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ADB:Vaudémont, Karl Thomas Prinz

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Artikel „Vaudémont, Karl Thomas Prinz“ von Karl Sommeregger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 737–738, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vaud%C3%A9mont,_Karl_Thomas_Prinz&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 16:16 Uhr UTC)
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Vaudémont: Karl Thomas Prinz V., kaiserlicher Feldmarschall, wurde 1670 als Sohn des Gouverneurs des spanischen Besitzes in Italien, Fürsten Karl Heinrich v. V., geboren. Er trat im J. 1689 in kaiserliche Dienste, focht in Ungarn, und im J. 1691 war es der einundzwanzigjährige Prinz, der die Siegesbotschaft von Szlankamen nach Wien bringen durfte. Der Kaiser ernannte ihn noch in demselben Jahre zum Inhaber des Cürassierregiments Prinz Holstein, welch letzterer in der Schlacht bei Szlankamen gefallen war. 1692 zum Generalmajor und 1695 zum Feldmarschalllieutenant befördert, wurde er 1696 in der Schlacht bei Olasch im Kampfe gegen die Türken verwundet. Nach seiner Wiederherstellung 1697 wurde V. mit einem starken Cavalleriedetachement in die insurgirten Gegenden Oberungarns entsendet. Mitte Juli traf er bei Tokay ein und fand die ganze Gegend in vollem Aufruhr. Ohne die geplante Vereinigung mit den brandenburgischen Truppen abzuwarten, ließ er 500 Dragoner und 400 Cürassiere absitzen und vertrieb die Rebellen nach kurzem Kampfe aus Tokay; am 17. Juli eroberte er ebenso Sàros-Patak im ersten Anlaufe und es gelang hauptsächlich seinem Muthe, den Aufstand vollständig zu localisiren.

In der siegreichen Schlacht bei Zenta am 11. September 1697 commandirte er das zweite Treffen und wurde für seine besonderen Verdienste in dieser Schlacht durch ein kaiserliches Handschreiben ausgezeichnet und zum General der Cavallerie ernannt. Noch im October desselben Jahres machte er freiwillig den Streifzug des Prinzen Eugen nach Bosnien mit und begleitete letzteren auch am 17. November bei seinem feierlichen Einzuge in Wien. Er nahm an allen wichtigen Conferenzen Eugen’s regen Antheil. Der Ausbruch der spanischen Successionsdifferenzen trennte Vater und Sohn nun auch der Gesinnung nach. Karl Heinrich blieb in Mailand und huldigte Philipp von Anjou, der Sohn aber hielt fest an seinem Eide zum Kaiser. Man hat aus diesem Umstande die Treue Karl Heinrich’s für seinen bourbonischen Herrn zu verdächtigen gesucht und die Vermuthung aufgestellt, er habe durch die Belassung seines Sohnes in kaiserlichen Diensten sich einen Rückzug auf kaiserliche Seite offen halten wollen. Zeitgenössische Schriftsteller wissen nichts von dieser Vermuthung, sie erzählen im Gegentheile von der tiefen Kluft, die sich aufgethan zwischen Vater und Sohn um der politischen Meinung willen, und Karl Thomas ist wahrlich nicht der Mann gewesen, sich durch irgend Jemanden und wäre es auch der eigene Vater, abwendig machen zu lassen von [738] dem Wege, den er für den rechten erkannte. Ein zeitgenössischer Schriftsteller sagt von dem tapfern Prinzen: „Er war beherzt mit seiner temperirten Hitze, verständig ohne Affection, hassete sein eigenes Interesse, um einer Treue gegen den Kaiser nachhängen zu können.“ Die wenigen Worte vermögen es besser als die weitestgehenden Charakterstudien, das hehre Band der edlen Freundschaft zu erklären, die Karl Thomas so eng verknüpfte mit dem Prinzen Eugen, mit dem Manne, dessen ganzes Leben auch nichts anderes war als hingebende Treue für das habsburgische Kaiserhaus.

Schon bei Beginn des spanischen Successionskrieges wurde V. mit dem Commando der im Lager bei S. Martino zurückbleibenden Truppen betraut. Am 31. October desselben Jahres überschritt V. mit seinem Detachement die Adda, wendete sich nach Albignano und es gelang ihm, völlig unbemerkt den Ort zu erreichen. Drei feindliche Cavallerieregimenter wurden von ihm vollkommen überrascht, geworfen und zersprengt; mehrere Officiere und 300 Mann fielen, 55 Mann wurden gefangen, 11 Standarten und ein paar Heerpauken erobert, 400 Pferde und fast die ganze Officiersbagage erbeutet. Sein eigener Vater entzog sich bei dieser Affaire nur durch die Flucht der Gefangenschaft. Im J. 1702 erstürmte Karl Thomas auf dem Rückmarsche von Cremona den wohlbefestigten Ort Bussetto, den Villeroy zum Schutze des Po-Ueberganges hatte besetzen lassen, nahm 152 Mann gefangen und erbeutete 6000 Säcke Hafer. – An dem siegreichen Ausgang der Schlacht von Luzzara nahm V., als die Infanterie Starhemberg’s bereits geworfen und durchbrochen war und die Gefahr auf das äußerste stieg, durch seinen glänzenden Cavallerieangrtff gegen den rechten Flügel der Franzosen den ruhmvollsten Antheil. 1703 war er Commandant der um Revere versammelten Truppen. Beim Ueberfall der Kaiserlichen auf das Corps Albergotti bei S. Pellegrino und Finale di Modena am 11. Juni führte er persönlich mit dem Pallasch in der Faust seine Cürassiere mitten in das Lager der ahnungslosen Franzosen, zerstreute die Truppen Albergotti’s und hierauf jene Murcy’s, welcher zu spät zur Verstärkung heranrückte. – Nach seiner im Februar erfolgten Beförderung zum Feldmarschall berief ihn Eugen, welcher das größte Vertrauen in Vaudémont’s Führertalent setzte, zur Uebernahme des Corps Trauttmansdorff nach Revere. Auf seiner Reise dorthin hatte V. noch die Republik Genua, die Herzoge von Lucca, Massa und Modena aufgesucht, um sie für die kaiserliche Sache günstig zu stimmen. V. räumte mit seinem Corps das rechte Po-Ufer und zog seine Truppe in Ostiglia zusammen. Dort mußte Prinz Eugen mit schweren Herzen V. den Auftrag geben, die Früchte eines zweijährigen ruhmreichen Krieges infolge mangelhafter Verbindungen und Ressourcen aufzugeben. In dieser für einen heldenmüthigen und entschlossenen Commandanten so traurigen Lage ereilte den Prinzen V. am 12. Mai 1704 in Ostiglia im 34. Lebensjahre der Tod. Nach einem kurzen Krankenlager raffte ihn das Fieber der Malaria dahin.

Acten des k. und k. Kriegsarchivs. – Feldzüge des Prinzen Eugen, herausgegeben vom k. und k. Kriegsarchiv. – Gauhe, Historisches Helden- und Heldinnen-Lexikon.