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ADB:Zanthier, Hans Dietrich von

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Artikel „Zanthier, Hans Dietrich von“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 690–693, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zanthier,_Hans_Dietrich_von&oldid=- (Version vom 6. Dezember 2024, 04:41 Uhr UTC)
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Zanthier: Hans Dietrich v. Z., Forstmann, geboren am 17. September 1717 im Hause (Rittergute) Görzig, † am 30. November 1778 in Wernigerode (Harz). Er war der jüngste von sechs Söhnen des kurfürstl. sächsischen Landraths Hans Dietrich v. Z. und der Anna Eleonore v. Bodenhausen. Da er die Eltern schon in seinem 11. Lebensjahre verlor, wurde er mit einem Vetter [691] auf der Burg Chemnitz erzogen. Schon im 15. Jahre kam er durch Vermittlung des Hofmarschalls v. Polenz unter die Leibpagen des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel; 11/2 Jahre später wurde er seiner Größe halber als Jagdpage der Oberaufsicht des Oberforstmeisters v. Rössing unterstellt und dem Hofjäger Hofmann im Forste Wolfenbüttel übergeben, um bei diesem die Jägerei zu erlernen. Die eigentliche Grundlage seiner fachmännischen Ausbildung verdankt er aber dem braunschweig. Forstmeister Johann Georg v. Langen (A. D. B. XVII, 656) zu Blankenburg, dem er 1734 vom Herzog Ludwig Rudolf überantwortet wurde. Als v. Langen 1737 vom König Christian VI. von Dänemark als Hofjägermeister nach Norwegen berufen worden war, um die dortigen Forste zu vermessen und behufs Lieferung der zum Bergbaue nöthigen Holzsortimente nachhaltig einzurichten, sowie Glashütten, Pechöfen, Kienrußhütten, Theeröfen und sonstige industrielle Etablissements ins Leben zu rufen bezw. zu leiten, siedelte Z. mit nach Norwegen über, um zuerst als „Förster“, später als „Jagdjunker“ an allen diesen Arbeiten sich mit zu betheiligen. Die hierbei von ihm in dem dortigen sumpfigen Terrain entfaltete aufreibende Thätigkeit zog ihm wiederholte scorbutische Anfälle zu, welche er jedoch – bei seiner kräftigen Constitution – als der einzige unter zwölf Genossen glücklich überwand. Nach König Christian’s Tod erhielt er (wie alle Deutschen, die in dänischen Diensten standen) seinen Abschied und kehrte 1746 nach Deutschland zurück. Er attachirte sich von neuem an seinen früheren Lehrherrn und Gönner v. Langen, um sich unter dessen Leitung an den Betriebseinrichtungsarbeiten in den Weserforsten zu betheiligen. Nachdem er 1747 in gräflich Stolberg-Wernigerodische Dienste getreten war, zunächst als Forstmeister in Hohenstein, von 1749 ab als Oberforst- und Jägermeister zu Ilsenburg, setzte er die von v. Langen in den Wernigeröder Forsten angebahnten Reformen ganz in dessen Sinn und Geiste fort. Diese Reformen bestanden in einer neuen Vermessung und neuen Eintheilung der Forste (in sechs Reviere), sowie in der Ausarbeitung von Betriebsplänen für diese. Einige Reviere bezw. Reviertheile wurden für den Nadelholzbetrieb bestimmt; andere wurden in schlagweise Abtheilungen gebracht, für die in den Niederungen der 70jährige, in den höher gelegenen Partien hingegen der 40–60jährige Umtrieb festgesetzt wurde. In den Nadelholzdistricten, welche etwa die Hälfte der gesammten Waldfläche ausmachten und im Kahlhiebe bewirthschaftet wurden, sollte das benöthigte Bau- und Blochholz nachhaltig erzogen werden. In den ausgeschiedenen Schlägen hingegen sollte das noch vorhandene Nadelholz nach und nach in vorzugsweise hartes Laubholz (Buche, Eiche, Ahorn, Esche. Ulme, Hainbuche etc.) umgewandelt und dieses in einer Art von Mittelwaldbetrieb (unter Belassung von 5–7 großen Bäumen, 6–8 Oberstäudern und 12–15 Laßreisern pro Morgen) bewirthschaftet werden. Ueber jedes Revier wurde eine Karte in je drei Exemplaren angefertigt. Aus den einzelnen Revieretats (gesammte Holzmasse, dividirt durch die Umtriebszeit), die jeder Förster am Schlusse des Jahres bei dem Oberforstmeister einzureichen hatte, stellte dieser den Hauptetat zusammen. Durch diese in einer Anzahl von Edicten des Grafen Christian Ernst zu Stolberg aus den Jahren 1744, 1746 und 1750 zum gesetzlichen Ausdrucke gelangten Langen-Zanthier’schen Reformen wurde ein auf feste Grundlagen sich stützender nachhaltiger Betrieb ermöglicht. Bei der Ausführung zeigten sich freilich manche Unzuträglichkeiten, da bei der Ausscheidung der Abtheilungen etwas zu schablonenmäßig vorgegangen worden war. Man hatte hierbei die (gleichgroß gemachten) Abtheilungen vielfach über Berg und Thal hin erstreckt, anstatt die natürlichen Grenzscheiden (Bergrücken, Thäler, Schluchten etc.) zu benutzen. Auch war bei den Hiebsdispositionen dem Alter der Holzbestände nicht gebührend Rechnung getragen worden. Schon Z. sah sich [692] daher genöthigt von den ertheilten Dispositionen, insbesondere von der regelmäßigen Flächeneintheilung (weil hierdurch ein gleich großer Holzeinschlag nicht zu erreichen war) und von der strengen Umwandlung des Nadelholzes in reinen Laubholzbetrieb mehrfach abzuweichen. Immerhin wird aber hierdurch das Verdienst der genannten Männer, anstatt des früheren rohen Femelbetriebs eine reguläre, auf nachhaltige Nutzungen berechnete Schlagwirthschaft ins Leben gerufen zu haben, nicht beeinträchtigt. Der weitere Ausbau des Werkes setzte doch zunächst dessen Begründung voraus und mußte – nach Maßgabe der im Laufe der Zeit zu machenden Erfahrungen – selbstverständlich den Nachkommen überlassen bleiben. Den von v. Langen begonnenen Anbau der Tanne (in den Fichtenbeständen) setzte Z. fort; auch führte er die Lärche in die Forste der Grafschaft Wernigerode ein. Was die Methode der künstlichen Bestandsbegründung anlangt, so gab er für viele Oertlichkeiten der Pflanzung der Nadelhölzer vor der Saat den Vorzug.

Eine weitere Schöpfung Zanthier’s von weittragender Bedeutung bestand in der 1764 in Wernigerode gegründeten und später nach Ilsenburg verlegten forstlichen Meisterschule, die als das erste Forstinstitut in Deutschland bezeichnet werden muß. Ihre förmliche Organisation wird von manchen Schriftstellern (v. Cube) erst in das Jahr 1772 verlegt; unbestritten ist aber, daß Z. schon vorher Schüler um sich versammelt hatte. Die Grundlage dieser Anstalt war eine vorwiegend praktische. Sie wurde hauptsächlich von jungen Herren vom Adel besucht; aber auch Zöglinge der 1770 ins Leben getretenen Forstschule zu Berlin und sogar schon im Dienste stehende Männer wurden zu Z. entsendet, weil sich dessen Ruf als ausgezeichneter praktischer Forstwirth inzwischen in weiteren Kreisen verbreitet hatte. Am Vormittag wurden theoretische Vorlesungen abgehalten; am Nachmittag folgten praktische Demonstrationen im Walde. Wie innig diese Schule mit der ganzen Persönlichkeit ihres Begründers zusammenhing, geht daraus hervor, daß sie mit seinem Tode (1778) einging. Aber ihre Wirkung war doch insofern eine nachhaltige, als die Schüler Zanthier’s seine Ansichten und Wirthschaftsgrundsätze weiter verbreiteten und als anderwärts, unter Anlehnung an ihn, neue Forstschulen, eine sogar durch einen seiner Schüler (v. Stein) entstanden.

Wenn auch Zanthier’s Hauptthätigkeit auf forstpraktischem Gebiete liegt, da er ein scharfer Beobachter der Natur und ein durch und durch praktisch angelegter Kopf war, so verdient er doch auch als Schriftsteller rühmend erwähnt zu werden. Er begann seine schriftstellerische Thätigkeit mit Abhandlungen bzw. Mittheilungen in Stahl’s Oekonomisches Forstmagazin, die Leipziger Anzeigen und das Hannover’sche Magazin. In Stahl’s Zeitschrift (IV. Band, 1764) erschien sein „Kurzer systematischer Grundriß der praktischen Forstwissenschaft“, welcher Moser’s kurze Zeit vorher (1757) erschienene Forstökonomie in manchem Abschnitt vielleicht überragt. In demselben wird u. a. die Durchforstungsfrage zuerst theoretisch behandelt. Ferner stellt der Verfasser, unter Anwendung einer Art beschränkter Zinseszinsenrechnung, eine Vergleichung der Rentabilität der vorherrschenden Betriebsarten an, wobei er zu dem Resultate gelangte, daß überhaupt unter allen Betrieben der Fichtenhochwald, beim Laubholz aber der Busch- und Stangenholzbetrieb den Vorzug verdiene. Dieser Grundriß erschien auch als selbständiges Schriftchen. Später schrieb er, gemeinschaftlich mit v. Laßberg, einen „Forstkalender“ (1772; neu aufgelegt 1781 und 1793), der eine Nachweisung der monatlichen Verrichtungen des Forstmanns enthielt und sich bei den Praktikern großer Beliebtheit erfreute, und „Zwei Sammlungen vermischter Abhandlungen, das theoretische und praktische Forstwesen betreffend“ (1778; nach seinem Tode neu aufgelegt 1786, in 3. Ausgabe mit Zusätzen und [693] Anmerkungen von K. W. Hennert 1799 erschienen). In allen diesen Schriften offenbaren sich, wenn sie auch weder inbezug auf systematische Anordnung, noch auf Vollständigkeit hervorragen, doch recht gesunde Ansichten, die auf Grund eigener Erfahrungen gewonnen wurden. Dazu ist seine Schreibweise einfach, klar und bündig, ganz dem Bildungsgrade seiner Zeitgenossen angemessen. Aus seinen nachgelassenen Papieren erschien endlich noch „Unterricht vom Torfwesen, besonders von der durch denselben am Harze eingeführten Verkohlung desselben“ (1796). Der Harzer Forstverein feierte das Fest der hundertjährigen Begründung des ersten forstlichen Unterrichtsinstituts durch Z. am 6. September 1864 durch Pflanzung einer „Zanthier-Eiche“ an dem malerisch gelegenen Platze unter dem Ilsesteine.

Journal für das Forst- und Jagdwesen von Reitter, I. Band, 1. Heft, 1790, S. 221. – Verhandlungen des Harzer Forst-Vereins. Herausgegeben von dem Vereine, Jahrgang 1864, S. 11, 29 und 122, Anmerkung. – Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft, S. 549–551, 560 u. 561. – Fr. Von Löffelholz-Colberg, Forstliche Chrestomathie, I, S. 15, Nr. 64, Bemerkung 18. – Ratzeburg, Forstwissenschaftliches Schriftsteller-Lexikon, S. 512. – Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc. II. S. 81, 83, 103, 106, 165 und 399. – Roth, Geschichte des Forst- und Jagdwesens in Deutschland, S. 588–590. – Privatmittheilungen. – Heß, Lebensbilder hervorragender Forstmänner etc., 1885, S. 424. – Schwappach, Handbuch der Forst- und Jagdgeschichte Deutschlands, 1888, I. S. 421, 429 und 443; II. S. 545, 569 und 580.