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ADB:Victor II. Friedrich

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Artikel „Victor II. Friedrich“ von Franz Kindscher in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 675–676, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Victor_II._Friedrich&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 05:34 Uhr UTC)
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Victor II. Friedrich, Fürst von Anhalt–Bernburg, geboren am 20. September 1700, † am 18. Mai 1765, Enkel von V. I. Amadeus, Sohn und Nachfolger Karl Friedrich’s, † am 22. April 1721, aus dessen erster Ehe mit Gräfin Sophie Albertine, Tochter von Graf Georg Friedrich v. Solms-Sonnenwalde, geboren 1672, vermählt 1692, † am 12. Juni 1708, war ein sehr guter Regent, der die auf Reisen gewonnenen Eindrücke und Lehren trefflich für sein Land verwerthete. Streitigkeiten mit der Hoym-Schaumburger Nebenlinie verbitterten ihm trotz einem Vergleich von 1727 lange sein Leben. Unerquicklich war auch das Verhältniß zur Gräfin v. Ballenstedt, geborenen Nüßler. Mit Kursachsen, Preußen, Stolberg und Cöthen einigte er sich über Grenzberichtigungen. Erfolglos betrieb er die Pflege der Seidenindustrie. Auf dem Mägdesprung legte er eine Papiermühle an, in Bernburg eine Branntweinbrennerei. Bei Dröbel wurde eine Furt für Saalschiffe gegraben zum Schutz des Dröbelschen Busches. Eine Fluthbrücke ward bei Waldau gebaut. Neben andern Bauten entstand 1745 das Regierungsgebäude, 1752 die neue bergstädtische Kirche in Bernburg. Die Saalschleuse ward gründlich ausgebessert, die Schlösser von Bernburg und Ballenstedt wurden mannichfach verschönert. Im Harz wurden die Wege gebessert. Die Bergwerke erwarb er von der Gesammtung allein für sich und hob sie bedeutend. Die Lehrerwittwen erhielten seit 1726 Pensionen. Feuerversicherung erfolgte 1751. Mit Preußen vertrug er sich wegen der Saalschifffahrt, wegen der Soldatendurchmärsche u. s. w. Der siebenjährige Krieg belästigte aber das Land ungemein. Der Fürst kaufte sehr viele Grundstücke an. Kurze Zeit 1743/53 bestand, weil sie sich nicht bewährte, städtische Accise in Bernburg. [676] Er kannte kein schöneres Vergnügen als zu jagen. Von 1721 bis März 1765 in zwei Folianten registrirte er meist selbst alle geschossenen, im Garn gefangenen, oder auf Auen gehetzten Hasen, die sonstigen Vierfüßler, die Reiher, Wachteln, Lerchen, Kuckuke, Fasanen, Rebhühner, Krähen u. s. w., Tauben, die er im Flug vom Wagen aus schoß. Die Masse Wild, die er in Vergatterungen hegte, schadete den Landwirthen sehr. Die Unzufriedenheit darüber führte 1752 im Harz und in Bernburg zu offenem Aufruhr, der aber gelind bestraft ward. Das Seniorat, das ihm am 6. August 1755 nach dem Tod August Ludwig’s von Cöthen zufiel, verwaltete er aufs sorgsamste den Landständen und den Nachbarländern gegenüber, wie er es von der Regierung seines Bernburger Antheils her gewohnt war, indem er z. B. aufs eifrigste bedacht war auf Verbesserung der Rechtspflege im Wechselrecht, bei Consensertheilungen, Injurienprocessen, Terminabänderungen, bei Kaufbriefen, Subhastationen, Inquisitionsprocessen, Geldstrafen anstatt Haftstrafen, Concursen, Wiederverheirathung von Wittwen, wegen der Depositengelder, Kriegscontributionen u. s. w. Seine von 1722 bis 1764 reichenden genauen Tagebücher in dreizehn Folianten bestätigen nur, wie gründlich er strebte, „ein braver ehrlicher Fürst zu sein, der bei altem Schrot und Korn hält“, bemüht, in seinem Lebenskreise durch Selbstsehen und persönliche unermüdliche Thätigkeit in specieller Controlirung seiner Beamten bei Ausführung seiner Befehle ein günstiges Urtheil bei Mit- und Nachwelt zu erringen, aber auch im Interesse von ganz Anhalt nach Kräften auch mit fremden Höfen immer in Fühlung zu bleiben. Er war zweimal vermählt: am 15. November 1724 mit Louise, Tochter des Fürsten Leopold von Dessau, geboren am 27. August 1709, † am 29. Juli 1732, und am 22. Mai 1733 mit Markgräfin Sophie Friederike Albertine v. Brandenburg-Schwedt, Tochter Albrecht Friedrich’s, geboren am 21. April 1712, † am 7. September 1750. Sodann verzichtete er in Ansehung der schon vorhandenen zahlreichen Nachkommenschaft und um seinem Nachfolger den fürstlichen Glanz zu conserviren, auf eine neue Vermählung. Die Genealogen berichten irrthümlich von einer solchen morganatischen, während er gerade Mißheirathen haßte. Er wählte aber seiner natürlichen Bedürfnisse halber eine Bettgenossin laut Pactums vom 14. (nicht 12. oder 13.) November 1750 in Jungfer Constantine (nicht Constanze) Friederike Schmied (oder Schmidt), ältester Tochter eines königlich preußischen Cassirers, der er dabei (nicht erst 1752) das Prädicat Madame de Bähr oder Frau v. Bähr verlieh, Mutter von Louise Friederike Wilhelmine v. Bähr, geb. am 20. Mai 1752, vermählt am 12. Nov. 1765 mit Graf Otto Heinrich Ludwig v. Solms auf Rösa und Schköna. Victor’s II. Nachfolger war Friedrich Albrecht, geboren 1735, vermählt 1763 mit Herzogin Louise Alberline von Holstein-Sonderburg-Plön, Senior seit 1789, † 1796, Bruder der letzten Fürstin von Zerbst, Friederike Auguste Sophie, † 1827, Vater der Fürstin Pauline von Lippe-Detmold, † 1820, und des vorletzten Herzogs Alexius Friedrich Christian von Bernburg, des Gründers von Alexisbad am Harz, † 1834.

Vgl. Lenz, Becmannus enucleatus folio p. 769 bis 785, quarto p. 1618 bis 1652. – Bertram-Krause, II, 624/632. – Cohn, Stammtafeln 153. – Kamill v. Behr, Genealogie Tafel 10. – Büttner, Anhalts Baudenkmäler Heft 1 u. 2. – Urkunden und Actenstücke des herzoglichen Haus- und Staatsarchivs zu Zerbst.