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ADB:Wilhelmine (Prinzessin von Oranien)

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Artikel „Wilhelmine, Prinzessin von Preußen“ von Pieter Lodewijk Muller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 232–234, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wilhelmine_(Prinzessin_von_Oranien)&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 00:17 Uhr UTC)
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Wilhelmine (Friederike Sophie Wilhelmine), Prinzessin von Preußen, Gemahlin des Prinzen Wilhelm V. von Oranien, wurde am 7. August 1747[WS 1] geboren. Sie war die Tochter des Prinzen August Wilhelm, des Bruders Friedrich’s des Großen, und der Prinzessin Louise Amalia von Braunschweig-Wolfenbüttel. Das hat wol den Herzog Ludwig Ernst bestimmt, sie zur Gemahlin seines Zöglings, des Statthalters, zu bestimmen, denn von seiner Nichte erwartete er keinen Widerstand. Und allerdings, Jahre lang hat sie so gut wie ihr Gemahl dessen Joch ertragen und sich in Allem gefügt. Doch sie war nicht allein eine Hohenzollerin, in der sich ein starker energischer Charakter entwickelte und die ein scharfes Urtheil über Menschen und Dinge besaß, sondern eine Lieblingsnichte Friedrich’s des Großen. Zwischen beiden hat sich eine äußerst interessante Correspondenz entsponnen, welche zuletzt eine politische wurde. Theilweise in Berlin, theilweise im Haag verwahrt ist sie bis jetzt noch nicht gehörig bekannt und noch weniger verwerthet worden, wenn auch Nijhoff und Blok Bruchstücke aus derselben veröffentlicht haben. Bald wird das hoffentlich anders werden. Um das Jahr 1779, als der Parteihader in der Republik ihr Bedenken [233] einzuflößen anfing und sie den Herzog gründlich hassen, die Republik, so viel es einer Fremden und einer Prinzessin möglich war, gründlich kennen gelernt und die Nichtigkeit des Gemahls durchschaut hatte, wird derselbe interessant. Die Prinzessin holte sich bei dem Onkel Rath und versuchte Einfluß auf die Geschäfte zu gewinnen. Allmählich ist ihr das gelungen, aber nicht so durchgreifend, daß sie das einbrechende Unglück abwehren konnte. Dazu fehlte ihr doch die genügend klare Einsicht in die Sachlage. Das von den (damals noch sehr gemäßigten) Demokraten angetragene Bündniß, das allein im Stande gewesen wäre, den Staat zu retten, wies sie ebensowohl ab wie ihr Gemahl und die Aristokraten ihrer Umgebung. Auch so klare Köpfe wie Hogendorp sahen das nicht ein, so wenig damals wie später. Selbst van de Spiegel begriff das nicht. Auf die oranischen Aristokraten und die niedersten Volksclassen angewiesen vermochte auch eine energische Führung die Partei des Statthalters nicht obenauf zu halten. Und Wilhelm V. war weit davon entfernt, seiner Frau, deren Superiorität er vielleicht nicht einmal einsah, die Führung einzuräumen. Vergebens suchte sie ihn zum Handeln anzuspornen. Und ebenso vergeblich waren ihre Versuche, ihren Oheim zum Einschreiten zu bewegen. Selbst als ihr Bruder Friedrich Wilhelm II. den preußischen Thron bestiegen hatte, wollte das nicht gelingen, nur ein ihn persönlich verletzender Angriff von Seite der Holländer schien es veranlassen zu können. So ist das Unternehmen der Prinzessin, sich 1787 nach Holland zu begeben, allgemein als ein Mittel, die Holländer zu einer derartigen Handlung berauszufordern, erschienen. Die Prinzessin reiste mit geringer Begleitung von Nymwegen, wo der oranische Hof verweilte, nach dem Haag, dort ihre Anhänger um sich zu sammeln, gleich als seien es die ruhigsten Friedenszeiten. An der Grenze der Provinz wurde sie zuerst durchgelassen, doch etwas weiter an der Goejanverwellesluis von einem Freicorps angehalten, dessen Hauptmann sich weigerte, sie ohne besondere Erlaubniß der Staaten passiren zu lassen. Eine persönliche Beleidigung fand nicht statt, es sei denn daß das tölpelhafte Benehmen des Bürgerofficiers, welcher der Prinzessin und ihrem Gefolge Bier und Tabak anbot, und in ihrer Gegenwart den Kopf bedeckt hielt, als eine solche gelten kann. Nach Schoonhoven geführt erhielt sie dort am nächsten Tag die Weigerung der Staaten und reiste wieder zurück. Kein Wunder, daß die Holländer erstaunt waren, als Friedrich Wilhelm daraus eine Kriegsfrage machte! Auch Wilhelmine scheint im Anfang nicht geglaubt zu haben, dieses Ereigniß werde eine Aenderung der Situation herbeiführen. Und freilich, sie hatte, das wissen wir jetzt bestimmt, es auch gar nicht bezweckt. Erst als es gewiß war, daß Frankreich unthätig bleiben würde, erfaßte Herzberg, mit dem W. seit langer Zeit in eifriger Correspondenz stand, die Gelegenheit, Preußens Einfluß zu befestigen und veranlaßte den König so aufzutreten, daß der Krieg unvermeidlich wurde. Doch eines war gewiß, die Prinzessin war der einzige Mann am oranischen Hofe. Nach der Restauration der statthalterischen Gewalt gelang es ihr, van de Spiegel das Amt eines Rathspensionärs übertragen zu lassen, um so dem Prinzen wenigstens einen fähigen und charaktervollen Minister an die Seite zu stellen. Doch sonst gelang es ihr nicht einen beherrschenden Einfluß zu gewinnen. Weder der Prinz noch der Rathspensionär waren gesonnen ihr denselben einzuräumen. So kam es, daß man zuletzt von einer Partei der Prinzessin redete. Freilich ihren Gemahl hatte sie gründlich verachten gelernt. Doch blieb sie ihm treu zur Seite auch in der Verbannung. Nach den Ereignissen des Jahres 1813 kehrte sie nach den Niederlanden zurück, wo die Mutter des nunmehrigen Königs, die das sie verehrende Volk schon längst gemüthlich Willemijn zu nennen pflegte, im J. 1820 auf dem Schloß Loo gestorben ist.

[234] Die Litteratur über sie ist ungefähr die nämliche wie die über Wilh. V. Vgl. dazu Van Kampen, Vaderlandsche Karakterbunde II und die Briefe Hogendorp’s.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Das Geburtsjahr ist nicht korrekt, das korrekte Jahr ist 1751 (siehe die Eintragung zur GND)