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ADB:Wilhelm von Mörbeke (2. Artikel)

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Artikel „Wilhelm von Moerbecke“ von Friedrich Lauchert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 226–227, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wilhelm_von_M%C3%B6rbeke_(2._Artikel)&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 05:00 Uhr UTC)
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Wilhelm von Moerbecke (de Moerbeka, Morbeka)[WS 1] in Brabant, vielfach auch Guilielmus Brabanticus genannt, Dominicaner. Nähere Daten über die Zeit seiner Geburt und über sein früheres Leben fehlen, bis vom Jahre 1268 an sein Name in kirchlichen Aemtern genannt wird. Jedenfalls wird er schon in jüngeren Jahren die wissenschaftlichen Studien betrieben haben, von denen seine litterarischen Arbeiten Zeugniß ablegen. Vermittelst der Kenntniß des Griechischen, die er sich erworben hatte, scheint er besonders das Studium der griechischen philosophischen und naturwissenschaftlichen Litteratur mit Eifer betrieben zu haben; Echard schreibt ihm auch Kenntniß des Arabischen zu. Echard vermuthet, eben aus seiner guten Kenntniß des Griechischen, daß er sich schon einmal in jüngeren Jahren einige Zeit in Griechenland aufgehalten habe, unter den Mönchen, welche der Orden regelmäßig dahin zu senden pflegte, was dann jedenfalls vor 1268 der Fall gewesen sein müßte. 1268 ist er nachweisbar als päpstlicher Caplan und Pönitentiar bei Clemens IV. in Viterbo; später in der gleichen Stellung auch bei Gregor X. Im J. 1274 begleitete er Papst Gregor X. zum Concil von Lyon. In der feierlichen Messe, welche auf diesem [227] Concil der Papst am Feste der Apostel Petrus und Paulus hielt, sang W. v. M. das Glaubensbekenntniß in griechischer Sprache (Mansi, Collectio Concil. T. 24, p. 64). Von Innocenz V. oder Johann XXI. (1276 oder 1277) wurde W. zum Erzbischof von Korinth ernannt; wenigstens ist er schon 1277 in dieser Würde nachgewiesen, während er sich noch in Viterbo aufhielt; im folgenden Jahre erhielt er das Pallium. In Korinth hielt er sich sodann nachweisbar wenigstens in den Jahren 1280 und 1281 auf; dort scheint er auch nicht viel später gestorben zu sein. – Seine litterarische Thätigkeit, die, soweit sie genauer datirbar ist, in die Zeit von ca. 1260 bis 1281 fällt, besteht in ihrem wichtigsten Theil in der Uebersetzung des Aristoteles, die er auf Veranlassung des Thomas von Aquin unternahm, und die hauptsächlich seinen Namen als den des bedeutendsten Aristoteles-Uebersetzers im Mittelalter bekannt gemacht hat. Ueber den Umfang dieser Uebersetzung lauten die Angaben mittelalterlicher Schriftsteller zum Theil ganz allgemein, er habe alle Bücher des Aristoteles übersetzt. Andere nennen besonders die ethischen und naturhistorischen Schriften. In neuerer Zeit ist wenigstens ein Theil dieser Uebersetzungen wieder ans Licht gezogen und zum Theil im Druck veröffentlicht worden; die Uebersetzung der Politik in der Ausgabe von Susemihl: „Aristotelis Politicorum, libri octo cum vetusta translatione Guilelmi de Moerbeka“ (1872; v. Hertling setzt die Entstehung dieser Uebersetzung um 1260 an, Zur Gesch. der aristotel. Politik im Mittelalter, Rheinisches Museum, N. F., Bd. 39, 1884, S. 446–457); die Uebersetzung der Rhetorik in Leonh. Spengel’s Ausgabe derselben (1867); J. G. Schneider legt ihm ferner die Uebersetzung der Historia animalium, der Physik und des Organon bei, Echard die der (Nikomachischen) Ethik. Ferner übersetzte W. die Commentare des Simplicius super praedicamenta Aristotelis und in libros Aristotelis de coelo et mundo (die letztere Uebersetzung, zu Viterbo ca. 1271 verfaßt, ist in Venedig 1540 und öfter gedruckt); Galenus, de alimentis; Hippocrates, de prognosticationibus aegritudinum; und mehrere Schriften des Neuplatonikers Proklus: elementatio theologica; de decem dubitationibus circa providentiam; de providentia et fato; de malorum subsistentia; die ca. 1281 in Korinth verfaßten Uebersetzungen der drei letztgenannten Schriften, die, da der griechische Text derselben verloren ist, uns die Orginale ersetzen müssen, sind gedruckt in der Ausgabe der Opera Procli von V. Cousin (Paris 1820, 2. Aufl. ebd. 1864; schon früher theilweise in der Bibliotheca Graeca des Fabricius, T. VIII, 1717, p. 465–507). Die Uebersetzungswerke Wilhelm’s sind infolge wörtlicher Wiedergabe zwar schwerfällig, aber eben deshalb für die Textkritik der betreffenden Schriften wichtig. Als ein originales Werk von ihm wird eine „Geomantia“ genannt. – Im Mittelalter, und zum Theil noch in neuerer Zeit (s. z. B. noch Val. Andreae, Bibl. Belgica. 1643, p. 330) wurde Wilh. v. Moerbecke vielfach irrthümlich mit Thomas Cantipratanus verwechselt und identificirt; Echard hat diesen Irrthum richtig gestellt; vgl. auch Jourdain.

Quetif et Echard, Scriptores Ordinis Praedicatorum, T. I (1719), p. 388–391. – J. A. Fabricius, Bibliotheca latina mediae et infimae aetatis, T. V (1736), p. 265 s. – J. G. Schneider in seiner Ausgabe von Aristotelis de Animalibus Hist. T. I (1811), p. CXXVII–CXLII. – Jourdain, Recherches critiques sur l’áge et l’origine des traductions latines d’Aristote (Par. 1819), p. 63 ss. 68 ss. (Ed. 2. 1843; deutsche Uebers. von Ad. Stahr, Gesch. der Aristotel. Schriften im Mittelalter, Halle 1831).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Über diese Person existiert in Band 22 ein weiterer Artikel.