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ADB:Wedderkop, Magnus von

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Artikel „Wedderkopp, Magnus von“ von Magnus von Wedderkop in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 387–390, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wedderkop,_Magnus_von&oldid=- (Version vom 16. November 2024, 09:27 Uhr UTC)
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Wedderkopp: Magnus v. W. (jetzt geschrieben Wedderkop), wurde am 26. October 1637 zu Husum als der älteste Sohn Henning Wedderkopff’s und seiner Ehefrau, Anna, geb. Andersen geboren.

Seine Vorfahren hatten, so besagt der ihm erneute Adelsbrief, „einige hundert Jahren als gute Edelleuth in Braband und Geldern sich aufhaltend bei denen Herzogen zu Burgund und Geldern, wie auch den Königen zu Hispanien etc. etc. in vornehmen Kriegs und Civilbedienungen willige Dienste erzeigt“. Joachim v. W., Obristlieutenant in Philipp’s II. Heer, verließ seines Glaubens wegen sein Vaterland und zog nach Franken, wo auch sein Sohn verblieb. Joachim’s Enkel Henning war Magnus’ Vater. Derselbe entsagte dem in Wallenstein’s Reiterei als Lieutenant geleisteten Dienst und ließ sich in Husum nieder, und trieb dort einen Handel „mit Kupfer und anderen Sachen“.

Magnus besuchte die Stadtschule in Husum und dann die Gelehrtenschule in Lübeck. Seinen Unterhalt mußte er sich theilweise durch Musikunterricht gewinnen. Zu akademischen Studien der Philosophie und der Rechte ging er nach Helmstedt, nach kurzer Zeit aber schon für drei volle Jahre nach Jena. Nebenbei lernte er die französische Sprache völlig beherrschen.

Im J. 1661 übernahm er sodann die Leitung der Studien zweier Söhne seines Gönners, des Herrn v. Brömsen in Lübeck. Zwei Jahre lang blieb er mit diesen seinen Zöglingen in Heidelberg und begleitete sie dann auf Reisen durch Frankreich und Italien. In Heidelberg war Kurfürst Karl Ludwig aufmerksam auf ihn geworden, so wurde er 1664 als Docent des Staats- und Lehnrechts nach Heidelberg und dann in den Staatsdienst berufen, den er 1669 verließ, um eine ihm vom Herzog Christian Albrecht von Schleswig-Holstein-Gottorp angetragene Professur in der juristischen Facultät der neu gegründeten Universität zu Kiel anzunehmen, durch eine Rede: „de moralium corporum unione“ führte er sich dort ein. Unter den von ihm derzeit verfaßten Schriften sind zu nennen: „de fructibus et eorum acquisitione“ (1670); „de jurisdictione“ (1671); „de praescriptione moratoria“ (1675); „Theses miscellaneae ex jure tam publico quam privato“ (1676). Im J. 1676 berief ihn der Herzog, nachdem er schon vorher die Stellung eines Syndikus am Domcapitel und Rathes des Bischofs zu Lübeck erhalten hatte, an seinen Hof, wo er 1683 sich mit Elisabeth v. Pincier vermählte, mit deren Bruder er eine einflußreiche Stellung gewann.

Die Bedeutung dieser Stellung lag in der Berathung und den Diensten, [388] welche dem Herzoge und seinen Nachfolgern zu leisten waren bei der derzeitigen krausen Politik. „Das verwirrte Cimbrien“ und alle das Ostseebecken umgebenden Staaten fielen aus einem Kriege und einer Zwistigkeit in die andere. Für die Herzöge von Gottorp handelte es sich dabei immer um die Herrschaft in den Herzogthümern Schleswig und Holstein, besonders in Schleswig, welches ihnen von Dänemark streitig gemacht wurde. Die gesammte europäische Politik spielte in diese Streitigkeiten hinein und so gab der zwischen Ludwig XIV. und Holland 26. Januar 1679 zu Nimwegen abgeschlossene Friede W. Gelegenheit, Günstiges, besonders des Kaisers Schutz, für seinen Herzog auszuwirken, (s. A. D. B. IV, 190). Als er durch eine Dotation hierfür belohnt wurde, sprach er in seinem Danke aus: „Daß er wie bishero also auch in’s Künftige vor Dero Herzoglichen Hauses Interesse seinem Eide und Pflichten nach unterthänigst werde vigiliren“.

Dieses Versprechen hat er getreulich gehalten, insbesondere dem Herzoge Christian Albrecht in dem 1689 unter günstigen allgemeinpolitischen Verhältnissen abgeschlossenen Altonaer Vergleich (s. A. D. B. IV, 191) und dann auch dessen Nachfolger, dem Herzoge Friedrich IV., in dem am 17. August 1700 abgeschlossenen Travendahler Frieden (s. A. D. B. VIII, 23[WS 1]), durch welchen der Herzog Alles erreichte, was er für den Augenblick verlangen konnte.

Wedderkopp’s Politik zeichnete sich sein ganzes Leben lang aus durch ein unverrückbares Festhalten an dem von Anbeginn verfolgten Ziele der Befreiung des herzoglichen Regiments von dem eben so unausgesetzten Druck und Angriffe Dänemarks darauf, und durch ein kluges Maßhalten bei gewandter Benutzung aller günstigen Momente und endlich durch thunlichsten Schutz des Wohles von Land und Leuten, ganz besonders durch redliche, sparsame und geordnete Wirthschaftlichkeit. So wird er denn auch geschildert als ein kluger, gelehrter, in den Welthändeln erfahrener Mann, der den Zustand und das Beste des Landes genau kannte.

Bereits 1682 hatte der Kaiser Leopold I. ihm den Adel, auf dessen Führung der Vater verzichtet hatte, erneuert, er wurde für sich und seine Nachkommen in die schleswig-holsteinsche Ritterschaft aufgenommen, sowie auch in die schwedische Ritterschaft und es wurde ihm der Titel eines schwedischen Etatsraths verliehen. Im December 1694 starb der Herzog Christian Albrecht. Sein Sohn und Nachfolger in der Regierung Friedrich IV. (s. A. D. B. VIII, 21 f.) ernannte W. zum Präsidenten des Geheimraths und seinen Schwager Pincier zum Stellvertreter.

Friedrich war verheirathet mit der Schwester Hedwig Sophie des Königs Karl XII. von Schweden. Diesem auf seinem Kriegszuge[WS 2] nach Polen folgend und des Regierens durchaus unlustig, ging er auf den tollen Plan des Oberstlieutenants v. Bergholz, eines Schwiegersohnes des beim Herzog in großer Gunst stehenden Etatsraths v. Clausenheim ein, und verpachtete diesem Abenteurer die Gottorpischen Lande zu völlig eigenmächtiger Regierung (s. A. D. B. VIII, 20[WS 3]); W. und Pincier wurden auf das Auswärtige beschränkt.

Eine unglaubliche Wirthschaft begann und große, unsinnig abenteuerliche Pläne wurden geschmiedet. „Aber ein unglücklicher Schuß zernichtete zugleich mit dem Leben des tapferen Herzogs Friedrich am 19. Juli 1702 bei Clißow in Polen in einem Augenblick alle diese Anschläge“. Des Herzogs Sohn Karl Friedrich war erst zwei Jahre alt und wurde unter Vormundschaft seiner Mutter und seines Vaters Bruders, des Herzogs Christian August (s. A. D. B. IV, 192 f.), Coadjutors und erwählten Nachfolgers des Bischofs von Lübeck, gestellt. W. blieb an der Spitze des Geheimraths, in welchem sich ihm ein Gegner in der Person des Georg Heinrich v. Görz, Freiherrn v. Schlitz (s. A. D. B. IX, [389] 389 f.) entgegen stellte. Das Trachten dieses Mannes ging auf Gewinnung der Macht. Der Herzog-Administrator, ein junger Mann von 29 Jahren, war mehr dem Vergnügen und dem Luxus zugeneigt als den Geschäften, diesen Neigungen erwies sich Görz förderlich, W., dessen Streben auf Ordnung und Sparsamkeit ging, nur hinderlich. Außerdem bemühte sich W. das seit dem Travendahler Friedensschluß bestehende gute Verhältniß zur Krone Dänemark zu erhalten in ausgesprochener Gegnerschaft gegen Görz.

Gesteigert wurde diese Gegnerschaft durch die von W. vor die in Stockholm zum Zwecke der Erziehung ihres Sohnes residirende Herzogin Wittwe gebrachte Untersuchung des tief zerrütteten Finanzzustandes des Landes, welche durchaus zu Wedderkopp’s Gunsten ausfiel.

Kurz darauf, im December 1708, starb die Herzogin Wittwe und W. verlor in dieser vortrefflichen Fürstin seine beste Stütze. Es wurde ihm am Gottorpischen Hofe unheimlich und er zog sich deshalb, seine Person nicht mehr gesichert haltend, nach Hamburg zurück, wo er ein Palais besaß, von hier aus noch an den Regierungsgeschäften theilnehmend und dabei, wie alle Zeit seines Lebens, der Musik seine Mußestunden weihend, ein persönlicher Freund Händel’s und Bach’s und deren großer Verehrer.

Man verstand es aber doch, ihn zum Präsidium einer Geheimrathssitzung nach Schleswig, wohin nicht die Macht des Kaisers, welche man fürchtete, reichte, zu locken. Am 19. December 1709 kam der nun 72jährige alte Herr auf dem Schlosse Gottorp an, wurde auf das huldvollste empfangen und bei der Tafel trank der Herzog, welcher Wedderkopp’s klugem und geschicktem Dienste und fester Energie den sicheren Besitz des einträglichen, ihm von Dänemark hart bestrittenen Bisthums Lübeck verdankte (s. A. D. B. IV, 192), „mit sehr gnädigem Bezeigen“ seine Gesundheit; aber nach Aufhebung der Tafel auf dem Wege in sein Zimmer wurde er in Haft genommen und in einer „Heuerkutsche“ in selbiger Nacht nach der Festung Tönningen gebracht. Seinem Schwager Pincier, welchen man in selbiger Nacht gleichfalls hatte festnehmen wollen, gelang es, zu entkommen.

Das sehr bedeutende Vermögen, die Güter und die Häuser in Lübeck und Hamburg wurden mit Beschlag belegt. Sechs Monate vergingen, ehe der Gefangene zum Verhör gebracht wurde. Es fehlte an Anklagematerial. Um dieses zu schaffen, wurde die Aufforderung von den Kanzeln des Landes angeordnet: jedermann habe bei schwerer Strafe zu melden, was er Uebles von W. vorzubringen wisse. Es meldete sich Niemand. Aber der Zweck der Beseitigung Wedderkopp’s wurde trotzdem weiter verfolgt. Unterm 23. Juni 1713 erging ein von Görz erschlichenes Todesurtheil gegen ihn „wegen vieler besonderer Verbrechen“, deren aber keines genannt steht. Es kam jedoch nicht zur Execution.

Die Zustände im Lande wurden währenddeß in solcher Weise niedergedrückt, daß es davon heißt: „Man kann mit Wahrheit sagen, daß die damalige Verfassung des gottorpischen Staates ipsa corruptione corruptior, verderbter als die Corruption selber war“ (s. A. D. B. IV, 192, 193).

Der nach der Niederlage Karl’s XII. bei Pultawa (1709) zwischen Schweden und Dänemark ausgebrochene Krieg hatte die Schweden 1713 in die ihnen vom Herzog-Administrator geöffnete Festung Tönningen getrieben (s. A. D. B. IV, 192), und sie wurden dort von den sie verfolgenden Dänen belagert. König Friedrich IV. von Dänemark ließ durch einen Parlamentair den Festungscommandanten für das Leben Wedderkopp’s, um dessen Schutz gegen die Görz’schen Angriffe er angegangen war, verantwortlich machen.

Am 7. Februar 1714 capitulirte die Festung und W. wurde befreit, nachdem er 4 Jahre und 4 Monate gefangen gesessen hatte, in einem Alter von 77 Jahren. Wunderbar ist es, daß ihm leiblich und geistig bei der langen [390] schweren Haft, in die man ihn gesetzt hatte, die Kräfte erhalten blieben, die heilige Schrift und der Unterricht in der Musik, welchen er einem mit ihm gefangen sitzenden dänischen Lieutenant ertheilte, wie einst in der Jugend in Lübeck, waren ihm Hülfe und Trost.

Vergeblich blieb auch jetzt noch seine Forderung einer Unschuldserklärung. Diese erfolgte erst, als Görz den Dienst des Herzogs mit dem König Karl’s XII. von Schweden, wo ihn nach dieses seines neuen Herren plötzlichem Ende der Tod durch Henkers Hand traf (s. A. D. B. IX, 393), vertauscht hatte. Im J. 1719 erließ der Herzog Karl Friedrich eine Erklärung: „daß Ihro Hoheit benannten 50jährigen treuen Diener von aller Verantwortung loszählten, voriger Gnade versicherten“ u. s. w., ihn in seine alten Aemter einsetzten und ihm seine Güter und Vermögen zurückerstatteten. Noch einmal wurde W. berufen, in das Schicksal des Hauses Gottorp mit seinem erfahrenen Rathe einzugreifen. Er empfahl, zum Zwecke endgültiger Auseinandersetzung mit Dänemark, auf Schleswig, welches stets der Anlaß zum Streite gewesen, Verzicht zu leisten und dafür in Holstein eine Entschädigung „Pflug um Pflug“ zu suchen. Der Herzog folgte aber diesem Rathe nicht und verlor nun Schleswig auf immer, ohne die Vortheile zu gewinnen, die ihm W. in Aussicht stellen zu können geglaubt hatte.

Dieser verbrachte seine letzten Lebensjahre in Hamburg in viel Mühe und Arbeit um die Beordnung seiner durch die Kämpfe mit Görz schwer verworrenen Vermögensangelegenheiten. Noch lange Jahre nach seinem Tode spann sich ein verwickelter Proceß zwischen den Wedderkopp’schen und Görz’schen Erben fort.

Am 16. Januar 1721, 83 Jahre alt, entschlief der so hoch gestiegene und so schwer angefeindete Mann sanft und ruhig in den Armen seiner treuen, glaubensstarken Gattin, die ihn um 10 Jahre überlebte. Beide Ehegatten haben ihre Grabstätte im Dome zu Lübeck, dessen Kanonikus W. war, gefunden.

Schl.-H. Provinzialber. 1825, I, 1. – Jahrb. VII, 304. – v. Kobbe, S.-H. Gesch., Altona 1854, S. 2 ff. – Bremer, Gesch. Schl.-H., Kiel 1864, S. 310 ff. – E. Möller, Schl.-H. Gesch. I, 713. – Jöcher IV, 1840. – Hamb. Schriftstellerlex. VII, 586. – Gesch. d. Gottorf. Hofes unter Herz. Friedrich IV. Frankf. 1774. – Ratjen in k. Universitätschronik für 1857, Kiel 1858, S. 12. – Zeitschr. f. Schl.-H. Geschichte V, 301, XII, 1 ff. – Archiv f. Gesch. des Herzogth. Lauenburg. Mölln i. Lbg. – L. Alwardt I, Heft 1, S. 75. – Zacharias Wolf, Commandant der Festung Tönningen. Tagebuch vom 1. Januarii 1713 bis 30. Januarii 1714. Königl. Buchdruckerei zu Kopenhagen 1714 und Abdruck danach. – Spitta, J. S. Bach I, 256. – Mattheson, Ehrenpforte.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 32
  2. Vorlage: Krigszuge
  3. Verweisung unklar