr 1570. Auch wollte man ihm eine Zeit lang die Erbauung des Berliner Rathsstuhles, eines im J. 1555 neuerrichteten Theils des Berliner Rathhauses, zuschieben, weil man zwischen ihm und dem Berliner Schloß, sowie dem Jagdschloß im Grunewald große Aehnlichkeit fand.

Vgl. Das Berliner Rathhaus, Denkschrift, 2. Aufl. S. 10. Berlin 1862. – Ferd. Meyer, Berühmte Männer Berlins und ihre Wohnstätten, S. 1–4. Berlin 1875. – Peter Wallé im „Bär“ 1887, XIII, 380–331 und in der Sonntagsbeilage Nr. 49 zur Vossischen Zeitung 1886 Nr. 569. – R. Dohme, Das königliche Schloß in Berlin, S. 3–7. Leipzig 1876. – Berlin und seine Bauten, S. 79 und 378. Berlin 1877. – F. R. Steche, Hans von Dehn-Rothfelser, S. 15. Dresden 1877. – W. Lübke, Geschichte der Renaissance in Deutschland, 2. Aufl., S. 218, 224, 316. Stuttgart 1882. – R. Borrmann, Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin, S. 107, 259. Berlin 1893.