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ADB:Wilhelm (Erzbischof von Mainz)

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Artikel „Wilhelm, Erzbischof von Mainz“ von Karl Uhlirz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 115–117, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wilhelm_(Erzbischof_von_Mainz)&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 05:14 Uhr UTC)
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Wilhelm, Erzbischof von Mainz (gewählt am 17. December 954, † am 2. März 968). Er ist einer Verbindung des jungen Königssohnes Otto (des Großen) mit einem vornehmen Wendenmädchen entsprossen. Die Zeit seine Geburt läßt sich nicht sicher bestimmen, am wahrscheinlichsten erfolgte sie im J. 929 noch vor Otto’s Vermählung mit Edgith (September). Der Makel seiner Geburt hat es verursacht, daß der Knabe einen im liudolfingischen Hause nicht üblichen, in Thüringen aber beliebten Namen erhielt und wol schon von Anfang an für den geistlichen Stand bestimmt wurde, doch davon abgesehen wurde er immer wie ein Mitglied der königlichen Familie gehalten und erfreute sich der steten Liebe seines Vaters sowie vertrauten Verkehres mit den andern Verwandten, namentlich mit der Königin Mathilde und der Aebtissin Gerberga von Gandersheim. Wo er seine Jugendjahre verbracht hat, erfahren wir nicht, jedenfalls erhielt er eine sehr sorgfältige Erziehung, welche seine bedeutenden Fähigkeiten schon früh zu schöner Entwicklung brachte und namentlich jene litterarischen Neigungen weckte und nährte, die wir an ihm zu erkennen vermögen. Wir sehen ihn später verflochten in die litterarischen Interessen, wie sie von den Frauen des Hofes gepflegt wurden, er steht in nahem Verkehr mit Rather und mit dem als Fortsetzer der Chronik des Regino geltenden Adalbert, ihm legt Hrothsuith ihre Verse zur Prüfung vor und er selbst führt eine Abschrift alter Reichenauer Annalen mit sich, in der er für ihn denkwürdige Ereignisse vermerkt. Ob sich der junge Priester dem Hofe des Vaters anschloß oder etwa in Mainz sich aufhielt, läßt sich ebenfalls nicht feststellen. Sichere Kunde über ihn erhalten wir erst, als nach am 25. October 954 erfolgten Ableben des Erzbischofs Friedrich von Mainz Otto der Große seinen Sohn zu dessen Nachfolger bestimmte, worauf W. von einer Mainzer Abordnung am 17. December in Arnstadt zum Erzbischof gewählt und am Weihnachtsabende in Mainz geweiht wurde. Durch seine Erhebung sollte nicht allein ein Mitglied des königlichen Hauses eine standesgemäße Versorgung finden, es sollte auch das mächtigste Erzbisthum des Reiches einem Manne von größerer Zuverlässigkeit, als sie Friedrich dem Könige bewiesen hatte, anvertraut werden, wie im gleichen Sinne Köln und Trier besetzt waren. Der junge Erzbischof übernahm sein Amt in vollem Bewußtsein der damit verbundenen Pflichten und [116] Rechte. Er wandte sich sofort mit der Bitte um Bestätigung des seinem Erzstuhle zustehenden apostolischen Vicariats an den Papst, der ihm darin auch willfahrte. Aus dem Dankschreiben, welches W. nach Rom sandte, erfahren wir, daß sich seine Auffassung von der Würde seines hohen Amtes in Gegensatz gegen das Verhalten, welches sein Vater und sein Oheim gegenüber den Bischöfen bekundeten, sowie gegen einzelne Absichten Otto’s, welche dem Mainzer Erzbisthum abträglich zu sein schienen, gebracht hatte. Namentlich die geplante Errichtung eines Bisthums in Merseburg und eines Erzbisthums in Magdeburg erregten seinen schweren Unmuth und nicht minder forderten mehrere Vorkommnisse, die ihn nicht unmittelbar berührten, wie das Vorgehen gegen den Salzburger Erzbischof Herold und den Bischof Rather von Verona, den er gastlich aufgenommen hatte, zu gewiß berechtigtem Tadel heraus. W. bezeugt in diesem Schreiben ein hohes Rechtsgefühl und die Neigung, den geistlichen Angelegenheiten vor den weltlichen den Vorrang einzuräumen. Bewegt er sich somit zunächst in den Anschauungen, welche auch sein Vorgänger, dessen er mit hoher Verehrung gedachte, verfochten hatte, so war er doch weit entfernt davon, etwa offen gegen seinen Vater aufzutreten oder sich mit dessen Gegnern zu verbünden. Immerhin dürfte in diesen ersten Jahren sein Verhältniß zu Otto nicht das beste gewesen sein, er erreichte zwar daß die Magdeburger Angelegenheit vertagt wurde, und es gelang ihm, das Anrecht seines Erzbisthums auf das Erzcappellanat des Reiches wieder geltend zu machen (Mon. Germ. DO. I. 776), doch stand er an politischem Einflusse jedenfalls hinter seinem Oheim Bruno zurück. Ueber seine weitere Bethätigung haben wir aus dieser Zeit nur eine Nachricht, welche sein Verhältniß zu dem Sohne Otto’s Liudolf betrifft. Dem war er von Anfang an herzlich zugethan, es hatte ihn mit vieler Freude erfüllt, daß seine Erhebung mit der Aussöhnung zwischen dem Vater und dem Halbbruder zusammengefallen war, nun mußte er dem am 6. September 957 in Italien verstorbenen Liudolf die letzte Ruhestätte in dem St. Albanskloster zu Mainz bereiten, am 4. April 958 beurkundete dann Otto während seines Aufenthaltes daselbst eine Gedächtnißstiftung für den unglücklichen Sohn.

Mehr als zwei Jahre sollten noch vergehen, ehe W. zu hervorragendem politischem Wirken gelangen konnte. Zu Weihnachten 960 wohnte er an der Spitze des deutschen Episcopats in Regensburg der feierlichen Uebernahme kostbarer Reliquien bei und von da an ist sein Einfluß auf die Führung der Reichsangelegenheiten in stetem Wachsen begriffen. Wir können jetzt bei ihm die so häufige Wahrnehmung machen, daß mit der Theilnahme an der Macht ein Wechsel der Gesinnung eintritt, er Dinge, die er früher getadelt hatte, mit andern Augen anzusehen, ja sie zu betreiben geneigt ist. Schon im J. 961 bekümmerte er sich um die Absendung einer Mission zu den Russen, an deren Spitze zuerst Libutius und nach dessen Tode auf sein Anrathen der aus Sanct Maximin in die königliche Kanzlei eingetretene Adalbert gestellt wurde. Als Otto sich zum Aufbruche nach Italien rüstete, übertrug er die Sorge für seinen am 26. Mai 961 von W., Bruno und dem Erzbischof Heinrich von Trier zum Könige gekrönten Sohn den Erzbischöfen von Köln und Mainz, die nunmehr in gutem Einvernehmen standen. W. war am 22. Mai 964 Zeuge der feierlichen Weihe des von Bruno besonders begünstigten St. Pantaleonsklosters in Köln. Ende Januar 965 führte er dem aus Italien heimkehrenden Kaiser seinen Sohn entgegen; nachdem sie in Hildesheim frohes Wiedersehen gefeiert hatten, verblieb W. im Gefolge des Vaters und nahm auch im Juni an der glänzenden Versammlung zu Köln theil, welche zum letzten Male alle Mitglieder der kaiserlichen Familie vereinigte. Als Bruno in der Nacht vom 10. zum 11. October 965 gestorben war, stieg Wilhelm’s Ansehen noch höher, namentlich fiel von da an jeder andere Anspruch auf die Führung des Erzkanzleramtes [117] hinweg, das forthin mit dem Mainzer Erzbisthum vereinigt blieb. Als erster Rathgeber verweilte W. in der Umgebung des Vaters, als dieser sich während des Winters von 965 auf 966 mit der Ordnung der lothringischen Verhältnisse beschäftigte. In dieser Zeit war W. auch durch kirchliche Angelegenheiten in Anspruch genommen. Im J. 965 weihte er den Bischof Erkanbald von Straßburg, im selben Jahre wurde sein Dompropst Theoderich Erzbischof von Trier, mit Erkanbald zusammen weihte W. im J. 966 den Bischof Reginbald von Eichstädt, in einem nicht näher zu bestimmenden Jahre den Slavenbischof Tuto. Im Sommer 966 befand er sich bei dem Kaiser in Magdeburg, wo über die Errichtung des neuen Erzbisthums berathen wurde; unter geänderten Verhältnissen konnte jetzt Otto auf die Mithülfe seines Sohnes bei diesem Werke rechnen, vielleicht hat gerade dieser, als die Frage nach der Wahl des ersten Erzbischofs an die Reihe kam, das Augenmerk des Vaters auf den im J. 962 aus Rußland heimgekehrten Adalbert gelenkt. Neuerdings übertrug ihm Otto, der auf des Sohnes Bitten dem Erzstifte die demselben lange entfremdeten Höfe Oberlahnstein und Nierstein zurückgegeben hatte, die Führung der Reichsregierung, als er sich im August 966 nach Italien begab; in Ruffach nahmen Vater und Sohn von einander Abschied, sie sollten sich nicht mehr sehen. Im Sommer des nächsten Jahres wurde auch der junge Otto nach Italien beschieden; als W., der zu dieser Zeit erkrankte, genesen war, trat der König die Fahrt an, um dem Rufe des Vaters und des Papstes zu folgen, geleitet von Bischof Dietrich von Metz und andern Edeln. W. war zurückgeblieben, nunmehr mit der vollen Verantwortung für die Leitung der Reichsgeschäfte betraut. Im Februar 968 erhielt er die Nachricht von der schweren Erkrankung der Königin-Wittwe Mathilde, er eilte zu ihr nach Quedlinburg, ließ ihr geistlichen Zuspruch angedeihen und nahm ihre letzten Wünsche entgegen. Dann begab er sich nach Rottleberode, um hier das Ende der hohen Frau abzuwarten, da ereilte ihn selbst, noch ehe sie aus dem Leben geschieden war, am 2. März der Tod. Sein Leichnam wurde nach Mainz gebracht und in der Kirche des St. Alban bestattet.

Widukindi Res gestae Sax. 3, cap. 73, 74.Contin. Reginonis (ed. Kurze), p. 158, 168 ff.Ruotgeri Vita Brunonis, cap. 37.Vita Mahthildis, cap. 15 in Mon. Germ. SS. 10, 580.Thietmari Chron. 2, cap. 18, 35.Mon. Germ. SS. 13, 323.Mon. Germ. DD. 1, 81 und die einzelnen Urkunden. – Ottenthal, Regesten Otto’s I., 55 d, 239 b, 240 n, 289 c, 303 a. – Jaffé, Monum. Mogunt., p. 345–350, 706. – Will, Regesten zur Gesch. der Mainzer Erzb. 1, XXXIV und 107 ff. – Dümmler, Jahrb. Otto’s I. – Hauck, Kirchengesch. Deutschlands, 3. Bd. – Mittermüller in Katholik N. F. 19 (1868), 563 ff. – Uhlirz, gesch. des Erzb. Magdeburg, S. 33, 39. – Seeliger, Reichskanzler, S. 15. – Breßlau, Hdbch. d. Urkundenl. 1, 311. – Gundlach, Heldenlieder d. d. Kaiserzeit I. – Mittag im Jahresber. des Askanischen Gymn. zu Berlin, Ostern 1895, S. 15 ff. – Wattenbach in Sitzungsber. d. Berliner Akademie 14 (1896), 348 ff.