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ADB:Weber, Johannes (Schweizer Generalleutnant)

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Artikel „Weber, Johannes“ von Emil Blösch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 308–310, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Weber,_Johannes_(Schweizer_Generalleutnant)&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 08:20 Uhr UTC)
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Band 41 (1896), S. 308–310 (Quelle).
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Weber: Johannes W., Generallieutenant, wurde am 2. November 1752 in dem Dorfe Brüttelen im Bernischen Seelande geboren, aus wenig begüterter aber angesehener Bauernfamilie, in welcher die Dorfvorsteherschaft, das hier sogenannte Meyeramt, seit langer Zeit sozusagen erblich war. Mit der dürftigen Schulbildung, die in solcher Lage möglich war, ausgerüstet, kam er mit 16 Jahren als Hausdiener zu einem Berner Patricier, der in der Nähe ein Landgut besaß, trat aber, seiner militärischen Neigung folgend, im J. 1770 in ein Berner Regiment im holländischen Kriegsdienst, wo er eine treffliche Schule echt soldatischen Geistes durchzumachen hatte und sich bei großer Strebsamkeit und natürlicher Begabung diejenige Bildung aneignete, welche ihn allmählich zur Officiersstellung befähigte. Der leichteren Beförderung wegen vertauschte er 1779 sein Regiment mit einem niederländischen und wurde nun, in seinen Eigenschaften erkannt, Regimentsadjutant, 1790 Hauptmann, 1793 Brigademajor, und beim Ausbruch [309] des Krieges mit Frankreich Stellvertreter des Generalquartiermeisters. Nach der Eroberung Hollands durch die Franzosen verließ er indessen den Dienst und kehrte 1795 in die Heimath zurück. Als aber die Eidgenossenschaft sich ebenfalls zum Kriege rüsten mußte, wurde der erprobte Officier aus seiner ländlichen Einsamkeit hervorgezogen und vom Oberbefehlshaber der Bernischen Truppen, Generallieutenant K. L. von Erlach (s. A. D. B. VI, 220), im Januar 1798 zu seinem Generaladjutanten berufen. Sein kühner Vorschlag, sofort zum Angriff zu schreiten und in Frankreich einzufallen, konnte freilich bei der damaligen politischen Lage keine Zustimmung finden, da man immer noch durch Nachgiebigkeiten den Krieg zu vermeiden hoffte. So verstrich die günstigste Zeit, so verdarb die trefflichste Stimmung der Milizen. Von zwei Seiten rückten indeß die Franzosen immer näher und begannen, immer noch unterhandelnd, die Feindseligkeiten. W. stand zuerst bei demjenigen Theile der Bernischen Armee, welcher den vom Jura her, über Biel und Solothurn, anmarschierenden Feind aufhalten sollte. Dem Befehle des Obersten Rudolf von Graffenried unterstellt, hatte er thatsächlich die ganze Last der militärischen Anordnungen zu tragen, sah sich aber durch die herrschende Verwirrung und widersprechende Weisungen der obersten Staatsleitung so sehr gehemmt, daß trotz einiger glücklicher Gefechte ein Erfolg nicht zu erringen war. Nachdem Solothurn sich ergeben, blieb nichts anderes übrig, als der Rückzug nach Bern zum unmittelbaren Schutze dieser Stadt. Jetzt, am 4. März 1798, trat W. denjenigen französischen Truppen entgegen, die aus dem Waadtlande und von Freiburg heranzogen. Es waren Kerntruppen aus den italienischen Feldzügen, und schon hatten sie den Uebergang über die Sense erzwungen, die wenig zahlreichen und schlecht geführten Berner geschlagen, als es W. gelang, nur durch seinen persönlichen Einfluß, durch das Vertrauen, das er einzuflößen verstand, die Fliehenden wieder zum Stehen zu bringen. Nur noch zwei Stunden von Bern entfernt, vermochte er einige der zersprengten Schaaren zu sammeln und sie zu dem Rufe zu begeistern: „Wenn Alles flieht, so wollen wir allein halten und zeigen, daß noch Schweizer sind!“ – Mit kaum 1600 Mann trieb er in wüthendem Ansturm die Franzosen in die Flucht und warf sie bei dem Dorfe Neuenegg über die Sense zurück. Eben war der schwere Sieg errungen, als die Kunde anlangte, daß unterdessen die Hauptstadt, von der andern Seite angegriffen, sich dem Feinde übergeben habe. In zorniger Verzweiflung riefen die Braven: „Die Schlacht gewonnen, das Vaterland verloren!“ Alles lief jetzt auseinander und auch W. kehrte nach Hause zurück. Hatte derselbe auch dem Namen nach nicht den Oberbefehl, so ist doch kein Zweifel, daß ihm allein das Verdienst dieses Sieges gebührt, der freilich jetzt ausschließlich moralischen Werth haben sollte. Erst im Anfang des folgenden Jahres trat W. neuerdings in Thätigkeit. Die neubegründete helvetische Republik hatte eine Armee von 18 000 Mann zu stellen, freilich – so war das Verhältniß damals – unter französischen Obergeneralen. W. nahm zu Anfang 1799 die Führung einer Halbbrigade an, die ihm angeboten wurde. Beständige Reibungen mit den Franzosen, die er nicht liebte, bewogen ihn bald, diese Stellung wieder zu verlassen; als indessen der Krieg gegen Oesterreich begann, erhielt er wieder, im März 1799, als Generaladjutant den Befehl über eine Brigade helvetischer Truppen, welche in der Ostschweiz, in der Gegend des Oberrheins und der Thur, den Uebergang des österreichischen Heeres über den Rhein zu verhindern die Aufgabe hatte. Während der Erzherzog Karl bei Schaffhausen den Schweizer Boden betrat, drang gleichzeitig General Hotze oberhalb des Bodensees über die Grenze, und am 24. Mai gelang die Vereinigung beider Armeen. Massena schritt trotzdem zum sofortigen Angriff; es kam in der Nähe von Frauenfeld zu einem Gefecht, und hier wurde W., der seiner Abtheilung [310] voransprengte, aus dem Hinterhalte von der Kugel eines Scharfschützen in den Kopf getroffen. Nach Frauenfeld getragen, starb er unter schweren Zuckungen am 25. Mai im gleichen Augenblicke, da die siegreichen Oesterreicher Frauenfeld zu besetzen anfingen. Am Tage zuvor hatte ihn die helvetische Tagsatzung als Obergeneral an die Spitze sämmtlicher schweizerischen Truppen gestellt; die ehrenvolle Nachricht erreichte ihn nicht mehr. Es zeugt für das Vertrauen, welches er genoß, daß man nach seinem Tode auf die Wahl eines Nachfolgers verzichtete und die schweizer Milizen jetzt unmittelbar der Leitung der französischen Feldherrn überließ. Massena erklärte in seinem amtlichen Berichte, daß er den Tod Weber’s als einen unersetzlichen Verlust betrauere; obwohl derselbe im Rufe aristokratischer Grundsätze gestanden, habe er, Massena, nie etwas anderes von ihm erfahren als die ersprießlichsten Dienste. Auch der spätere Marschall Soult, der bei Frauenfeld an Weber’s Seite gefochten, erwähnt seiner in den rühmendsten Ausdrücken. W. war eine ungewöhnlich stattliche, hochgewachsene und männlich-schöne Erscheinung; in den feinen, fast sanften Zügen erinnerte nichts an den ländlichen Ursprung; er besaß in hohem Grade die Gabe, nach oben Achtung und nach unten Liebe und Verehrung einzuflößen.

General Joh. Weber, von Bernhard Zeerleder von Steinegg, mit Noten herausgegeben von Dr. Ed. Bähler im Berner Taschenbuch 1867, mit lith. Bildniß. – Bähler, Ed., Der Tag bei Neuenegg, 2. Aufl., Bern 1866. – Müller, Karl, Die letzten Tage des alten Bern. Bern 1889. – v. Rodt, Bernische Kriegsgeschichte. Bd. II. – Bähler, Ed., Die letzten Tage des alten Bern im Kampfe gegen Brune’s Armee 1798. Biel 1895 mit Karte. – Im übrigen sämmtliche Darstellungen der Schweizer Revolution von 1798. – Amtl. Aktensammlung der helvet. Republik. Herausgegeben von Strickler. Bd. IV.