Zum Inhalt springen

ADB:Titius, Gottlieb Gerhard

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Titius, Gottlieb Gerhard“ von Ernst Landsberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 379–380, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Titius,_Gottlieb_Gerhard&oldid=- (Version vom 6. Oktober 2024, 19:54 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Titius, Gerhard
Band 38 (1894), S. 379–380 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Gottlieb Gerhard Titius in der Wikipedia
Gottlieb Gerhard Titius in Wikidata
GND-Nummer 117628131
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|38|379|380|Titius, Gottlieb Gerhard|Ernst Landsberg|ADB:Titius, Gottlieb Gerhard}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117628131}}    

Titius: Gottlieb Gerhard T., Jurist, ist geboren zu Nordhausen, wo sein Vater Johann gräflich Stolberg’scher Kanzler und Syndikus war, begann seine Studien 1680 in Leipzig, setzte sie während zwei und ein halb Jahren in Rostock fort und kehrte dann nach Leipzig zurück, wo sein weiteres Leben ganz verlaufen ist. Nachdem er 1688 die Doctorwürde erhalten hatte, begann er Vorlesungen an der Universität zu halten, wurde aber trotz des Erfolges derselben und trotz hervorragender litterarischer Leistungen nicht befördert, da er ganz im Geiste eines Pufendorf und eines Thomasius lehrte und schrieb, was damals in Leipzig noch verpönt war. Erst am 25. Februar 1709 wurde er Assessor der Juristenfacultät und erst 1710, durch die Intervention des von Thomasius zu seinen Gunsten angerufenen Ministers Grafen v. Flemming, Professor der Pandekten, dann aber noch in demselben Jahre Professor des Codex und Appellationsrath zu Dresden, 1713 auch Beisitzer des Leipziger Oberhofgerichts. Bereits am 10. April 1714, während er das Rectorat der Hochschule verwaltete, ist er gestorben. – T. ist als ein Lieblingsschüler des Thomasius, als einer der erfolgreichsten Verbreiter seiner Anschauungen zu betrachten, mit dem Hauptverdienst, durch sein geduldiges Ausharren in Leipzig dieselben dort schließlich durchgeführt zu haben. Persönlich zeichnet ihn eine scharf methodologisch-philosophische Begabung und Richtung aus, der gemäß das Geschichtliche bei ihm in den Hintergrund, in den Vordergrund dagegen die Bemühung tritt, den Rechtsstoff naturrechtlich zu bearbeiten und systematisch zusammenfassend zu ordnen. Im Naturrecht selbst hat er an Pufendorf festgehalten, auch als später Thomasius andere Wege ging. Als Vertreter humaner Anschauungen erscheint er besonders da, wo er gegen die, damals noch so üblichen, infamirenden Strafen sich äußert. Er hat eine sehr ausgedehnte und fruchtbare Lehrthätigkeit entwickelt, soll sich aber auch in den ihm seit 1709 zufallenden praktischen Arbeiten zum Staunen seiner Gegner bewährt haben. – Seine Hauptschriften sind: „Specimen juris publici Rom. germ.“ (Leipzig 1698), mit eigenem System, unter der Auffassung der deutschen Territorien als souveräner Staaten und Deutschlands als eines Staatenbundes. – „Das Deutsche Lehnrecht, durch kurze und deutliche Sätze vorgestellt“ (Leipzig 1699), die erste solche deutsche Darstellung, mit besonderer Benutzung der deutschen Quellen, äußerst erfolgreich, wie die große Reihe der Auflagen bis 1730 beweist. – „Observationes in Pufendorfii libros II de officiis hominis et civis“ (Leipzig 1703). Eine seiner fleißigsten und sorgfältigsten Arbeiten, in welcher er ganz seinen speculativen Neigungen nachzugehen in der Lage ist; eine gewisse Kritik in Einzelheiten ist nicht ausgeschlossen; hauptsächlich aber handelt es sich um Erläuterungen, Ergänzungen, Ausdehnungen. Diese Observationen sind als Noten in die Ausgaben des Pufendorf’schen Werkes selbst übergegangen und gelten seitdem (etwa 1715–1769) als nothwendiger Bestandtheil derselben. – „Eine Probe des deutschen geistlichen Rechts, zum Gebrauch protestantischer Staaten“ (Leipzig 1701, letzte Ausgabe 1741). In diesem Vorläufer der späteren großen Werke von J. H. Böhmer liegt der erste Versuch eines abgesonderten, aus seinen eigenen Quellen hergeleiteten, systematisch abgeschlossenen protestantischen Kirchenrechts vor uns, auf Grund der Ideen des Thomasius. Auch in seinem scharf ausgesprochenen Haß gegen alles weltlich-herrschsüchtige Wesen der Geistlichen [380] aller Confessionen, und im polemisch-satyrischen Stil zeigt sich hier T. als echter Jünger seines Meisters. – „Juris privati Rom. Germ. ex omnibus suis partibus compositi libri XII“ (Leipzig 1709, 1724); das umfassendste Werk des T., welcher hier Civil-, Staats-, Lehn- und Kirchenrecht in ein gewaltiges, aber wenig gelungenes System zusammenfügt und dabei überall den Grundsätzen des Naturrechts unterordnet. Trotzdem ist ein geringer Gesammtumfang erzielt, wol auf Kosten der Verständlichkeit, die unter starker Knappheit leidet. Deshalb auch hat das Buch mehr Bewunderung als Benutzung gefunden. – Außerdem hat T. zahlreiche Dissertationen geschrieben, welche gesammelt von Hommel zu Leipzig 1729 u. d. Titel, „Disputationes juridicae varii argumenti“, herausgegeben worden sind; die bedeutendsten unter ihnen mögen sein: Nr. 4: „De fictionum Romanorum natura et inconcinnitate“ von 1694; und Nr. 5: „De jure metallorum“ von 1695.

Programma funebre in den Leipziger Acta Eruditorum 1714 S. 391. – Vita von Hommel vor der genannten Ausgabe. – Jugler, Beiträge VI, 105–125. – Moser, Bibl. jur. publ. Germ. II, 483 fg., 491 fg. – Pütter, Lit. d. Deutschen Staatsrechts I, 299 fg. – v. Schulte, Geschichte und Literatur des kan. Rechts S. 80. – Gierke, Althaus S. 285, Note 80.