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ADB:Walther, Christoph Theodosius

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Artikel „Walther, Christoph Theodosius“ von Viktor Hantzsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 789–791, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Walther,_Christoph_Theodosius&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 16:20 Uhr UTC)
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Walther: Christoph Theodosius W., evangelisch-lutherischer Missionar in Indien, ist am 20. December 1699 zu Schildberg bei Soldin in der Neumark als Sohn des dortigen Pfarrers geboren. Da er seinen Vater bereits im 7. Lebensjahre verlor, kam er in das Haus seines Großvaters mütterlicherseits, des Pfarrers[WS 1] David Torfstecher in Gerlsdorf bei Soldin. Dieser ließ ihn anfangs durch Hauslehrer unterrichten und später die Lateinschulen der märkischen Landstädtchen Schönfließ und Königsberg besuchen. 1715 kam der Knabe in das Gymnasium zu Stargard, wo Christian Schöttgen, sein späterer Biograph, sein Lehrer wurde. Dieser wußte ihn für den Pietismus und die gleichfalls von Halle aus unterstützte Heidenmission in Trankebar zu interessiren. So vorbereitet zog W. 1720 nach Halle, um sich hier unter der Leitung August Hermann Francke’s dem Studium der Theologie und der orientalischen Sprachen zu widmen. Er gewann bald das Vertrauen Francke’s und wurde von ihm schon nach wenigen Monaten als Informator an das Waisenhaus, nach einem weiteren Jahre als Präceptor an das Pädagogium berufen. Auch die Professoren Anton, Breithaupt, Lange und Michaelis nahmen sich seiner in wohlwollender Weise an. Durch die in Halle herrschende theologische Richtung wurde er ganz für die Grundsätze des Pietismus gewonnen. Auf Francke’s Anregung faßte er den Entschluß, sein Leben der Heidenmission zu widmen. Er las deshalb eifrig die Halle’schen Missionsnachrichten und begann mit dem Studium der in Südindien weitverbreiteten portugiesischen Sprache. Dagegen schlug er mehrere ihm angebotene Hauslehrerstellen aus. Nachdem er den theologischen Cursus vollendet hatte, wurde er 1724 von Francke dem dänischen Missionscolleg empfohlen. Dieses berief ihn nach Kopenhagen, wo er nach wohlbestandener Prüfung und abgehaltener Probepredigt ordinirt und als Missionar verpflichtet wurde. Nachdem er sich von seinen Verwandten in der Mark verabschiedet und seine Angelegenheiten in Halle geordnet hatte, reiste er mit zwei Gefährten, Martin Bosse und Christian Friedrich Pressier, über Rotterdam nach London. Hier wurde er durch den deutschen Hofprediger Ziegenhagen der englischen Missionsgesellschaft, sowie dem König und den Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses vorgestellt. Nach kurzer und glücklich verlaufener Fahrt landete er in Trankebar, wurde von den dortigen Missionaren freundlich aufgenommen und betrieb zunächst unter ihrer Leitung das Studium der beiden Landessprachen, des Portugiesischen und des Tamulischen. Er arbeitete mit großem Fleiß, so daß [790] er bereits nach wenigen Monaten in der portugiesischen Schule unterrichten und gegen Ende des Jahres 1725 zum ersten Male vor der tamulischen Gemeinde predigen konnte. Ueber seine fast 15jährige segensreiche Missionsthätigkeit in Trankebar und Umgegend hat er in den Halle’schen Missionsnachrichten fortlaufend ausführlich Bericht erstattet. 1728 verheirathete er sich mit einer Verwandten des verstorbenen Missionars Gründler. Die 5 Kinder, welche dieser Ehe entsprossen, wurden ihm sämmtlich in früher Jugend durch den Tod entrissen. Als auch seine Frau starb, überfiel ihn düstere Schwermuth, die durch seinen eigenen andauernd hinfälligen Gesundheitszustand noch gesteigert wurde. Ein durch das ungünstige Klima veranlaßtes schleichendes Fieber zehrte jahrelang an seiner Lebenskraft. Als er alle Hoffnung, in Indien wieder gesund zu werden, aufgegeben hatte, entschloß er sich, nach Europa zurückzukehren. Am 15. October 1739 verließ er Trankebar und kam im Mai des folgenden Jahres zwar krank, aber voll Hoffnung auf Genesung in Kopenhagen an. König Christian VI., der ihn sehr schätzte, wollte ihm die Pfarrstelle im nahe gelegenen Christianshafen und die Leitung eines zu begründenden Missionsseminars übertragen, doch konnte er beide Aemter wegen allzugroßer Körperschwäche nicht antreten. Die milde Witterung des Sommers, den er in Dänemark verlebte, bekam ihm wohl, der nachfolgende außergewöhnlich rauhe Winter aber warf ihn wiederum aufs Krankenlager. Im Frühjahr 1741 besserte sich sein Zustand, so daß er nach Deutschland reisen konnte, um seine Verwandten und Freunde in der Mark und in Halle zu besuchen. Die lange und beschwerliche Postfahrt griff ihn aber derart an, daß er schwer fiebernd und völlig erschöpft in Halle ankam. Hier fand er im Hause Gotthilf August Francke’s Unterkunft und gute Pflege. Nachdem er sich einigermaßen erholt hatte, reiste er weiter nach Dresden, wo sein ältester Bruder lebte. Bei diesem traf er auch seinen alten Lehrer Christian Schöttgen, der mittlerweile Rector an der Dresdner Kreuzschule geworden war. Als er wenige Tage nach seiner Ankunft bei stürmischem Wetter ausging, erkältete er sich und wurde wieder bettlägerig. Da seine durch das andauernde Fieber geschwächte Lebenskraft nicht mehr Widerstand leisten konnte, starb er am 29. April 1741 im Hause und im Beisein Schöttgen’s.

W. hat sich nicht nur als Lehrer, Katechet und Prediger, sondern auch als Schriftsteller verdient gemacht. Seine erste Arbeit, eine unbedeutende, von Schöttgen beeinflußte „Dissertatio de Logo Filio Dei“ (Stargard 1720), ließ er gelegentlich seines Abgangs vom Gymnasium drucken. Wichtiger ist eine zweite Schrift, durch welche er eine gründliche Kenntniß der hebräischen Sprache an den Tage legte: „Ellipses Hebraicae, sive de vocibus, quae in codice hebraico per ellipsin supprimuntur“ (Halle 1724, neu herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von Christian Schöttgen Dresden 1740, abermals durchgesehen und verbessert von Christian Friedrich Schulz Halle 1782). In Indien half er den andern Missionaren bei der Revision und Herausgabe der tamulischen Bibel und des portugiesischen Gesangbuchs. Auch dichtete er mehrere geistliche Lieder und schrieb für die Halleschen Missionsnachrichten eine große Anzahl von Beiträgen. 1727 veröffentlichte er in tamulischer Sprache ein Gespräch zwischen einem Muhammedaner und einem Christen über das Wesen der wahren Religion. Für den Unterricht der Katechumenen verfaßte er unter dem Titel: „Rerum in Ecclesia inde ab orbe condito ad nostram usque aetatem gestarum notitia“, eine Geschichte des Reiches Gottes in tamulischer Sprache (Trankebar 1735). Eine aus vielen Werken der tamulischen Litteratur ausgezogene Abhandlung über die Zeitrechnung und das Kalenderwesen der Inder, „Doctrina temporum Indica“, sandte er im Manuscript [791] nach Europa. Siegfried Bayer ließ sie als Anhang zu seinem Werke Historia Regni Graecorum Bactriani drucken (Petersburg 1738). Seine letzte Schrift, die er kurz vor seiner Abreise nach Europa abschloß, war eine tamulische Grammatik, „Observationes grammaticae, quibus linguae Tamulicae idioma vulgare illustratur“ (Trankebar 1739).

Alte Halle’sche Missionsnachrichten, Bd. 2–6 (mit Bildniß im 4. Bd.). – Chr. Schöttgen, Vita et agon viri admodum reverendi Christophori Theodosii Waltheri. Halae 1742. – Chr. Schöttgen, Leben und letzte Stunden Herrn Chr. Th. Walthers. Halle 1742 (auch in der 50. Continuation der Halle’schen Missionsnachrichten abgedruckt). – Chr. Th. Walther, ev.-luth. Missionar in Trankebar in Ostindien und seine Zeit (Sammlung von Missionsschriften, hsg. von der ev.-luth. Mission zu Leipzig, Heft 4. Lpz. 1889). – Plitt-Hardeland, Gesch. d. luth. Mission I, 152 ff. Lpz. 1894.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Pfarres