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ADB:Virdung, Johann

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Artikel „Virdung, Johann“ von Siegmund Günther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 9–10, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Virdung,_Johann&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 16:01 Uhr UTC)
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Virdung: Johann V., Astronom, geboren im letzten Viertel des XV. Jahrhunderts, † um 1550. Von den Lebensumständen des Mannes weiß man nur so viel, als er selbst hierüber in seinen Schriften mittheilt; sonst wird seiner nur selten Erwähnung gethan, und den neueren Geschichtschreibern der Astronomie, Mädler und Wolf, ist er sogar ganz unbekannt geblieben. V. stammte aus Haßfurt in (Unter-)Franken, machte wissenschaftliche Reisen durch Deutschland, Frankreich und Italien und wurde sogar nach Dänemark berufen, um dem Könige Christian II. die Genesis auszulegen. Daß er von Kopenhagen aus auch noch „ad alios Cimbriae regulos“ gekommen sei, berichtet er selbst. Ebenso spricht er von seinem Wirken in Krakau und Rom; wo er in Deutschland eine Wirksamkeit ausgeübt, ist nicht ganz klar; vielleicht zu Mainz, dessen Erzbischof er eines seiner Bücher widmete. Jedenfalls hatte er einen treuen Schüler in J. Curio (Hofmann), der von 1497 bis 1572 lebte und in Ingolstadt (?), Heidelberg und Mainz als Lehrer der Mathematik thätig war.

Die schriftstellerischen Leistungen Virdung’s, die aber eben damals mit sehr günstigen Augen betrachtet wurden, bewegten sich zumeist auf dem Gebiete der landläufigen Kalendermacherei und Astrologie. Er gab Prognostika heraus, und da ihm diese häufig nachgedruckt wurden, so brachte er beim Kaiser eine Klage ein und erwirkte sich auch ein Privilegium gegen den Nachdruck. Dasselbe ist beigefügt der „Practica deutsch uff das MCCCCC und XXIII. jare“ (s. l. e. a.), in welcher eine Art geographischer Sterndeuterei betrieben und jeder Gegend des deutschen Reiches ihr besonderes Schicksal geweissagt wird. Natürlich setzten ungewöhnliche Naturereignisse die Feder eines solchen Schriftstellers auch immer in regere Bewegung. So schrieb er selbständige Tractätchen über den Kometen von 1506, dessen „Geberung“ er nach Albumasar einer im Sternbilde der Jungfrau stattgehabten Conjunction von Mars und Jupiter zuschrieb, über die Sonnenfinsterniß des Jahres 1513 und über ein Nebenmondphänomen, das man in Württemberg beobachtet und wegen dessen anscheinend der Herzog dieses Landes die Ansicht des hervorragenden Sachverständigen eingeholt hatte. Auffallend ist, daß V. zuerst das Luftgebilde wissenschaftlich nach den Regeln der Optik zu erklären sucht, dann aber doch auch eine Menge von Vorbedeutungen diagnosticirt. Das zugleich umfassendste und bedeutendste Werk, welches er – mit Curio’s Unterstützung – lieferte, waren die für den „Edelberger“ (Heidelberger) Meridian berechneten „Tabulae resolutae“, wie sie damals zumal dem ausübenden Astrologen unentbehrlich waren. V. gibt an, daß er sich an die besten Vorbilder, an König Alfons, Peurbach, Regiomontan und an die Araber [10] gehalten habe; nach dem Urtheile von Kennern war das Tabellenwerk sehr nützlich, wenn auch hinsichtlich der Begründung etwas zu kurz gehalten.

Deschales, Cursus seu Mundus Mathematicus, 1. Band, Lyon 1590, S. 86. – Weidler, Historia Astronomiae, Wittenberg 1741, S. 363.