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ADB:Waldersee, Franz Graf von

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Artikel „Waldersee, Franz Graf von“ von Wilhelm Hosäus in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 696–698, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Waldersee,_Franz_Graf_von&oldid=- (Version vom 16. November 2024, 05:22 Uhr UTC)
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Waldersee: Graf Franz Anton Johann Georg v. W. wurde am 5. September 1763 zu Dessau geboren. Nach der Vermählung des Fürsten Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, dessen natürlicher Sohn er war, mit Luise Henriette Wilhelmine, Prinzessin von Preußen und Markgräfin von Brandenburg-Schwedt, kam er (am 5. September 1767, als er sein viertes Lebensjahr vollendet hatte) auf das fürstliche Schloß, um hier seine weitere Erziehung zu erhalten. Der kleine Hofstaat, der für ihn gebildet wurde, bestand „aus dem Informator, einem Lakaien und einem Waschmädchen“. Zum „Informator“ wurde auf Christian Fürchtegott Gellert’s Empfehlung der aus Goethe’s Leipziger Zeit bekannte, nachmalige Hofrath Ernst Wolfgang Behrisch berufen. Als im J. 1769 Erbprinz Friedrich geboren wurde, übernahm Behrisch die Aufsicht auch über diesen, bis im J. 1771 die Erziehung des „Junkers Franz“ dem jungen August Rode (später Geheimerath A. v. Rode) überwiesen wurde und Behrisch – bloß noch mit dem Religionsunterrichte Waldersee’s betraut – ausschließlich in die Stellung eines Erziehers des Erbprinzen eintrat. Nachdem in Dessau im J. 1774 das Basedow’sche Philanthropin gegründet worden war, nahm sowol der Erbprinz als auch W. am Unterrichte in demselben theil. Nach seiner vom Superintendenten de Marées vollzogenen Einsegnung wünschte W. in den preußischen Militärdienst zu treten, was ihm jedoch der Fürst im Hinblick auf seine zarte Gesundheit und im Interesse seiner weitern wissenschaftlichen Ausbildung nicht gestattete. W. blieb deshalb noch einige Zeit am Hofe, begleitete denselben wiederholt auf Reisen und begab sich darauf nach Berlin, um dort Vorlesungen zu hören. Im Hause des Buchhändlers Mylius, dessen Frau eine Schwester von August Rode war, wurde er mit der Dichterin Anna Luise Karschin bekannt, die ihn wiederholt besang und durch ihn Beziehungen zum Dessauer Hofe gewann. Im J. 1783 begleitete er den Hof auf der viel beschriebenen Reise zu Johann Kaspar Lavater und verlobte sich während derselben mit der nach dem früh erfolgten Tode ihrer Mutter gleichfalls am fürstlichen Hofe zu Dessau erzogenen Gräfin Luise Karoline Kasimire Sophie von Anhalt, Tochter des königl. preuß. Generals Grafen Albrecht von Anhalt und dessen Gattin Sophie geb. v. Wedel. Die Braut war noch sehr jung und so mußte schon aus diesem Grunde die Vermählung Waldersee’s auf Jahre hinausgeschoben werden. Gleichwol benutzte W. sofort die Zeit, sich eine selbständige öffentliche Stellung zu schaffen, und trat im J. 1784 als Assessor bei der Kammer in Breslau in preußische Dienste. Er wurde bald darauf zum königlichen Domänenrath befördert und im J. 1786 vom Könige in den Grafenstand erhoben. Endlich fand am 20. Mai 1787 seine eheliche Verbindung auf dem fürstlichen Schlosse zu Dessau statt. Das junge Paar verlebte nunmehr einige Jahre in Breslau, bis Graf W. im J. 1790 vom Fürsten nach Dessau zurückberufen wurde, um hier verschiedene Ehrenämter zu übernehmen. König Friedrich Wilhelm II. entließ ihn aus dem preußischen Staatsdienst mit dem Titel eines Geheimen Oberfinanzrathes. In Dessau wurde W. bald lebhaft von den Bestrebungen des Freiherrn v. Brabeck für Gründung eines chalkographischen Institutes in Anspruch genommen, und noch bevor dies Institut unter dem Namen einer „fürstlich Anhalt-Dessauischen chalkographischen Gesellschaft“ im J. 1796 in fürstliche Verwaltung überging, hatte er demselben schon 4000 Thaler vorgeschossen. In dem vom Fürsten der Gesellschaft vorgesetzten Directorium nahm darauf Graf W. die Stelle des Präsidenten ein, [697] während von den beiden andern Directorialmitgliedern der Freiherr Friedrich Wilhelm v. Erdmannsdorff speciell den artistischen Theil und der weimarische Legationsrath, Buch- und Kunsthändler Bertuch speciell den Debit zu besorgen hatte. Nach dem Tode des Herrn v. Erdmannsdorff (1800) trat Graf Bose an dessen Stelle und als sich im J. 1806 die Gesellschaft auflöste, hörte auch Waldersee’s Thätigkeit auf. Die künstlerischen Bestrebungen des Fürsten, der frühzeitige Verkehr Waldersee’s mit Behrisch und Rode, die beide schönwissenschaftlichen Studien geneigt waren und eine natürliche Geistesrichtung hatten W. schon längst zu dichterischen Arbeiten hingeführt. Jetzt, da die bisherigen amtlichen Beschäftigungen ganz zurücktraten, widmete er sich ungestört seinen Neigungen. W. war ein kühner Reiter und leidenschaftlicher Jäger, doch verbot ihm seine Kränklichkeit an den damals am fürstlichen Hofe zu Dessau mit Vorliebe gepflegten ritterlichen Vergnügungen, Parforcejagden u. s. w., theilzunehmen; da fand er Ersatz in seiner Phantasie und schuf das seiner Zeit vom Publicum sehr freundlich aufgenommene, in der Gegenwart mit Illustrationen neu herausgegebene poetische Werk „Der Jäger“ (Halle 1805). Der Erfolg ermuthigte ihn zu weiteren Versuchen. Später dichtete er auch eine Oper „Adelheid von Schroffeneck“, zu der der fürstlich anhalt-dessauische Musikdirector Leop. Karl Reinicke in Dessau († am 22. Octbr. 1820, Vorgänger des herzogl. anh.-dessauischen Hofcapellmeisters Friedrich Schneider) die Musik schrieb. Außerdem übersetzte er noch mehrere Tragödien Racine’s. Für Behrisch behielt W. stets eine herzliche Liebe und Verehrung und hob gern an demselben eine religiöse Seite hervor, die er an Rode vermißte. Als Behrisch, der seit dem Jahre 1790 fast alle seine Abende im Waldersee’schen Hause zubrachte, im J. 1809 starb, trat eine Lücke in Waldersee’s Leben ein, die nie wieder ganz ausgefüllt worden ist. Während der Zeit der französischen Invasion verwandte der Fürst den Grafen W. zu mannichfachen Sendungen in militärischen und diplomatischen Angelegenheiten, von denen hier nur die Sendung an die im J. 1814 in Paris vereinigten Monarchen von Preußen, Oesterreich und Rußland erwähnt werden mag. Mit dem Tode des Fürsten Franz (seit 1807 Herzog) im J. 1817 sank für W. der schönste Theil seines Lebens ins Grab: Herzogin Luise war 1811, der Erbprinz 1814, Behrisch 1809, Erdmannsdorf 1800 gestorben. Nur seine Familie bot ihm jetzt noch wahrhaft Freude und Trost. Und allerdings bot sie ihm dies in reichlichem Maße. Wie herrlich entwickelten sich seine hochbegabten Söhne, wie viel Erquickung boten ihm die Töchter, und mit welcher Treue und Sorgfalt pflegte seine edle Gemahlin den immer mehr von Krankheit und Schwäche heimgesuchten, vor der Zeit alternden Gatten! Uebrigens war und blieb ihm der Enkel und Nachfolger des Herzogs Franz, Herzog Leopold Friedrich, zeitlebens huldvoll zugethan und ernannte ihn bei seinem Regierungsantritt zum herzogl. Oberhofmeister, aus welchem Amte ihn am Mai 1823 der Tod abrief. Unter den fürstlichen Auszeichnungen, die W. im Leben erhalten, hatte für ihn der Johanniterorden, den ihm König Friedrich Wilhelm III. von Preußen verliehen hatte, einen besondern Werth. Bei seinem Tode hinterließ er seiner Wittwe, die am 4. April 1842 in Potsdam starb, sechs Kinder: Gräfin Luise, 1788–1880; Graf Franz, 1791–1873, zuletzt Gouverneur von Berlin und Ritter des Schwarzen Adlerordens, starb, nachdem er seinen Abschied genommen, in Breslau; Graf Eduard, 1793–1867, starb in Potsdam als Oberst a. D.; Graf Friedrich, 1795–1865, warf 1848 den Aufstand in Dresden nieder, war zuletzt preußischer Kriegsminister, und starb, nachdem er seinen Abschied genommen, in Potsdam; Gräfin Amélie, verheirathet mit General v. Lindheim, zuletzt commandirendem General des 6. Armeecorps in Breslau; Gräfin Marie, verheirathet mit Herrn v. Gayl, später Divisionär [698] in Trier, dann Commandant von Luxemburg, Gouverneur von Magdeburg, zuletzt General der Infanterie a. D. in Potsdam.