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ADB:Zötl, Gottlieb von

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Artikel „Zötl, Gottlieb von“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 438–440, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Z%C3%B6tl,_Gottlieb_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 05:47 Uhr UTC)
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Zötl: Gottlieb von Z., Forstmann, geboren am 1. September 1800 in Kitzbühl (Tirol), † am 6. Januar 1852 in Hall (bei Innsbruck), Sohn eines bürgerlichen Bergschreibers. Den ersten Unterricht erhielt er in seinem Geburtsorte; später besuchte er die Realschule und das Gymnasium in Innsbruck. Hierauf widmete er sich dem kaufmännischen Berufe, in dem er nahezu zwei Jahre thätig war. Während dieser Zeit war aber bei ihm das Streben nach einer seinen geistigen Anlagen und Fähigkeiten mehr zusagenden höheren Lebensstellung immer mehr erwacht. Vor allem zogen ihn der Wald und das forstliche Studium so mächtig an, daß er seine Stelle in der Handlung, in welcher er beschäftigt war, aufgab und als Forstlehrling bei dem Waldamte zu Kitzbühl eintrat. Schon zwei Jahre darauf (1819) konnte er seine dienstliche Laufbahn als Waldaufseher im Oberinnthal beginnen. 1821 wurde er zum Forstwart befördert und zugleich mit der Verwaltung des Reviers Stanzerthal (im Forstamtsbezirke Imst) betraut. Kurze Zeit darauf wurde er dem genannten Forstamte zur Aushülfe zugewiesen. Da ihm aber die bloß praktische Ausbildung nicht genügte, bezog er 1823 die k. k. Forstlehranstalt zu Mariabrunn und absolvirte deren vorschriftsmäßigen Cursus bis 1825, und zwar mit ausgezeichnetem Erfolge. Zur Erweiterung seines Gesichtskreises unternahm er hierauf mit höherer Bewilligung noch eine Studienreise durch die Forste des Salzkammerguts etc., um alsdann die Verwaltung des ihm während seiner Abwesenheit vorbehaltenen Reviers Stanzerthal wieder anzutreten. Hier machte er es sich nun zur Aufgabe, während seiner zahlreichen Waldbegänge den Einfluß des Standorts, insbesondere der Terrainconfiguration, ferner der Winde, sowie der im Hochgebirge so häufig vorkommenden nachtheiligen Elementarereignisse, wie Erdabrutschungen, Bodenabbrüche, Steinschläge, Muhrgänge, Lawinen etc. auf die Gebirgswaldungen zu studiren, um Anhaltspunkte darüber zu gewinnen, durch welche Bewirthschaftungsmethode den in solchen Höhenlagen ganz unvermeidlichen Calamitäten am erfolgreichsten vorgebeugt werden könne. Schon damals tauchte bei ihm der Vorsatz auf, die gemachten Beobachtungen zur Ergänzung und Vervollständigung der über die Gebirgsforstwirthschaft überhaupt veröffentlichten Anleitungen (z. B. der 1804 und 1806 erschienenen Bücher von Zschokke) schriftstellerisch zu verwerthen. Seine 1827 erfolgte Ernennung zum Assistenten an der Forstlehranstalt zu Mariabrunn entzog ihn aber dem praktischen Forstdienste und nahm ihn für neue Aufgaben derart in Anspruch, daß er dieses Vorhaben nicht alsbald auszuführen vermochte. Er verlor jedoch sein Ziel nicht aus den Augen und benutzte jede freie Stunde zur Verarbeitung des von ihm gesammelten reichhaltigen Materials, so daß noch vor seinem Austritt als Assistent sein classisches Werk („Handbuch der Forstwirthschaft im Hochgebirge, für alle jene, welche das Forstwesen betreiben, oder mit demselben in Berührung stehen, als: Forst-, Berg- und Hütten-, Wasser- und Straßenbau- und politische Beamte, Gemeindevorstände, Waldbesitzer“ etc., mit 2 Steintafeln 1831) erscheinen konnte. In dieser auf zahlreichen und gründlichen Beobachtungen beruhenden Schrift werden die früher genannten schädlichen Elementarereignisse mit Bezug auf die Hochgebirgsforste in naturgetreuer Schilderung und treffender Charakteristik behandelt, sowie Vorschriften über die beste Bewirthschaftungsmethode der Höhenwaldungen mit Rücksicht auf möglichste Vorbeugung der durch jene Ereignisse drohenden Schäden ertheilt. Vorzüglich gearbeitet in diesem Handbuche ist insbesondere der Abschnitt, welcher sich über die Richtung und Wirkungsweise der Winde bezw. Stürme, sowie über den Schutz der Bestände gegen Sturmschäden durch eine wohlgeordnete, der betreffenden Gebirgsausformung angepaßte Hiebsfolge verbreitet. Noch in demselben Jahre, in welchem dieses Werk erschienen war, wurde er zum Forstmeister in Brixlegg [439] (Tirol) ernannt. Als solcher wurde ihm u. a. die Aufgabe zu Theil, von 1833 ab die Vorerhebungen zu leiten, welche die Grundlage für die später in Angriff genommene vollständige Befreiung der Staatswaldungen Tirols von Servituten bilden sollten. Außerdem baute er hier unter bedeutenden Schwierigkeiten die großartige, eine Wassermasse von 42 000 Kubikklaftern haltende Schwemmklause in Brandenberg, die bei ihrer Einweihung auf den Namen des Erzherzogs Johann getauft wurde. 1837 wurde ihm zunächst die Supplirung des Salzburgschen Forstreferats bei der k. k. Berg- und Salinendirection in Hall übertragen. Kurze Zeit darauf wurde er auch zum bevollmächtigten Repräsentanten des tirolischen Forstaerars bei den Katastralreclamationen im Salzburgschen Montanforstdistrict ernannt. 1841 rückte er zum wirklichen Bergrath in Hall auf, in welcher Stellung ihm das Referat über Salzburg bis 1844 oblag. Seit 1847 wirkte er zugleich als Mitglied, später als Leiter der Waldservituten-Ablösungscommission für Tirol, und zwar in so erfolgreicher Weise, daß der größte Theil der fiskalischen Forste des Ober- und Unter-Innthals vollständig purificirt wurde. Daneben fand er noch Zeit, mehrere gediegene Aufsätze über Hochgebirgsforstwirthschaft zu veröffentlichen, so z. B. eine „Anleitung zur Behandlung und Erhaltung der Baumwälder“ (erschienen im 26. Heft von G. W. v. Wedekind’s Neuen Jahrbüchern der Forstkunde). Der Schweizerische Forstverein sah sich veranlaßt, diesen Aufsatz wegen seines praktischen Werths für die Gebirgsforstwirthe und wegen seiner klaren Darstellungsweise in ca. tausend Exemplaren (auch in französischer und italienischer Uebersetzung) abdrucken zu lassen und in den Kantonen zu vertheilen. Z. stand nicht nur mit den hervorragendsten Fachgenossen, sondern auch mit Landwirthen etc. in regem wissenschaftlichen Verkehr, sodaß ihn nicht nur Landwirthschaftsgesellschaften, sondern auch andere Vereine mit Rücksicht auf seine hervorragenden Kenntnisse und gemeinnützigen Bestrebungen zum Mitgliede und nicht selten Berichterstatter für ihre Angelegenheiten ernannten.

Z. war außerdem auch ein glühender Patriot. Selbst ein vorzüglicher Schütze und von jeher ein warmer Freund des Schützenwesens fachte er dessen Belebung und Förderung bei seinen schon an sich hierfür besonders empfänglichen Landsleuten mächtig an, wobei er namentlich die praktische Tendenz der Ausbildung als Schütze behufs größerer Sicherheit der Person und Abwehr äußerer Gefahren eindringlich betonte. Nur zu bald sollte diesen Bestrebungen eine praktische Nutzanwendung zu Theil werden, indem der 1848 in Italien ausgebrochene Krieg wenigstens einen Theil Tirols von Oesterreich loszureißen und einer fremden Herrschaft unterzuordnen drohte. Da erließ Z., nachdem das Manifest des Erzherzogs Johann erschienen war, einen von Vaterlandsliebe durchglühten Aufruf an sämmtliche Schießvereine des Ober- und Unter-Innthals, sich unverzüglich um seine Fahne zu schaaren und unter seiner Führung gegen den Feind zu ziehen. Der Erfolg dieses Aufrufs war über Erwarten groß. Es wurde ihm die Auszeichnung zu Theil, das von ihm gebildete Scharfschützencorps höheren Orts amtlich als „Compagnie Zötl“ bezeichnet zu sehen. Unter ihrem begeisterten und umsichtigen Führer nahm dieselbe an allen Gefahren und Strapazen des Felddienstes, namentlich auch an den Gefechten zu Malcesine und Val Arsa, sowie an dem Zuge auf den Monte Baldo, nach Madonna della neve und auf die Höhen nach Brentonico thätigen Antheil. Reichliche Anerkennung und Belobung wurde dem Corps für sein muthvolles Verhalten von Seiten des Brigadecommandeurs etc. zu Theil. Sein Führer aber wurde von dem Kaiser von Oesterreich durch Verleihung des Ordens der Eisernen Krone ausgezeichnet, womit der Adel verbunden ist. Bald nach seiner Rückkehr aus dem Feldzuge zeigten sich bei Z. leider die Symptome eines organischen Gehirnleidens, [440] welches die allmähliche Abnahme seiner geistigen Functionen zur Folge hatte und später eine allgemeine körperliche Lähmung nach sich zog, welcher er zuletzt unterlag.

Monatschrift für das württembergische Forstwesen, IV. 1853, S. 56. – Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft, S. 614. – Fr. von Löffelholz-Colberg, Forstliche Chrestomathie, V. 1, S. 21, Nr. 78. – G. von Schwarzer, Biographien, S. 28. – Privatmittheilungen. – Heß, Lebensbilder hervorragender Forstmänner etc., S. 429.