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ADB:Zachau, Friedrich Wilhelm

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Artikel „Zachau, Friedrich Wilhelm“ von Max Seiffert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 657–658, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zachau,_Friedrich_Wilhelm&oldid=- (Version vom 19. November 2024, 23:16 Uhr UTC)
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Zachau: Friedrich Wilhelm Z. wurde am 19. November 1663 in Leipzig geboren, wo sein Vater Stadtpfeifer war. Unter den Augen des Vaters, der später nach Eilenburg übersiedelte, erlernte Z. „nebst Abwartung der Schule, sowohl die Organisten- als Stadt-Pfeiffer-Kunst ex fundamento“. Auf diese Weise muß sich Z. in jungen Jahren tüchtige praktische Fertigkeiten erworben haben, da ihm bereits 1684 das Organistenamt an der Liebfrauenkirche in Halle übertragen wurde. Von seiner 28jährigen Wirksamkeit in diesem Amte wissen wir nur blutwenig. Seit dem 24. October 1693 verheirathet, konnte Z. als Meister Lehrlinge annehmen. Als einer der ältesten Schüler ist Händel bekannt, spätere Schüler waren J. Gotth. Ziegler, J. Gotth. Krieger, Gottfr. Kirchhoff. Vermuthen kann man noch, daß Z. vielleicht zu den „erfahrenen Musicis“ gehörte, deren Hülfe Freylinghausen 1702/3 für sein Gesangbuch in Anspruch nahm. Das ist aber Alles. Z. starb am 14. August 1712, eine Wittwe und einen ungerathenen Sohn hinterlassend. – Als Musiker ist Z. namentlich früher vielfach überschätzt worden, wie es scheint, aus Respect davor, daß Händel nicht anders als lobend sich über Z. zu äußern pflegte. Die compositorischen Leistungen Zachau’s werden aber dem gereiften Händel sicherlich am wenigsten Veranlassung gegeben haben, auf seines Lehrers guten Ruhm bedacht zu sein. Die erhaltenen Kirchencantaten Zachau’s (kgl. Bibliothek Berlin und Privatbibliothek Dr. Chrysander’s in Bergedorf) zeigen, daß er während seiner [658] kurzen Schaffensperiode als Kirchencomponist mit seinem Können und dem Streben seiner Zeit nie recht ins Klare gekommen ist. Zu großen Formen nimmt er wol hier und da den Ansatz; sie zerplatzen aber, bevor sie sich entwickeln. Weiterhin liebäugelt er gleich anderen seiner Zeitgenossen mit der theatralischen Musik; von der ernsten contrapunktischen Setzart sich abwendend, neigt er sich mehr einer angenehmen weltlichen Melodik zu. Seinen Orgelcompositionen nach (kgl. Bibl. Berlin: 1718. Ms. P. 407, acc. 4107, Ms. 22,541 – Königsberg Ms. 15839. Der Verbleib der Werke, die A. G. Ritter besaß, ist unbekannt) gehört Z. dem Kreise von Musikern an, die, in Mitteldeutschland ansässig, Pachelbel’s Anhang bildeten, ohne hinsichtlich der Form und des Ausdrucks der Choralbearbeitung diesen Meister zu erreichen. Den besten Eindruck macht Z. noch in einer Fantasie und in einem Präludium mit Fuge, in denen er sich, Pachelbel’s Beispiel folgend, der älteren, mehrgliedrigen Canzonenform nähert. Z. kann jedoch „als Lehrer mancherlei Vorzüge besessen haben, die sich aus seiner Musik nicht herauslesen lassen“. Seinen Mangel an fruchtbarer Originalität suchte er dadurch zu ergänzen, daß er einen ansehnlichen Vorrath von Compositionen älterer und neuerer Meister sammelte, um sie seinen Schülern als Muster vorzulegen. Wenn Händel später in seinen Werken musikalische Gedanken namentlich süddeutscher Componisten wieder aufleben ließ, die theilweise bereits vor einem Menschenalter zuerst ausgesprochen worden waren, so liegt die Annahme nahe, daß er die Bekanntschaft mit jenen gerade Z. zu verdanken hatte. Händel’s Stärke in der Doppelfuge wird ebenfalls dadurch erklärlich; denn die älteren süddeutschen Meister betrieben gerade diese mit Vorliebe und Geschick. Nicht geringer als die mühelose Erweiterung der Litteraturkenntniß ist die olympische Ruhe und Sicherheit des Generalbaßspieles zu veranschlagen, die Zachau’s Unterricht seinen Schülern gewährte und durch die Händel bei seinem Hinausziehen in die Welt Staunen erregte. Gelegenheit, sich darin zu üben, hatte Händel genug, da er in Zachau’s Stil massenhaft „schier unendliche Cantaten und lange lange Arien“ producirte und zu leiten hatte.

Fr. Chrysander, G. F. Händel I, 21 ff. – C. v. Winterfeld, Ev. Kirchengesang III, XX u. 258. – A. G. Ritter, Z. Gesch. d. Orgelspiels I, 203. – Kümmerle, Encyklop. d. ev. Kirchenmusik. Neuausgaben einzelner Orgelstücke: Gesammtausgabe bei Körner, Erfurt (nur 1 Heft erschienen). – Körner’s Orgelvirtuos (Nr. 133, 134, 256). – F. Commer, Sammlg. d. best. Meisterwerke f. d. Orgel. – Sammlung v. Präl., Fugen v. berühmten Meistern. Leipzig, Breitkopf & Härtel. – A. G. Ritter, Z. Gesch. d. Orgelsp. II, 228 ff.