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ADB:Weckherlin, August von

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Artikel „Weckherlin, August von“ von William Löbe in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 373–375, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Weckherlin,_August_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 08:27 Uhr UTC)
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Weckherlin: August v. W., Geh. Rath, hochverdienter Vorkämpfer um die Landwirthschaft, der namentlich den König Wilhelm von Württemberg bei dem schwierigen Werke, die damalige noch ganz junge Landwirthschaftswissenschaft zu fördern, mit Rath und That unterstützte, war geboren 1794[1] zu Stuttgart † am 18. Dec. 1868 daselbst. Er begann 1814 mit dem Studium der Landwirthschaft in Hofwyl unter v. Fellenberg, Schwerz und Schüller. In Hofwyl lernte ihn der damalige Kronprinz Wilhelm von Württemberg kennen. Als derselbe 1816 den Thron bestieg und neue Pläne für Hebung der Landwirthschaft gefaßt hatte, berief er zur Unterstützung seiner Zwecke noch in demselben Jahre v. W. in seine Dienste. Die Umgestaltung, meisterhafte Einrichtung und Leitung der landw. Betriebe auf des Königs Privatdomänen Weil, Scharnhausen, Kleinhohenheim, Seegut, Achalm etc. bildete das erste größere Unternehmen von W., und er erwarb sich dafür die volle Anerkennung nicht nur des ihm persönlich befreundeten Königs, sondern auch die aller landw. Autoritäten. Diese Gutswirthschaften wetteiferten mit der damaligen neu gegründeten Akademie Hohenheim und wirkten von Jahr zu Jahr in immer weiteren Kreisen anregend und fördernd auf die Landwirthschaft, namentlich auf die Hebung der Viehzucht und des Futterbaues. Das darüber veröffentlichte Werk „Landwirthschaftliche Beschreibung der königlich. Besitzungen Weil, Scharnhausen etc.“ (1825) enthält die Ergebnisse der Wirthschaften und der vielen in ihnen angestellten Versuche und macht die gewonnenen reichen und nützlichen Erfahrungen zum Gemeingut. Zu fortdauerndem Studium und zur Sammlung reicher Erfahrungen in der Landwirthschaft und dem landw. Gewerbe betraute ihn der König mit ausgedehnten Reisen nach Sachsen, Preußen, Mecklenburg, Holstein, Belgien, Holland, Italien, Oesterreich, Frankreich und England. Wie v. W. eines der thätigsten Mitglieder der Centralstelle der Landwirthschaft für Württemberg war, so war er es auch bei vielen gemeinnützigen Unternehmungen, z. B. als Vorstand des Weinbauvereins und der württembergischen Privateisenbahn-Gesellschaft, bei großen Bodenentwässerungen und Kultivirungen, z. B. des über 6000 Meter großen Oschatzer Riedes, in dessen oberem Theil König Wilhelm die Colonie Wilhelmsdorf gründete. Von der Regierung wurde v. W. u. A. beauftragt die Mittel und Wege anzugeben, wie die so wichtige Rindviehzucht des ganzen Landes entsprechend verbessert werden könne. Er legte seine Vorschläge in einer besonderen Schrift nieder: „Die Rindviehzucht Württembergs“, 1839, der schon früher vorhergegangen war das Werk: „Abbildungen des Rindviehs und anderer Hausthierrassen auf den Privatgütern des Königs von Württemberg“, 1828–34. Beide Schriften bildeten die Richtschnur für die Maßnahmen der Verbesserung und Veredelung der Rindviehrassen, wodurch insbesondere auch die landw. Bezirksvereine ins Leben gerufen wurden. Der so befriedigende Stand der Rindviehzucht in Württemberg wurde auf dem v. W. vorgezeichneten Wege erreicht und dadurch der Volkswohlstand bedeutend gehoben. Zum Director der land- und forstwirthschaftlichen Akademie Hohenheim berufen, wirkte er in den Jahren 1837–45 vielfach reformirend und bahnbrechend. Die Anstalt erlangte unter ihm eine zuvor nie erreichte Frequenz. Zu den beiden Hauptanstalten Hohenheims, der Akademie und der Ackerbauschule, wurde von ihm ins Leben gerufen eine Gartenbau-, Wiesenbewässerungs-, Flachsbereitungsschule, die Verbindung eines Forstreviers mit der forstlichen Anstalt und die Ausdehnung der technischen Werkstätte auf landw. Gewerbe. Die bei dem langen Aufenthalt in England gewonnenen Erfahrungen wollte er auch für die deutschen Verhältnisse nutzbar gemacht wissen. Sein als Preisschrift gekröntes, in 3 Auflagen erschienenes Buch „Ueber englische Landwirthschaft“ ist ein bleibendes Zeugniß hierfür. In demselben waren schon die neuesten Verbesserungen vorgeschlagen, welche sich erst [374] im Laufe der folgenden Jahrzehnte allmählich in Deutschland Bahn brachen. Bald darauf wurde sein classisches Werk „Ueber landwirthschaftliche Thierproduction“, 4. Aufl. 1865, der Oeffentlichkeit übergeben, welches, wie das über englische Landwirthschaft, in mehrere fremde Sprachen übertragen wurde. Mit großem Bedauern sah König Wilhelm einen Mann von solcher Bedeutung aus seiner Stellung und aus dem Lande scheiden. Aber weder des Königs Wunsch noch die allgemein anerkannten Leistungen vermochten der Bureaukratie eine von ihm gewünschte selbständigere Stellung an der Akademie Hohenheim abzuringen. Dieses war der Grund, weshalb v. W. einem Rufe des Fürsten von Hohenzollern zum wirklichen Geheimrath, Chef der Hofkammer und der gesammten Domanialverwaltungen in Schweden, Holland, Böhmen, Schlesien, der Schweiz, am Rhein folgte, wo er ein weites, dankbares Feld für seine rastlose Thätigkeit fand, durch welche er in kurzer Zeit die Revenuen aus allen diesen Herrschaften auf das Doppelte brachte, da er in alle Branchen reformirend und verbessernd eingriff. Als der Fürst von Hohenzollern später seine Souveränität an Preußen abtrat, da war es ganz besonders v. W., der diesen Entschluß zur Ausführung bringen half. Als Lehrer und Schriftsteller gewann v. W. einen weit über Deutschlands Grenzen hinausreichenden bestimmenden Einfluß auf die Entwicklung der Landwirthschaft in den 1840er Jahren. Die von ihm in England gesammelten Beobachtungen und Erfahrungen trugen seiner Zeit nicht wenig dazu bei, der bald darauf in ganz neue Bahnen einlenkenden Ackerbauchemie, insbesondere auch der dadurch ganz erschütterten und umgestalteten Düngerlehre, bei den praktischen Landwirthen Anerkennung und Eingang zu verschaffen, insoweit die v. W. darüber gegebenen Anhaltepunkte aus der Praxis mit den von Liebig aufgestellten Theorien zusammen trafen. In der schon in den 1840er Jahren von v. W. vorausgesehenen und in seiner englischen Wirthschaft empfohlenen Richtung schritt die deutsche Landwirthschaft vorwärts in reichlicher Düngung des Bodens, überhaupt im grundsätzlicheren Ersatz der demselben entzogenen Kraft; in Läuterung der mit vielen Irrlehren behaftet gewesenen Lehre von den Wirthschaftssystemen, deren Wesen W., wie keiner vor ihm, praktisch klar auseinandersetzte; in Einräumung einer weit größeren Wichtigkeit der Viehzucht jeder Art und deren Verbesserung durch stark zu vermehrenden Futterbau, für welchen letzteren v. W. insbesondere dem von ihm als Kleegroßschläge bezeichneten Futterbau auf vervollkommnete englische Weise zum großen Vortheile der landw. Betriebe allgemeinen Eingang verschaffte; endlich in der von ihm so eindringlich empfohlenen und zuletzt auch zur Geltung gebrachten Erkenntniß, daß sich in Deutschland die Erträge aus der Viehzucht gegenüber denen aus der Pflanzenproduction doch immer günstiger und so stellen würden, daß für Deutschlands Landwirthschaft die Steigerung der Thierproduction und der Reinertrag derselben mit zum Hauptstreben erhoben werden müsse. Deshalb suchte er in seiner Thierproductionslehre zu zeigen, einer wie immer weiter zu steigernden Vervollkommnung die Thierzucht und deren Ertrag fähig sei. Wie die Hauptepochen im Umschwunge des Ackerbaus sich von A. Thaer und dann von Liebig datiren, so hat v. W. für den anderen Haupttheil, die immer wichtiger gewordene Thierproduction, das Meiste gethan. Seine Entwicklung einer Thierproductionslehre führte auf dem Gebiete der Thierzucht und für deren wachsende Wichtigkeit und Aufnahme in die Wirthschaftssysteme zu einer ebenso erfreulichen Bewegung nach vorwärts, zu einem ähnlichen Umschwunge im rationellen Betriebe darin und der Landwirthschaft überhaupt, wie die Werke Thaer’s und Liebig’s im Bereich der Pflanzenproduction; v. Weckherlin’s Thierproductionslehre trug besonders dazu bei, daß sich Chemiker und Physiologen angeregt fühlten, auch die Thierproduction zum Gegenstand ihrer eifrigen Forschungen zu machen, so daß die schon vor Jahrzehnten von ihm begonnenen Fütterungsversuche später in den Händen practischer Agriculturchemiker [375] Resultate lieferten, welche von unberechenbarem Nutzen für die Landwirthschaft wurden.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 373. Z. 4 v. o. l.: 8. März 1794. [Bd. 45, S. 675]