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ADB:Wyneken, Claus

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Artikel „Wyneken, Claus“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 398–400, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wyneken,_Claus&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 09:30 Uhr UTC)
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Wyneken: Claus W., schleswig-holsteinischer Major, im J. 1819 als der Sohn eines Hauptmanns in der früheren englisch-deutschen Legion zu Hannover geboren (s. o.), am 16. Februar 1836 zum Secondlieutenant bei dem in Stade garnisonirenden 6. Linienbataillone ernannt, besuchte von 1840 bis 1845 die Generalstabsakademie in Hannover, ward in letzterem Jahre Premierlieutenant und in den Generalstab versetzt und nahm im Stabe des commandirenden [399] Generals des X. Bundesarmeecorps, Generallieutenant Halkett, am Feldzuge von 1848 gegen Dänemark theil, wo er nicht allein durch Umsicht und Thätigkeit, sondern auch durch persönliches flottes Daraufgehen (Cavalleriegefecht bei Lygumkloster am 4. Juni) hervortrat. – Als darauf im J. 1850 die Elbherzogthümer sich anschickten, den Kampf gegen Dänemark ohne die Hülfe des übrigen Deutschland fortzusetzen, trat W. am 18. Mai als Major der Infanterie in ihre Dienste. Gleichzeitig wurde er zum Generalcommando commandirt und als Sous-Chef von Willisen’s (s. A. D. B. XLIII, 292) Generalstabe verwendet; bis zu der am 12. Juni erfolgenden Ankunft des Oberst von der Tann (s. A. D. B. XXXVII, 375) führte er auch die Geschäfte des Chefs. W. stand im Rufe einer ungewöhnlichen Befähigung, daneben galt er für thatkräftig und entschlossen, aber auch für hochmüthig und sich überhebend, für unverträglich und für einen schwierigen Untergebenen. In seinem neuen Dienstverhältnisse erfüllte er die auf ihn gesetzten Hoffnungen nicht, hatte in dasselbe überhaupt kein Interesse mitgebracht für die Sache, welcher er sich widmete, und die, wegen ihres in einer revolutionären Erhebung wurzelnden Charakters, seiner monarchischen Gesinnung unsympathisch war; er wollte vorwärts kommen und sich in seinem militärischen Berufe weiterbilden, das waren die Gründe, aus denen er seine bisherige Stellung aufgab. Auf Willisen übte er einen unheilvollen Einfluß, welcher am 25. Juli in der Entscheidungsschlacht von Idstedt schlimme Folgen hatte; an ihrem unglücklichen Ausgange trifft ihn die Hauptschuld. Denn er veranlaßte, daß die im siegreichen Vordringen begriffene Brigade Horst ohne Unterstützung blieb und verhindert wurde, ihre Erfolge auszubeuten; sein Rath war es, welcher Willisen bestimmte, aus unbegründeter Besorgniß vor einer Umgehung seines linken Flügels einen vorzeitigen und übereilten Rückzug anzutreten. Wyneken’s Verhalten in der Schlacht erfuhr in den Kreisen des Heeres scharfe Verurtheilung. Ein großer Theil der Officiere stand ihm sogar feindlich gegenüber und die Statthalterschaft erblickte in ihm diejenige Persönlichkeit, auf deren Einfluß Willisen’s unthätiges und von ihr getadeltes Beharren bei Rendsburg während des Monats August zurückzuführen sei. Beim Austrage einer Meinungsverschiedenheit zwischen Statthalterschaft und commandirendem General, welcher Anfang September stattfand, verlangte jene Behörde Wyneken’s Scheiden aus seiner Stellung. Es wurde diesem das Commando eines Bataillons angeboten, welches er jedoch ablehnte. Er erbat vielmehr seine Entlassung, welche ihm unter Auszahlung einer vor seinem Diensteintritte ihm gewährleisteten Summe von 5000 Thalern zu theil wurde. Er fand nun zunächst eine Anstellung bei der Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft, alsdann eine solche im hannoverschen Staatsdienste als Director des Strafarbeitshauses zu Lingen und ist hier am 2. November 1855 gestorben.

In einer für die Kenntniß der Persönlichkeiten, welche im J. 1850 in der schleswig-holsteinischen Armee eine Rolle spielten, wichtigen Quelle, der Schrift des Garnison-Auditeurs zu Rendsburg Lüders „Generallieutenant v. Willisen und seine Zeit“ (Stuttgart 1851) wird W. scharf verurtheilt. Es heißt dort über ihn gelegentlich seiner Berufung: „Nach dem Urtheile derer, die ihn kannten, war er ein ausgezeichneter Officier, theoretisch wie praktisch gleich sehr gebildet. W. hatte einen Ruf in der hannoverschen Armee und dieser Ruf eilte ihm voran nach den Herzogthümern; dabei aber wurde nie unerwähnt gelassen, daß er stolz und im hohen Grade eingebildet auf seine Kenntnisse sei, und es deshalb sich sehr frage, ob er von wesentlichem Nutzen sein werde“. Ferner heißt es dort, auf die Aeußerungen nicht genannter Dritter gestützt: „W. war aber Opponent aus Grundsatz; unverträglich und unleidlich gegen Jeden, der mit ihm in Berührung kam, und somit annullirte er oft Alles, was er sonst Gutes hätte [400] schaffen können“, endlich: „W. ist der böse Geist gewesen, der nur analysirern aber nichts schaffen konnte und Alles schwarz sah.“ – Ein einwandfreier Zeuge, General von der Tann, urtheilt: „Ein bischen Intrigant, aber sonst ein heller Kopf, schade um ihn“ (7.–9. Beiheft zum Militär-Wochenblatte, Berlin 1882, S. 330); an einer anderen Stelle der in diesen Beiheften enthaltenen Lebensbeschreibung Tann’s ist von Wyneken’s düsterer Auffassung der Verhältnisse die Rede, er wird als Schwarzseher, unverträglich, unleidlich gegen Jedermann gekennzeichnet.