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ADB:Türckheim, Johann Freiherr von

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Artikel „Türckheim, Johann Freiherr von“ von Albert Krieger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 717–719, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:T%C3%BCrckheim,_Johann_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 21:51 Uhr UTC)
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Band 54 (1908), S. 717–719 (Quelle).
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Türckheim: Johann Freiherr von T., wurde am 10. November 1749 zu Straßburg geboren. Er stammte aus einer angesehenen protestantischen Bankierfamilie dieser Stadt und war der älteste Sohn jenes Johann v. T., [718] der 1782 von Kaiser Josef II. in Anerkennung seiner Verdienste um das deutsche Reich in den Reichsfreiherrnstand erhoben wurde; sein jüngerer Bruder war Bernhard Friedrich v. T., der als Gatte von Goethe’s „Lilli“ auch weiteren Kreisen bekannt geworden ist (s. A. D. B. XXXIX, 2 ff.). J. v. T. besuchte das Straßburger Gymnasium und widmete sich dann dem Studium der Rechtswissenschaft, das er mit einer Dissertation „de jure legislatorio Merovaeorum et Carolingorum Galliae regum circa sacra“ abschloß, die in zwei Abtheilungen 1771 und 1772 erschien. Größere Reisen, die er zu seiner weiteren Ausbildung unternahm, führten ihn nach Frankreich, der Schweiz und dem südlichen Deutschland. Nach der Rückkehr in die Heimath gründete er mit zwei gleichgesinnten Freunden, dem Dr. Johann Konrad Blessig und dem Ritter v. Bourgoing, eine philanthropische Gesellschaft, welche die Vorläuferin der großen philanthropischen Gesellschaft in Paris geworden ist (1775). Um die selbe Zeit begann er auch seine Laufbahn in den öffentlichen Aemtern seiner Vaterstadt. Er wurde Schöffe (1774), Rathsherr (1775), Ammeister (1776). 1779 trat er in die Kammer der XXI ein, der sogenannten „alten Herren“, und noch im gleichen Jahre wurde er Dreizehner; auch war er Mitglied des Collegiums der Oberkirchenpfleger (Collegium illustre). In allen diesen Aemtern erwarb er sich „durch unermüdliche Thätigkeit, entgegenkommende Dienstfertigkeit, vor allem aber durch Festigkeit und Gewandtheit, womit er das Interesse und die eigenthümliche Verfassung der Stadt in so manchen Conflicten mit den französischen Civil- und Militärbehörden zu vertheidigen wußte, eine Popularität, wie solche seit langer Zeit kein öffentlicher Beamter daselbst genossen hatte“. Sein anfänglich auf die Stadt Straßburg beschränkter Wirkungskreis erweiterte sich, als er 1787 von Ludwig XVI. in die auf Grund der Beschlüsse der Pariser Notablenversammlung neugeschaffenen Provinzialstände des Elsasses berufen wurde. Beim Ausbruch der französischen Revolution entsandten ihn seine Mitbürger in die Nationalversammlung. In dieser trat er mit Entschiedenheit für die Erhaltung der bisherigen eigenthümlichen deutschen Verfassung und der Rechte der Stadt Straßburg ein, für die er auch litterarisch zu wirken suchte, indem er eine Abhandlung veröffentlichte: „Mémoire de droit public sur la ville de Strasbourg et l’Alsace en générale“ (1789). Im übrigen gehörte v. T. nur wenige Monate der Versammlung an. Unmittelbar nach den Vorgängen des 5. und 6. October legte er, wenig befriedigt von dem Gang, den die Dinge nahmen, sein Mandat nieder. In einem gedruckten Berichte gab er seinen Wählern Rechenschaft über seinen Schritt; als erste Schrift über die Verhandlungen wurde dieser Bericht damals in Deutschland mit großem Interesse aufgenommen. Bald darauf verließ er Frankreich für immer und zog sich auf seine Besitzungen auf dem rechten Rheinufer im heutigen Großherzogthum Baden (reichsritterschaftlich ortenauische Herrschaft Altdorf, Rittergut Rohrburg, seit 1791 auch Herrschaft Orschweier) zurück. Hier eröffnete sich ihm in kurzer Zeit ein neues Feld für seine Thätigkeit. Nachdem er schon 1783 den Charakter eines nassau-usingenschen Geheimen Rathes erhalten hatte, wurde er 1796 von den sächsischen Höfen und Hessen-Kassel zum Gesandten beim fränkischen Kreise ernannt. Durch den ihm aus früherer Zeit befreundeten Prinzen Friedrich von Hessen, Oberst des elsässischen Regiments Hessen-Darmstadt, trat er in Beziehung zu dessen älterem Bruder, dem Landgrafen Ludwig X., nachmaligem ersten Großherzog von Hessen-Darmstadt, der ihm den Gesandtenposten beim Reichstag in Regensburg übertrug (1803) und ihn nach Auflösung des alten Reiches zu verschiedenen Unterhandlungen aus Anlaß der territorialen Veränderungen gebrauchte, sowie ihn zum Wirklichen Geheimen Rath ernannte. 1814 war er als Bevollmächtigter [719] des Großherzogs im Hauptquartier der alliirten Mächte; auch am Wiener Congreß nahm er theil, auf dem er für das Großherzogthum Hessen die Bundesacte unterzeichnete. Nachdem er dann 1819 noch einmal als Gesandter der Staaten, welche die spätere oberrheinische Kirchenprovinz bildeten, nach Rom gegangen war, zog er sich bald darauf, nunmehr siebzigjährig, vollständig von den öffentlichen Angelegenheiten zurück und verlebte den Rest seiner Tage auf seinem Gute Altdorf im Kreise der Seinigen, im Umgang mit alten Freunden und beschäftigt mit Studien mannichfacher Art. Hier verfaßte er die „Histoire généalogique de la maison Souveraine de Hesse depuis les temps les plus reculés jusqu’à nos jours“ (1819/20), nachdem er schon vorher „Tablettes généalogiques des illustres maisons des ducs de Zaehringen, marggraves et grands-ducs de Bade“ veröffentlicht hatte (1810), beides Werke, die für ihre Zeit nicht ohne Verdienst sind. Auch andere historische Aufsätze, Denkschriften u. dergl. hatte er früher schon niedergeschrieben, von denen sich einige namentlich mit der Lage und den Verhältnissen der Reichsritterschaft und insbesondere derjenigen in der Ortenau, in die er selbst 1790 eingetreten war, befaßten. v. T. starb am 28. Januar 1824. Aus seiner Ehe mit Johanna Klara Dorothea, geb. v. Seufferheld, die ihm im J. 1820 im Tode vorausgegangen war, entsprossen acht Kinder; durch sie ist er der Stammvater der älteren Linie der Familie v. T. geworden, welche auch als die badische oder ortenauische bezeichnet wird zum Unterschiede von der jüngeren oder elsässischen.

Badische Biographien II, 364 ff. – J. Rathgeber, Elsässische Geschichtsbilder aus der Revolutionszeit. Basel 1886, S. 187 f. – J. Rathgeber, Der große Markgraf (Karl Friedrich von Baden) und seine elsässischen Ratgeber. Straßburg 1887, S. 45.