Zum Inhalt springen

ADB:Otto II. (Herzog von Braunschweig-Lüneburg zu Lüneburg)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Otto II. (Herzog von Braunschweig-Lüneburg zu Lüneburg)“ von Paul Zimmermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 675–677, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Otto_II._(Herzog_von_Braunschweig-L%C3%BCneburg_zu_L%C3%BCneburg)&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 16:27 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Otto das Kind
Nächster>>>
Otto der Quade
Band 24 (1887), S. 675–677 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Otto II. (Braunschweig-Lüneburg) in der Wikipedia
Otto II. in Wikidata
GND-Nummer 13948003X
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|24|675|677|Otto II. (Herzog von Braunschweig-Lüneburg zu Lüneburg)|Paul Zimmermann|ADB:Otto II. (Herzog von Braunschweig-Lüneburg zu Lüneburg)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=13948003X}}    

Otto der Strenge (strenuus), Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, geb. um 1266, † 1330, Sohn Herzog Johanns und seiner Gemahlin Liutgard, einer Tochter des Grafen Gerhard I. von Holstein, erbte, da sein einziger Bruder Heinrich die geistliche Laufbahn einschlug, den ganzen lüneburgischen Antheil, welchen Johann bei der 1267 mit seinem Bruder Albrecht vorgenommenen Theilung der Lande ihres Vaters, Herzog Otto’s des Kindes, sich ausgewählt hatte. Da O. beim Tode seines Vaters († 18. December 1277) noch unmündig war, so leitete als sein Vormund zuerst Herzog Albrecht, nach dessen Absterben aber (15. August 1279) ein anderer Oheim, Bischof Konrad von Verden, die Verwaltung des Landes. Im J. 1282 übernahm O. sie selbst. Seine Regierung ist von einer Reihe von Fehden erfüllt gewesen, die höherer, politischer Gesichtspunkte fast durchgehends entbehrten und zumeist nur auf Grenz- und Besitzstreitigkeiten mit den Nachbarn hinausliefen. Die häufigen Gebietstheilungen und die dadurch bewirkte Ohnmacht des welfischen Hauses zwangen seine Fürsten, unter denen in der nächsten Zeit keine bedeutend hervorragende Persönlichkeit erwuchs, abseits der großen entscheidenden Fragen des Reichs ein politisches Sonderleben zu führen. Auch eine Geschichtsschreibung hat sich unter diesen Umständen nicht entwickeln können; wir müssen die geschichtlichen Vorgänge vor allem aus den Urkunden mühsam zusammenstellen, die uns über die inneren Zusammenhänge und die treibenden Kräfte der Ereignisse nur zu häufig im Dunkel lassen. Dies hat schon für O. volle Geltung, bei dem uns nicht selten der eigentliche Zweck seiner Fehden und Bündnisse vollständig unklar bleibt. – Die schon unter seinen Vorgängern mit dem Stifte Hildesheim bestandenen Streitigkeiten setzten sich auch während seiner Herrschaft fort. Graf Gerhard v. Hallermund hatte 1282 ohne Genehmigung seines Lehnsherrn, Bischof Siegfrieds II. von Hildesheim, das Schloß Hallermund mit der Hälfte seiner Besitzungen an Herzog O. verkauft. Es kam zu einem Streite mit dem Bischofe, der zum Schutze seines Gebietes das Schloß Ruthe erbaute und O., der das bischöfliche Schloß Hude zerstörte, in den Bann that. Am 16. December 1283 kam es dann zu einer Sühne, in welcher Siegfried den Herzog vom Banne frei sprach und ihm die Belehnung mit Hallermund zusagte, O. aber dem Bischofe die Stadt Hannover und die Burg Lauenrode auftrug, um sie als Lehen von ihm zurückzuempfangen. Einen neuen Anlaß zum Kampfe gab O. später durch die Erbauung des Schlosses Calenberg, welches das Stift Hildesheim bedrohte. Die Vettern Heinrich und Albrecht von Braunschweig und der Markgraf Hermann von Brandenburg zogen O. zu Hilfe, und es gelang diesem in dem mit dem Bischofe geschlossenen Frieden den Calenberg, der später einer Linie seines Geschlechts den Namen geben sollte, zu behaupten. Als er sich aber nach dem Tode Siegfrieds (1310) weigerte, seinem Nachfolger, dem Bischofe Heinrich, wegen [676] Hannovers u. s. w. den Lehenseid zu leisten, mußte er sich doch nach längerem Streite der Forderung des Letzteren fügen. Auch mit dem Widerstande der eigenen Untersassen, welche die milde Herrschaft seines Vaters verwöhnt haben mochte, hatte O. zu kämpfen. Als er, wol im J. 1284, gegen die Markgrafen von Brandenburg zu Felde zog, weigerten sich seine Ritter, vor allem die Burgmannen von Lüneburg, zu streiten, bevor er ihnen nicht ihre Privilegien bestätigt habe. Wohl oder übel mußte er ihre Wünsche erfüllen. Als aber die Fehde siegreich beendet war, entzog er den Rittern ihre Lehen und jagte die, welche sich zur Wehr setzten, aus dem Lande. Diese fanden Zuflucht bei dem Herzoge Albrecht II. von Sachsen-Wittenberg, der als Vormund seiner Sachsen-Lauenburg’schen Neffen wegen des Schlosses Bleckede mit O. in Zwist war. Da Letzterer aber den Beistand des Erzbischofs von Bremen und des Bischofs von Verden gewann, so mußte sich Albrecht 1287 zum Frieden verstehen, in welchem die Entscheidung über Bleckede dem Urtheilsspruche König Rudolf’s überlassen wurde, die Ritter ihre Lehen zwar wieder erhielten, ihr Bündniß mit Herzog Albrecht aber und ihren Widerstand gegen O. aufgeben mußten. Das sg. „ridder-orlog“ war damit beendigt. Eine Fehde, die O. 1299 mit dem Bischof Ludolf von Minden gegen den Grafen Johann v. Wunstorf führte, verschaffte ihm die Hälfte der Lehen, welche die Grafen von der Mindener Kirche besessen, mit Ausnahme der Stadt Wunstorf selbst. Schon früher (1293) hatte ein Vorgänger Ludolfs ihn mit der Hälfte von Nienburg belehnt. Im Verein mit dem Markgrafen von Brandenburg eroberte O. die nördlichen Besitzungen Herzog Heinrich’s des Wunderlichen, Brome, Vorsfelde u. s. w., und bei der Theilung erhielt er 1309 den Hasenwinkel und Stellfelde, Zugleich versprachen die Markgrafen das Schloß Hitzacker zu brechen. Daß dies nicht geschah, ist wol der Grund gewesen, daß O. am 8. September 1315 dem großen Bündnisse beitrat, welches unter Führung König Erich’s von Dänemark gegen den Markgrafen Waldemar und die Stadt Stralsund geschlossen war. Auch nahm Otto’s gleichnamiger Sohn im folgenden Jahre an der Belagerung Stralsund’s theil. Trotz des Sieges aber, den der Feldherr der Verbündeten, Fürst Heinrich von Mecklenburg, bei Schulzendorf über Waldemar davontrug, mußten diese die enge Umschließung der Stadt, da ihre Flotte von der der Gegner eine Niederlage erlitt, aufgeben. Am 25. November 1317 wurde zu Templin Frieden geschlossen. Zwar wurden hier auch über einen gütlichen Ausgleich wegen Hitzacker’s Bestimmungen getroffen, doch blieb das Schloß, das die Lüneburger Herzöge erst um 1330 erwarben, vorläufig noch befestigt in des Markgrafen Besitz. Andere zahlreiche Streitigkeiten, wie mit der Stadt Hannover u. s. w., können wir hier übergehen. Sie hatten insgesammt hauptsächlich die Folge, daß der Herzog, um die Kosten der Kriegszüge aufzubringen, zu umfangreichen Verpfändungen von Schlössern, Gütern und Rechten schreiten mußte. So wurde z. B. 1306 Lichtenberg an verschiedene Adelige, 1320 Hallermund, halb Eldagsen und der Zoll zu Hannover an die v. Salder verpfändet u. s. w. Trotzdem fehlten O. die Mittel nicht, wo es galt, sein Ländergebiet durch Ankäufe zu erweitern. Von dem Grafen Otto von Oldenburg, seinem Schwager, erstand er am 30. Januar 1302 die Grafschaft Wölpe; die Belehnung mit derselben erlangte er vom Bischofe von Minden 1304. Gegen eine Leibrente überließ ihm 1303 Graf Nicolaus v. Dannenberg den größten Theil seiner Grafschaft. Im J. 1308 kaufte er von dem Markgrafen Waldemar von Brandenburg Bleckede mit Schloß und Zoll, das diesem von dem Herzoge von Sachsen nicht lange vorher abgetreten sein muß. Dazu kam 1320 die Grafschaft Lüchow, die ihm Graf Günther von Kefernburg verkaufte. – In der inneren Landesverwaltung war O. sorgsam auf die Aufrechterhaltung des Landfriedens bedacht; den Handel suchte er durch verschiedene Maßnahmen zu heben [677] und das Aufblühen seiner Städte kräftig zu fördern. Der Stadt Harburg verschaffte er 1288 von König Rudolf ihr Stadtrecht und im folgenden Jahre hat er selbst ein solches den Einwohnern von Dalenburg, 1299 denen von Celle verliehen. Insbesondere erfreute sich die Stadt Lüneburg seiner Gunst. So war es vorzüglich für sie ein großer Gewinn, daß er die dortige Münze, der er für den nördlichen Theil seines Fürstenthums das alleinige Münzrecht übertrug, nebst der Gerichtsbarkeit in Münzsachen 1293 den Ständen dieses Gebietes verkaufte. Für den südlichen Landestheil erhielt 1322 die Stadt Hannover durch einen gleichen Verkauf der Münze an die Stände ähnliche Vortheile. Den Zusammenhang mit seinen Stammesverwandten und die etwaigen Erbansprüche auf deren Länder suchte O. durch verschiedene Bündnisse und Erbeinigungen zu bekräftigen, wenn er auch gelegentlich, wie gegen Heinrich den Wunderlichen, mit dem er 1294 auch ein Bündniß geschlossen hatte, bald darauf wieder gegen eben dieselben in Fehde gerieth. 1292 machte er mit seinem Vetter Albrecht dem Fetten von Göttingen eine Erbeinigung, welche 1322 von ihm und seinem Sohne Otto, sowie von Albrecht’s Söhnen Otto, Magnus und Ernst bestätigt wurde. O. vermählte sich 1288 mit Mathilde, der Tochter Herzog Ludwig’s des Strengen von Baiern, einer Enkelin König Rudolf’s, welcher selbst vom Papste die Dispensation zu der Ehe erwirkte. Bei der zwiespältigen Königswahl im J. 1313 schloß sich O. an seinen Schwager Ludwig von Baiern an, von dem er sich am 2. August 1315 mit den Reichslehen belehnen ließ. Die letzten Jahre verlebte er fast ganz von den Regierungsgeschäften zurückgezogen. Schon seit 1314 nahm an diesen sein zweiter Sohn Otto theil. Am 28. November 1315 traf dann O. mit Zustimmung seiner Gemahlin und Söhne und mit Beirath seiner Mannen Bestimmungen über die Erbfolge. Er setzte fest, daß nur seine Söhne Otto und Wilhelm im weltlichen Stande bleiben und ihm in der Regierung folgen sollten; jenem räumte er bereits jetzt mit Ausnahme von Lüneburg, Winsen und Celle seine sämmtlichen Schlösser ein. Nach seinem Tode sollten jene Beiden die Lande unter sich theilen. Die anderen Söhne, Johann, der älteste von allen, welcher Scholasticus und zeitweise Verweser des Erzbisthums Bremen wurde († 1324), sowie Ludwig, der 1324 zum Bischof von Minden gewählt wurde und 1346 starb, entsagten am 6. December 1318 gegen eine Abfindung ausdrücklich allen Ansprüchen auf das Herzogthum. O. starb am 10. April 1330, nachdem ihm seine Gemahlin schon am 28. März 1319 im Tode vorausgegangen war. Beide wurden in der von O. neu erbauten St. Michaelis-Kirche zu Lüneburg beigesetzt. Außer den genannten Söhnen hatte O. auch eine Tochter Mathilde, die sich nach 1308 mit dem Fürsten Nicolaus II. von Werle vermählte und am 12. October 1316 verstarb, und von Gertrud von Winsen einen natürlichen Sohn, Ludolf von Lüneburg, der von 1326–1355 Propst von Medingen war. Trotz der Bestimmungen des Vaters ließen seine Söhne Otto und Wilhelm ihr Ländergebiet ungetheilt. Sie regierten gemeinsam, doch trat Wilhelm sehr hinter seinem Bruder zurück. Da Otto’s einziger Sohn schon in den Kinderjahren in der Ilmenau ertrank, so starb mit Wilhelm, der seinen am 19. August 1352 verschiedenen Bruder um 17 Jahre überlebte und wie dieser nur Töchter hinterließ, die ältere Lüneburger Linie des Welfenhauses im Mannstamme aus. Um ihre Erbschaft entbrannte der sog. Lüneburger Erfolgekrieg (s. u. Magnus, A. D. B. XX, 64).