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ADB:Wilhelm (Herzog zu Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel)

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Artikel „Wilhelm, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg“ von Paul Zimmermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 729–730, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wilhelm_(Herzog_zu_Braunschweig-L%C3%BCneburg-Wolfenb%C3%BCttel)&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 09:15 Uhr UTC)
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Wilhelm, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, war der dritte Sohn Herzog Albrecht’s des Großen aus seiner zweiten Ehe mit Adelheid (Alessina), der Tochter des Markgrafen Bonifacius von Montferrat, und wird im Anfange des Jahres 1270 geboren sein. Bei dem Tode des Vaters († am 15. Aug. 1279) scheinen die Kinder sämmtlich noch unmündig gewesen zu sein. Es waren sechs Söhne und eine Tochter; von jenen schlugen drei, Konrad, Lothar und Otto, die geistliche Laufbahn ein; für die übrigen führten die vormundschaftliche Regierung der Bruder des Vaters, Bischof Konrad von Verden, und die Mutter, die sich jedoch schon um 1180 mit dem Grafen Gerhard von Holstein aufs neue vermählte und am 6. Februar (22. Juni?) 1285 gestorben ist. Dann trat allmählich auch der älteste der Brüder, Heinrich der Wunderliche, in der Landesverwaltung hervor. Das väterliche Erbe blieb noch einige Jahre in gemeinschaftlichem Besitze, dann schritten die drei Brüder zu einer Theilung, die spätestens im J. 1286 vor sich ging. Wir haben darüber weder ein urkundliches Zeugniß noch einen gleichzeitigen Bericht, doch können wir die Gebietstheile, die ein jeder erhielt, in der Hauptsache feststellen. Heinrich bekam das Fürstenthum Grubenhagen, Albrecht der Feiste das Fürstenthum Göttingen und W. das alte Brunonische Erbgut, das Braunschweig als Mittelpunkt hatte und die Städte und Burgen Wolfenbüttel, Asseburg, Schöningen, Harzburg, Gebhardshagen, Gandersheim, Seesen und Staufenburg umfaßte; die geistlichen Lehen in der Stadt Braunschweig und die Bergwerke am Rammelsberge blieben gemeinsamer Besitz. Heinrich und Albrecht schlossen dann unterm 29. Juni noch einen weiteren Vertrag, in dem sie u. a. sich verpflichteten, die ihnen von ihren Frauen zugebrachten Güter als gemeinsamen Besitz zu betrachten. Von W. ist ein derartiges Abkommen aus der Zeit nicht vorhanden, wol deshalb, weil er damals noch unvermählt war und so wie so stark unter dem Einflusse der Brüder stand. Anfangs war es Heinrich, der ihn völlig beherrscht zu haben scheint, sich sehr viel in Braunschweig aufhielt und die Feste Wolfenbüttel wieder auferbaute. Gemeinsam nahmen die Brüder die Fehde ihres Vaters gegen den Bischof von Hildesheim wieder auf, und zwar mit gutem Erfolge; das Schloß Campen und eine große Zahl Hildesheimer Ritter fielen in ihre Hände. Doch dann brach Uneinigkeit unter ihnen aus in dem Maße, daß Albrecht und W. sich mit dem Bischofe Siegfried von Hildesheim gegen ihren Bruder Heinrich verbanden. Im J. 1288 kam es zu offenem Kampfe. Heinrich hatte die Stadt Helmstedt für sich gewonnen und ihr unterm 2. Juni einen Schutzbrief ausgestellt, während die Brüder vor ihren Mauern lagen. Bei den Verhandlungen, die angeknüpft wurden, suchte Abt Otto von Werden und Helmstedt zu vermitteln, als die Bürger am 5. Juni plötzlich zu den Waffen griffen und die Abgesandten der Fürsten sowie den Abt Otto in der Stadt erschlugen. Es ward die Reichsacht über die Stadt verhängt, von der sie erst im J. 1290 befreit wurde. Im folgenden Jahre sehen wir die drei Brüder zusammen bei König Rudolf in Erfurt, aber der alte Zwist bestand unvermindert fort. Albrecht hatte W. jetzt offenbar vollständig auf seine Seite gebracht. Am 25. März verschreibt er ihm für den Fall seines kinderlosen Todes sein Erbtheil; von W. ist zwar eine entsprechende Urkunde nicht bekannt, aber es ist als sicher anzunehmen, daß jener Schritt nur auf Grund der Gegenseitigkeit geschehen ist. Die Regierungshandlungen dieser Brüder sind vielfach gemeinsam; [730] für dieses enge Einvernehmen spricht auch der Umstand, daß sie Siegel mit beider Namen verwandten; es sind uns zwei verschiedene der Art überliefert, die beide die Legende: S. Alberti et Willehalmi ducum de Bruneswic tragen. Im Mai 1290 griff man wieder zu den Waffen. Heinrich hatte von der über Vienenburg gelegenen Herlingsburg aus durch unaufhörliche Raubzüge die ganze Umgegend in weitem Umkreise in Aufregung versetzt, so daß sich jetzt gegen ihn ein großes Bündniß von Fürsten und Städten bildete, dem auch Albrecht und W. angehörten. Im ersten Jahre gelang es allerdings noch nicht, der Burg Herr zu werden, doch im folgenden wurde sie erobert und geschleift. In diesen Kämpfen gerieth W. zeitweise in die Gefangenschaft der Leute Herzog Otto’s des Strengen von Lüneburg, die ein eigenthümliches Spiel trieben, indem sie von beiden Seiten wol in Hoffnung auf gutes Lösegeld Gefangene machten. Mit den Steinen der zerstörten Herlingsburg ließ Bischof Siegfried von Hildesheim die Liebenburg erbauen, eine Feste, die den welfischen Brüdern in gleicher Weise gefährlich werden mußte und daher eine Einigung zwischen ihnen zuwege brachte. Sie suchten den Bau der Burg, jedoch ohne Erfolg, zu hindern. Auch mit der Errichtung der Oelsburg hatten sie kein Glück, der Bischof legte gegenüber die Papenburg an und zerstörte jene. Am 30. September 1292 starb W., indem er, wie die Chronik von St. Simonis und Judä in Goslar berichtet, sich selbst mit seinem Dolche tödtete. Er war seit 1290 (?) mit Elisabeth, der Tochter Landgraf Heinrich’s von Hessen, vermählt gewesen, die dann in zweiter Ehe 1294 Graf Gebhard von Eppenstein heirathete und 1306 noch am Leben war. Da W. Nachkommen nicht hinterließ, so entbrannte zwischen den Brüdern Heinrich und Albrecht um seine Erbschaft der Kampf sogleich aufs neue.