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ADB:Wetzel, Johann Kaspar

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Artikel „Wetzel, Johann Caspar“ von l. u. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 256–257, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wetzel,_Johann_Kaspar&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:33 Uhr UTC)
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Wetzel: Johann Caspar W. wurde am 22. Februar 1691 a. St., am Sonntage Estomihi, zu Meiningen geboren. Sein Vater Johann Michael W., war Schuhmacher. Er sollte auch Schuhmacher werden, erhielt dann aber doch, da er zum Handwerk weder Neigung noch Geschick hatte, von seinen Eltern die Erlaubniß, Theologie zu studiren. Er besuchte zuerst die lateinische Schule seiner Vaterstadt, sodann von Ostern 1708 bis Ostern 1711 das Gymnasium in Schleusingen, wo der Rector Gottfr. Ludovici (s. A. D. B. XIX, 396) sein Lehrer war. In dem dortigen Singchor, dessen Chorag er zuletzt ein Jahr lang war, wurde wol seine Liebe für das geistliche Lied geweckt. Wohl vorgebildet, namentlich auch als tüchtiger Hebraiker, ging er Ostern 1711 nach Jena; hernach studirte er auch in Halle. Er wurde, wie es damals der gewöhnliche Lebensweg der jungen Theologen war, nach beendeten Studien Hauslehrer. Als solcher kam er auch in das Haus des herzogl. Rathes Georg Paul Hönn (s. A. D. B. XIII, 72) in Coburg. Hier lernte ihn der kurmainzische Resident in Nürnberg, Freiherr Georg Christoph v. Wölcker kennen, der ihn dann im December 1718 als seinen Reisesecretär auf eine längere Reise nach Italien mit sich nahm. Die Reise führte ihn über Wien bis nach Neapel und dann durch die Schweiz zurück über Nürnberg wieder nach Coburg, wo er wieder in das Hönn’sche Haus eintrat. Hier wurde er nun von Hönn zur Mitarbeit an seinem berühmten „Betrugs-Lexikon“ (vgl. a. a. O. S. 73) herangezogen, dessen erster Theil Coburg 1721 erschien. In diesem Jahre (1721) wurde W. von Herzog Anton Ulrich zu Sachsen-Meiningen nach Amsterdam, wo er damals residirte, als Prinzenerzieher berufen. Im J. 1724 wurde er Cabinetsprediger bei der verwittweten Herzogin zu Sachsen-Meiningen, einer Tochter des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, in Meiningen und im December 1727 wurde er als Diakonus nach Römhild berufen. Er wurde am 12. December 1727 zu Coburg ordinirt und trat sein Amt mit dem 1. Januar 1728 an. Er zog sich hier gleich in seinem ersten Jahre Unannehmlichkeiten durch die Art, wie er gegen die übliche Feier des Gregoriusfestes auftrat, zu. Es war diese Feier ohne Frage eine in vieler Hinsicht anstößige geworden; aber Wetzel’s Kampf gegen sie, namentlich auch von der Kanzel aus, bewirkte durch seine [257] Heftigkeit und Rücksichtslosigkeit, daß er sich gerade auch diejenigen verfeindete, an deren Beistand ihm alles hätte liegen müssen. Für ihn war die Folge, daß er, obschon nach sechs Jahren der Theil der Feier, den er mit Recht als unzulässig bezeichnet hatte, verboten ward, bei der Besetzung des Archidiakonats und der Superintendentur immer übergangen ward und 20 Jahre in der völlig unauskömmlichen Stelle des Diakonus blieb. Um ihr Leben zu fristen, mußte seine Frau für Geld spinnen. Erst als die Herzogin-Wittwe, deren Cabinetsprediger er früher in Meiningen gewesen war, ihren Wittwensitz nach Römhild verlegte und ihn wieder zu ihrem Hofprediger machte, verbesserte sich seine Lage. Später ward er auch Archidiakonus. Aber seine Kraft war durch Noth und Krankheiten gebrochen. Auf der Rückreise von Liebenstein, wo er vergeblich Linderung seiner Leiden gesucht, starb er plötzlich am 6. August 1755 in Meiningen, seiner Geburtsstadt, 64 Jahre alt. – W. war ein trefflicher Prediger und ausgezeichneter und gewissenhafter Seelsorger; in weiten Kreisen ist er aber bekannt geworden als Hymnolog und als solcher wird er noch mit Recht genannt. Er beschäftigte sich mit diesen Studien, schon in Schleusingen (s. o.) und dann in Halle zu ihnen angeregt, besonders während seiner langen Candidatenzeit; die Frucht derselben ist vor allem seine bekannte „Hymnopoeographia oder Historische Lebensbeschreibung der berühmtesten Liederdichter“. Das Werk ist ursprünglich auf 3 Theile angelegt und enthält in alphabetischer Ordnung biographische Angaben über die Dichter geistlicher Lieder in der deutschen evangelischen Kirche nebst Aufzählung ihrer Lieder und Angaben über die Drucke derselben. Der erste Theil erschien 1719, gedruckt vor seiner italienischen Reise, Vorrede vom December 1718; der zweite 1721; der dritte 1724 nach seiner Rückkehr aus Amsterdam. Wenn das Werk auch der Zuverlässigkeit und Genauigkeit ermangelt, die man heute von einer solchen Arbeit fordert, so muß doch anerkannt werden, daß W. mit der betreffenden Litteratur sehr bekannt ist und mit großem Fleiße und nicht ohne Kritik gearbeitet hat; sein Werk ist für den Hymnologen noch heute nicht zu entbehren. Zusätze und Nachträge lieferte er im J. 1728 in einem vierten Theile, der jedoch gewöhnlich bei dem Werke fehlt. Ein fünfter Theil, der im J. 1735 erscheinen sollte, ja als schon erschienen angegeben ward, ist wegen des Todes des Verlegers nicht erschienen; dafür gab W. vom Jahre 1751 bis 1755 noch zwölf Stücke Nachlesen unter dem Titel „Analecta hymnica“ heraus, die zusammen zwei Bände (Gesammttitel mit der Jahreszahl 1756) ausmachen und nicht zu Ende geführt sind. – W. hat auch selbst geistliche Lieder gedichtet; sie erschienen größtentheils in der von ihm unter dem Namen „Heilige und dem Herrn gewidmete Andachtsfrüchte“ (Coburg 1718 bis 1722) herausgegebenen Sammlung; diese Lieder sind auch den drei Theilen seiner Hymnopoeographia als Anhang beigegeben. Einige von ihnen haben Aufnahme in Gemeindegesangbücher gefunden; so die Lieder: „Gott sorgt für mich, was soll ich sorgen“ und „Mein Gott, ich leb in schweren Sorgen“, welche beide z. B. in dem hannöverschen Gesangbuch von 1740 sich finden.

Joh. Casp. Wetzel, Kurzgefaßte Kirch- und Schul-, wie auch Brandhistorie der Stadt Römhild. Römhild 1735, S. 85 ff. – Joh. Georg Sauer, Zur Erinnerung an J. C. Wetzel. Hildburghausen 1855. – Koch, Geschichte des Kirchenlieds u. s. f., 3. Aufl., 5. Bd., S. 507–514. – Bode, Quellennachweis, S. 170. – Goedeke, 2. Aufl., III, S. 314, Nr. 118.