ADB:Willibrord
Alcuin nennt, der aus seiner Familie stammte und dem von ihm gestifteten Klösterlein vorstand. Seinen Sohn W. übergab er schon als kleines Kind dem Kloster Ripon, wo er unter Wilfrid’s Leitung erwuchs und mit 20 Jahren Mönch wurde. Dann führte ihn der seinen Landsleuten eigene, halb ascetische, halb wissensdurstige Wandertrieb nach Irland in das unter Egbert blühende Kloster Rathmelsigi (später Melfont), von wo die Bekehrung Frieslands erstrebt wurde; vergeblich hatte Wigbert dort zwei Jahre sich bemüht, aber Pippin’s Sieg über Radbod 689 eröffnete bessere Aussichten. Egbert, der durch andere Pflichten verhindert wurde, schickte 690 W. mit elf Gefährten aus, der sich sofort zu Pippin begab und von diesem mit Schutzbriefen ausgerüstet wurde; dann reiste er, nachdem er von Radbod die Erlaubniß zur Predigt erhalten hatte, nach Rom, um vom Papst Sergius I. (687–701) die Vollmacht zur Mission und Reliquien zur Einweihung von Altären und Kirchen zu erhalten; das erzählt nur Beda, aber es entspricht durchaus der Gewohnheit dieser Angelsachsen. Als seine Wirksamkeit Erfolg hatte, schickte ihn Pippin mit Zustimmung seiner Gefährten wieder nach Rom, wo er nun nach seiner eigenen Aufzeichnung am 22. November 695 die Bischofsweihe erhielt mit dem Namen Clemens, der aber wenig gebräuchlich wurde. Als Sitz des Bisthums wurde ihm Utrecht zugewiesen, aber Radbod erwies sich als halsstarrig. Deshalb begab er sich zu einem Dänenkönig Ongend, den man an der Grenze der Dänen und Friesen vermuthet, ebenso vergeblich, doch brachte er von da 30 Knaben mit. Heimkehrend landete er an der heiligen Insel Fosetisland (Helgoland), wo er die heiligen Rinder schlachtete und im heiligen Quell Knaben taufte. Kaum entging er der Todesstrafe, welcher einer seiner Gefährten nach der Entscheidung des Looses verfiel, und Radbod schickte ihn fort. In die Folgezeit fällt die [277] Stiftung des Klosters Echternach, wozu ihm Dagobert’s Tochter Irmina 698 und später Pippin die Grundstücke schenkten; noch viele andere Schenkungen strömten ihm zu und sein persönlicher Einfluß muß sehr bedeutend gewesen sein; auch der Herzog Heden von Thüringen stiftete auf seinen Rath das Kloster Hamelburg und gab ihm ansehnlichen Grundbesitz. Endlich eröffneten auch die Siege Karl Martell’s und der Tod Radbod’s 719 günstigere Aussichten für Utrecht, wo und von wo aus er nun die Einführung des Christenthums und die Organisation der kirchlichen Einrichtungen vollzog. Hochverehrt starb er am 6. (nach Andern 7.) November, nach der wahrscheinlichsten Angabe 738.
Willibrord, der Stifter des Bisthums Utrecht, wurde 657 oder 658 in Northumberland geboren und starb 81 Jahre alt am 6. November 738, vielleicht 739. Sein Vater war ein sehr frommer Mann Namens Wilgils, wie ihnSchon während seines Lebens hat Beda über ihn berichtet (Hist. eccl. IV, 10, 11), eine sehr wichtige eigenhändige Aufzeichnung von W. selbst vom Jahre 728 steht in der Pariser Hs. Lat. 10837 (Neues Archiv II, 293). Eine in schlechtem Latein geschriebene Biographie von einem Schottenmönch ist verloren, war aber noch dem Abt Thiofrid von Echternach (1083–1110) bekannt; Auszüge aus dessen Werk über ihn und dem durch urkundliche Nachrichten wichtigen des Mönches Theoderich hat Weiland, Mon. Germ. SS. XXIII herausgegeben. Auf den Wunsch des mit W. verwandten Erzbischofs Beornrad von Sens hat Alcuin sein Leben und seine Wunder beschrieben, sehr werthvoll, aber doch leider ganz überwiegend homiletisch und unsern Wünschen durchaus nicht genügend. In der ursprünglichen Gestalt ist es nur in Jaffé’s Bibl. Rer. Germ. VI, 32 bis 79, zu finden, das zweite, in Versen verfaßte Buch auch in den Poeta aevi Carol. II, 207–220. Auf leeren Phantasien beruht die Darstellung von Alberdingk-Thijm 1861 (deutsch 1863 von Troß), wo W. als Vorkämpfer der auf Errichtung einer unabhängigen deutschen Kirche gerichteten Politik der Päpste im Gegensatz zu der egoistischen fränkischen Mission dargestellt wird.
- Moll, Kerkgeschiedenis van Nederland I, 95–118. – Zuppke, Uebers. u. Bearb., 1895, S. 148–159. – Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands I (1887), S. 396–409.