Zum Inhalt springen

ADB:Wigand, Otto

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wigand, Otto“ von Karl Friedrich Pfau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 457–458, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wigand,_Otto&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 06:11 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Wigandt, Martin
Band 42 (1897), S. 457–458 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Otto Wigand in der Wikipedia
Otto Wigand in Wikidata
GND-Nummer 117357944
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|42|457|458|Wigand, Otto|Karl Friedrich Pfau|ADB:Wigand, Otto}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117357944}}    

Wigand: Otto W., verdienter deutscher Buchhändler, ist der Begründer der noch gegenwärtig bestehenden hochangesehenen Verlagsfirma gleichen Namens in Leipzig. W. wurde am 10. August 1795 zu Göttingen geboren als Sohn streng rechtlicher aber mit Glücksgütern nicht besonders gesegneter Eltern. Dennoch war ihm der Besuch des Gymnasiums seiner Vaterstadt ermöglicht. Nach Abgang vom Gymnasium trat W. als Lehrling in die dortige Deuerlich’sche Buchhandlung ein, um den Buchhandel zu erlernen. Noch während seiner Lehrzeit aber verließ er eines Tages Göttingen um der Conscription zu entgehen, wanderte über Dresden nach Graz und fand hier bei dem Buchhändler Willmann Stellung als Gehilfe. Doch verblieb W. nur kürzere Zeit in Graz; er ging nach Preßburg, um daselbst eine ihm von seinem dort etablirten Bruder angebotene Reisestelle anzunehmen. Als wandernder Buchhändler zog er, stetig von einem Wagen Bücher begleitet, von Ort zu Ort des ungarischen Staates und erzielte dabei glänzende Geschäfte. Hier in Preßburg lernte er auch seine spätere Frau kennen, die ihm zur Uebersiedlung nach Kaschau und zur Gründung eines Verlagsgeschäfts Veranlassung gab. Aber es hielt ihn daselbst nicht lange fest. Er siedelte nach Pest über, nachdem ein von ihm und seinem Bruder gefaßter Plan, in Preßburg ein größeres Geschäft zu gründen, nicht zur Verwirklichung gelangte. In Pest erwarb er ein altes buchhändlerisches Realrecht und begann nunmehr, als behördlich anerkannter Buchhändler, als Verleger eine großartige und umfassende Thätigkeit. Seine Hauptverlagsarbeit aus jener Geschäftsperiode ist das von ihm verlegte „Ungarische Conversationslexikon“, ein groß angelegtes und sehr umfassendes Unternehmen, durch dessen Herausgabe er sich unbestrittene Verdienste um die ungarische Litteratur überhaupt erworben hat. Aber auch hier sollte er noch keine feste Stätte ruhiger und ungehemmter Schaffensthätigkeit finden. Eine gegen ihn erhobene Anklage, die Beförderung flüchtiger Insurgenten begünstigt zu haben, zwang ihn die Stadt zu verlassen. Er wandte sich nach Leipzig, und diese Stadt sollte für den unruhigen, wanderlustigen und speculativen Geschäftsmann der dauernde Aufenthalt werden. Von neuem begründete er ein Verlagsgeschäft und dieses erfreute sich rasch eines raschen Aufblühens; als Verleger wurde er bald ein hervorragender Vertreter aller litterarischen Bestrebungen und politischen Richtungen, welche auf religiösen und politischen Gebieten neue Bahnen, zum Theil solche der kühnsten Art, zu brechen versuchten. Sein vornehmster Verlagsartikel aus frühester Schaffensperiode in Leipzig waren die „Hallischen Jahrbücher“, ferner die im J. 1834 von Dr. Schmidt[WS 1] begründeten „Jahrbücher der Medicin“, welch’ letztere sich gegenwärtig noch nach mehr als 60jährigem Erscheinen eines anerkannt wissenschaftlichen Rufs erfreuen. Ferner verlegte er A. Ruge’s und L. Feuerbach’s Schriften, mit welch’ beiden Autoren er besonders freundschaftliche Beziehungen unterhielt. Ebenso verdankt das große Ritter’sche geographisch-statistische Lexikon der Welt dem rührigen Manne sein Entstehen. Eine neue, achte Auflage dieses wichtigen Unternehmens ist 1895 vollendet worden. Als Geschäftsmann von anerkannter Tüchtigkeit und von weitem Scharfblick, war W. als Mensch ein durchaus [458] ehrlicher und gerader Charakter, der seine Meinung, wenn für richtig erkannt, mit allem Nachdruck verfocht. Ein feuriger und begeisterter Volksredner, hat er seine vielseitigen Fähigkeiten bereitwillig in den Dienst gestellt und sich als Stadtverordneter und Landtagsabgeordneter glänzend bewährt. Herannahendes Alter zwang ihn, sich im Jahre 1864 vom Geschäft zurückzuziehen und der Ruhe zu pflegen. Er starb am 1. September 1870, sodaß es ihm nicht vergönnt war, sich der Einigung Deutschlands, nach welcher er sich so feurig sehnte, zu erfreuen. Die Leitung des Geschäfts übernahm sein Sohn Hugo W., der jedoch schon 1873 starb und zwar während seines Aufenthaltes auf der Wiener Weltausstellung. Von da ab wurde die Firma von dem Buchdruckereibesitzer Walter W. für die Erben Hugo Wigand’s vertreten.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Carl Christian Schmidt (1793–1855); deutscher Arzt, Journalist, Schauspieler, Theaterregisseur und Theaterdirektor.