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ADB:Veldener, Johann

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Artikel „Veldener, Johann“ von Karl Steiff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 571–573, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Veldener,_Johann&oldid=- (Version vom 17. November 2024, 06:26 Uhr UTC)
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Veldener: Johann V., einer der frühesten Buchdrucker der Niederlande, der aber auch als Zeichner, Formschneider, Schriftgießer und Buchbinder in der Litteratur eine Rolle spielt. Ja noch mehr, auch der Utrechter Geschichtschreiber J. V. ist mit diesem Drucker identisch, wenn er, der erstere, wirklich existirt. [572] Aber so viel von demselben auch in der Geschichte der Historiographie und der Gelehrsamkeit die Rede ist – einen celeberrimus historiographus nennt ihn Burmann – er ist doch nur das Erzeugniß eines häufig vorkommenden Mißverständnisses. Die verschiedenen Geschichtswerke nämlich, die ihm zugeschrieben werden und z. T. in besonderer Ausgabe (von Boxhorn 1650) unter seinem Namen (Veldenaer) veröffentlicht worden sind, gehen auf ein in Utrecht 1480 gedrucktes „Boeck datmen hiet Fasciculus temporum“ zurück. Das ist aber nichts anderes als die niederländische Uebersetzung des bekannten Werkes von Werner Rolevinck und wenn in der Schlußschrift der Name Veldener’s vorkommt, so geschieht es doch nur mit einer Wendung, die auch sonst bei den von ihm hergestellten Druckwerken sich findet. Verfasser und Drucker sind also verwechselt und nicht einmal dafür hat man einen Anhaltspunkt, daß man, wie S. de Wind thut, V. als den Uebersetzer der Chronik betrachtet. Besser steht es mit dem Buchbinder V. Denn wenn ein Einband der Bibliothek im Haag, der zu einem Drucke Veldener’s von 1476 gehört und mit demselben gleichzeitig ist, in Lederpressung viermal den Namen: iohañes Veldener zeigt (s. die Abbildung bei Holtrop a. u. a. O. pl. 97 [33]), so ist diese Aufschrift nach Analogieen allerdings am ehesten dahin zu deuten, daß V. der Verfertiger des Einbands ist. Der reich verzierte Band ist dann zugleich eine schöne Probe von dessen Buchbinderkunst. Daß er auch Zeichner, Formschneider und Schriftgießer gewesen, das ist wenigstens die wahrscheinlichste Deutung einer – etwas phrasenreichen – Aeußerung von V. selbst, die in seiner Ausgabe der Epistolares formulae Maneken’s von 1476 (Vorrede) zu lesen ist. Sonach hätte dieser Meister alle zur Herstellung eines Buches gehörigen Zweige der Technik in einer Vollständigkeit vereinigt, wie man dies in jener Zeit wol selten findet. Im Mittelpunkt stand aber auch bei ihm der Buchdruck. Da er seine Drucke nur selten genau datirt hat, so kennt man zwar wohl alle Orte, an denen er sich mit seiner Presse aufgehalten hat, aber nicht die Dauer seines jeweiligen Aufenthalts. Datirte Drucke gibt es von ihm aus Löwen vom Jahr 1476, aus Utrecht von 1479–81 und aus Culenborg (in Geldern) von 1483. Campbell läßt aber V. in Löwen schon von 1473 an bis 1477 und, doch nur vermuthungsweise, wieder von 1484–87, in Utrecht von 1478–81, in Culenborg von 1483–84 thätig sein und schreibt dem erstgenannten Aufenthaltsort 19, dem zweiten 9, dem dritten 5 Drucke Veldener’s zu. Die frühere Annahme, daß dieser Meister ehe er in die Niederlande kam, in Köln gedruckt habe, ist durch Holtrop (a. u. a. O. S. 47) als irrig nachgewiesen. Zu der Zeit, in welcher man auf Grund eines Briefs, aber mit wenig Berechtigung, ihn sich glaubte in Köln denken zu müssen, 1474, war er nachweisbar schon in Löwen; denn er kommt schon 1473 in der dortigen Universitätsmatrikel vor. Letzteres ist auch der Grund, warum Holtrop Veldener’s Buchdruckerthätigkeit von 1473 an datirt. Hat er damit Recht, und es ist kaum daran zu zweifeln, so ist V. vielleicht der Prototypograph von Löwen, wie er dies jedenfalls auch von Culenborg, nicht aber von Utrecht ist. Seine Drucke gehören den verschiedensten Gebieten der Litteratur an; religiöse und Schulbücher wiegen übrigens vor. Verhältnißmäßig zahlreich sind die Schriften in niederländischer Sprache. Veldener’s Druckerzeichen besteht aus zwei Schilden, die von Laubwerk umgeben sind. Der linke Schild, bald weiß auf schwarzem Grund bald umgekehrt, zeigt ein Dreieck, das durch einen Quer- und einen senkrechten Strich getheilt und von drei Sternen umgeben ist, während an der Spitze drei griechische Kreuze sich finden. Der andere Schild enthält entweder das Wappen von Löwen bezw. Utrecht oder ist er, wie namentlich bei den Culenborger Drucken, leer. Noch völlig im Dunkeln sind die persönlichen Verhältnisse dieses Buchdruckers. Nur über seine Herkunft [573] hat man wenigstens eine Andeutung in dem oben erwähnten Eintrag der Löwener Matrikel, wo nämlich unter dem 30. Juli zu lesen ist: Johannes Veldener Herbipolensis dyocesis, in medecinis. Er stammte also aus der Würzburger Diöcese. Dort haben wir nun zwar in der Reichsstadt Schwäb. Hall den Namen V. gefunden und zwar als Name einer Patricierfamilie. Doch ist es zweifelhaft, ob unser Meister mit dieser zusammenhängt; sein Druckerzeichen hat wenigstens mit dem Wappen der Haller Veldener lediglich nichts zu schaffen. Nach der gewöhnlichen Annahme ist er mit der Erfindung Gutenberg’s in Köln bekannt geworden oder wenigstens von dort in die Niederlande gekommen. Das mag sein; in der Kölner Universitätsmatrikel kommt er aber nicht vor. Er ist wol überhaupt keiner der gelehrten Buchdrucker gewesen; möglich, daß er ursprünglich die Formschneidekunst geübt hat und wie mancher seiner Kunstgenossen von da zum Buchdruck übergegangen ist.

Vgl. Holtrop, Monuments typogr. des Pays-Bas au XVe siècle, 1868, p. 42 sq. 47. 109. 122 und die ebendort genannten planches sowie pl. 130. 132. – Campbell, Annales de la typographie néerland. au XVe siècle 1874 (Register); Suppl. I–III, 1878–89. – Bibliophile belge, année I, 1866, p. 57–59. – de Wind, Bibliotheek der nederl. geschiedschrijvers, deel I, 1835, p. 84 sq.Nagler, Künstler-Lexicon, Bd. XX, 1850, S. 51. – Sotheby, Principia typogr. vol. I. III., 1858 (Reg.). – Geschichte des Deutschen Buchhandels, Bd. I, 1886 (Reg.).