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ADB:Uhse, Erdmann

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Artikel „Uhse, Erdmann“ von Max von Waldberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 449–450, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Uhse,_Erdmann&oldid=- (Version vom 20. November 2024, 16:31 Uhr UTC)
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Uhse *): Erdmann U., Polyhistor, ist am 1. December 1677 als der Sohn eines Handwerkers in Guben geboren, besuchte seit 1695 die Universität in Leipzig, wo er die Vorlesungen von Carpzov, Olearius, Günther, Mencke u. A. hörte, und wurde 1698 zum Magister der Philosophie promovirt. Am 3. Juni 1711 trat er sein Amt als Rector des Merseburger Domgymnasiums an, nachdem er vorher eine Berufung an das Rectorat in Thorn abgelehnt hatte. Hier lebte er in eifrigster Hingabe an seinen Beruf und widerstand selbst der Versuchung Professor an der Universität Leipzig zu werden. Nach 19-jähriger Amtsthätigkeit starb er am 5. September 1730.

[450] U. war einer jener, im ausgehenden siebzehnten und beginnenden achtzehnten Jahrhundert so häufig vorkommenden, Vielschreiber, deren reiche schriftstellerische Production im umgekehrten Verhältnisse zum litterarischen Werthe des Geleisteten stand. Es ist die Zeit, wo neben den in ihren Mußestunden schaffenden Poeten und den vom Bettel lebenden Casualdichtern sich ein Berufslitteratenthum zu entwickeln begann, ein Stand, dem es damals weniger um selbständiges Schaffen als um Massenveröffentlichungen compilatorischer Arbeiten zu thun war. Erdmann U. ist ein typischer Vertreter dieser Schriftsteller, die sich Namen und Nebenerwerb durch rastlose Beschäftigung der Druckerpressen zu schaffen bemüht waren. Von seinen frühesten Veröffentlichungen ist die „Kirchen-Historie des XVI und XVII. Jahr-Hunderts“ (Leipzig 1710) für diese Art litterarischer Thätigkeit besonders bezeichnend. v. Seckendorff’s Historia Lutheranismi, die Memorabilia ecclesiastica seculi XVII von Carolus, Jäger’s Historia ecclesiastica und Gottfried Arnold’s Kirchen- und Ketzerhistorie werden rücksichtslos ausgeplündert, was allerdings zeitgenössische Recensenten nicht hindert, das Werk „einiger wohlgerathener Zusätze“ wegen, sehr warm zu empfehlen. Von gleichem wissenschaftlichem Werthe waren sein „Leben der berühmtesten Kirchen-Lehrer und Scribenten“ (Leipzig 1710) und das „Leben der Röm. Kayser, Historie von Julio Caesare bis auf Carl den VI“ (Leipzig 1712) oder das „Leben der Könige in Frankreich“ (Leipzig 1710). Eine Reihe lexikalischer Arbeiten ohne selbständiges Gepräge schließt sich an, die aber alle nicht den nachhaltigen Erfolg hatten wie sein „Wohl-informirter Redner worinnen die Oratorischen Kunst-Griffe vom kleinesten bis zum größten durch kurze Fragen und ausführliche Antwort vorgetragen werden“, von dem 1727 die neunte Auflage erscheinen konnte. Hier werden in katechetischer Form Anweisungen zur Abfassung von Reden gegeben, aber von dem banausischen Geiste, der das ganze Werk durchweht, legen schon die beigefügten Musterreden Zeugniß ab, unter denen sich eine „Weihnachts-Andacht ohne R“ und eine „Leichen-Abdanckung ohne R“ für die „von Natur schnarrenden aber durch die Kunst lieblich-redenden Prediger“ finden. Auch sein „wohlinformirter Poet“ (Leipzig 1724) steht auf gleicher Höhe künstlerischer Anschauung und unterscheidet sich in nichts von den geistlosen öden Poetiken, denen U. in seinem Büchlein nachgestrebt hat. Eine Art praktische Beispielsammlung zu diesem theoretischen Werke, das in Form und Ausführung sich an den wohlinformirten Redner anschließt, lieferte U. in der, gegen 1400 Seiten umfassenden Anthologie „Des neueröffneten Musen-Cabinets aufgedeckte Poetische Wercke“ (Leipzig 1715), wo Gelegenheitsdichtungen jeder Art, für Hochzeiten sowol als für „Erbauung neuer Börsen, Zucht- Waisen- und andere Häuser“ für „Beziehung neuer Logementen“, „erlangte Majorennität“ u. dgl. veröffentlicht werden. Einzelne dieser Reimereien stammen wol von U. selbst, namentlich die von Merseburg datirten, aber die meisten flossen aus der Feder reimender Gelehrter, die sich U. durch den Abdruck ihrer Poesien zu verbinden wußte. Nur solchen Beziehungen hatte es U. zu danken, daß seine zahlreichen Veröffentlichungen so wohlwollende Aufnahme und er selbst so häufig ehrende Anerkennungen erlangen konnte, zu denen ihn seine mannichfachen litterarischen Leistungen ebensowenig berechtigen wie sein meist für den augenblicklichen Zweck zusammengerafftes Wissen, das er mit polyhistorischer Oberflächlichkeit ebenso rasch zu erwerben als zu verwerthen wußte.

F. Witte, Geschichte des Domgymnasiums zu Merseburg. II. Theil. Merseburg 1876.

[449] *) Zu S. 173.