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ADB:Zedtwitz, Ewald von

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Artikel „Zedtwitz, Ewald von“ von Ludwig Julius Fränkel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 759–761, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zedtwitz,_Ewald_von&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 23:06 Uhr UTC)
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Zedtwitz: Ewald von Z., Romanschriftsteller unter dem Pseudonym E. von Wald-Zedtwitz, auch E. v. Wald, wurde am 23. Januar 1840 (nicht 29. Januar 1839) zu Delitzsch (Prov. Sachsen) als Sohn eines Obersten geboren, aus einer altpreußischen Militärfamilie, deren naheliegende Verzweigung mit dem gräflichen gleichnamigen Geschlechte in Böhmen seit lange abgebrochen sein muß. Mit den Eltern führte er infolge der Versetzungen ein Wanderleben durch die Garnisonen Delitzsch, Halle, Cölleda, Erfurt, Suhl, Schleusingen, [760] Magdeburg, also durch Preuß.-Sachsen und Thüringen. Nach dem Besuche des Cadettencorps trat er 1858 als Lieutenant in das 2. Thür. Infanterieregiment Nr. 32 (Erfurt-Naumburg), in dem sein Vater gedient hatte, 1866 in das 4. Thür. Regiment Nr. 72 zu Torgau. In letzterem fungirte er während des preußisch-österreichischen Krieges 1866 als Regimentsadjutant. Im Feldzuge 1870/71 führte er als Premierlieutenant die 2. Compagnie seines Regiments und wurde in der Schlacht bei Mars la Tour, 16. August, drei Mal schwer, zwei Mal leicht verwundet. Schüsse durch Knie und Sohle hielten ihn auf seinem Schmerzenslager im nahen Gorze in einem Kaufmannsladen zu ebner Erde fest, als am Mittag des (17. oder) 19. König Wilhelm wegen Gedränges einige Minuten davor hielt; da ließ er eine aufgeblühte rothe Rose seinem Kriegsherrn überreichen als Glückwunsch für den Sieg. Der Dichter-Maler Moritz Blanckarts (1836–83) hat in einem Gedichte „Die Rose von Gorce“ (in „Kriegs- und Siegeslieder“, 1871) diese Scene poetisch verewigt. Seine herbeigeeilte Gattin pflegte ihn so aufopfernd, daß er nach sechs Wochen ins Vaterland transportirt werden konnte; sie aber rafften Aufregung und Ueberanstrengung hinweg. Z. ging zur Erholung nach Sondershausen und Wiesbaden, bereiste Italien, die Schweiz, Oesterreich, Belgien, die Niederlande und wurde im November 1871 Hauptmann und stellvertretender Bezirkscommandeur zu Halberstadt (1. Bataillon des 3. Magdeb. Landwehrregiments Nr. 66). Da erhielt er zu Weihnachten von Kaiser Wilhelm ein an jenes Zusammentreffen erinnerndes Gemälde nebst einem bezüglichen ehrenvollen und dankenden Handschreiben, nachdem der Herrscher nachträglich den Namen jenes Spenders erfahren. Später wurde Z. zum Major befördert, 1883 nach Potsdam versetzt, nahm aber, durch die Folgen der Kriegswunden genöthigt, 1884 seinen Abschied. Schon in Halberstadt unterbrach er aber die Eintönigkeit des Kleinstadtlebens durch öftere Reisen nach Dänemark, Italien, Frankreich, Tirol und anderwärts. Von 1885 ab wohnte er in dem lieblichen wald- und seeumkränzten Eutin, seit 1890 in Meiningen. August 1894 begann, eine Nachwirkung seiner Schußverletzungen, die Nervosität sich zu verschlimmern, und er mußte nach vergeblichem Aufenthalte in Wiesbaden und Bickenbach am 1. Mai 1895 in eine Heilanstalt zu Andernach gebracht werden, wo er am 28. April 1896 sanft verschied. Auf dem Kirchhofe des reizenden Dorfs Bickenbach an der Bergstraße wurde er seinem Wunsche gemäß am 30. April beigesetzt, wo seine Schwester Gattin des Ortspfarrers Göhrs war. Mit seiner zweiten Gattin (seit 1873) Anna Wieter war er in den letzten Jahren viel gereist.

Wennschon jene Episode aus Zedtwitz’ activer Soldatenperiode und sein trauriges Geschick in bestimmten, vor allem militärischen Kreisen ziemlich bekannt geworden sind, so datirt doch der weitere Ruf seines Namens vom Jahre 1880 an, da er sich auf belletristischem Gebiete zu bethätigen begann. In dem anderthalb Jahrzehnt seines litterarischen Schaffens hat Z. eine lange Reihe von Bänden veröffentlicht. Meistens erschienen diese Erzählungen erst in einer der bekannten großen Romanzeitschriften oder einem Tagesblatte, wobei er übrigens bezeichnenderweise, analog der Forderung seines Standes- und Berufsgenossen Gerhardt von Amyntor (= Dagobert von Gerhardt), nach der politischen Doctrin der betreffenden Zeitung nicht fragte (so brachte die Berliner „Volks-Zeitung“ zwei Romane Zedtwitz’). Rund ein halbes Hundert erzählende Werke, darunter aber sechs dreibändige Romane und ein zweibändiger sowie eine Anzahl Novellensammlungen; die Titel findet man vollständig in Kürschner’s „Dtsch. Litteraturkalender“ bis zum 18. Jahrg. incl. s. v. und in Brümmer’s Lex. dtsch. Dcht. u. Pros. d. 19. Jhs.4 IV, 404 f. Etwa ein Drittel tragen Humoresken-Anstrich, das Militär liefert die Mehrzahl der Personen und Situationen, oft auch den ganzen Rahmen nebst Staffage. Die erstaunliche [761] Fruchtbarkeit seiner Feder verhinderte sorgsamere Anlage der oft sehr geschickt ausgedachten Histörchen und machte gar ein Feilen unmöglich. Daher ging ihm auch die Fähigkeit, größere Conceptionen ausreifen zu lassen, verloren, wo es mehr als das Frische, Flotte, sittlich Reine brauchte: nach Gottschall (D. dtsch. Nationallitt. d. 19. Jhs.6 IV, 856 f.) sind sie meistens etwas stillos und sensationell. Dagegen rühmt derselbe Zedtwitz’ soldatischen Humoresken frischen Humor und resoluten Ton nach und findet besonders die Schilderung des Marschtages und des Cadettenlebens ergötzlich. In einem knappen Nekrologe der „Volks-Zeitung“ (Nr. 199, 29. April 1896, S. 2) bemerkt ein gut unterrichteter College anonym: „Mit Humor und großem Verständniß schilderte er Vorgänge auf dem Exercirplatz, dem Turf und dem Manöverfeld. Viele Scherze, welche man nachträglich dem Kaiser Friedrich und anderen Fürsten in den Mund legte, z. B. jene Entschuldigung eines aus Afrika zurückgekehrten Lieutenants: ‚Konnte keinen Löwen schießen, weil gerade Schonzeit war‘, entstammte Wald-Zedtwitz’schen Romanen. In Schriftstellerkreisen war der Heimgegangene um seines heiteren, liebenswürdigen Wesens willen sehr geschätzt“. Außer an militärische Gegenstände macht sich Z. mit Geschick auch an das kleine, aus dem heutigen Leben, dessen sociale Gegensätze öfters hereingezogen werden, geschöpfte Abenteuer, das flott erzählt wird, psychologisch nie in die Tiefe greifend, nichts Mystisches oder Naturalistisches herbeiziehend, bisweilen gewaltsam und unerwartet in der Lösung, einzelnes flach, woraus sich mehr gestalten ließe (z. B. „Der Liebesvogel“ in „Derjenige welcher und [7] andere Novellen“), oder sensationell ohne Spannung (z. B. ebenda „Die Königinnen der Luft“). „E. v. Wald-Zedtwitz“ rechnete 1885–95 zu den besseren deutschen Unterhaltungsschriftstellern, namentlich in Humoreske und Soldatengeschichtchen, und so hätte ihm in der Nummer der „Literarischen Volkshefte“ von E. Wolff und L. Berg, das 1889/90 den Officier in der deutschen Dichtung Revue passiren ließ, neben Ad. v. Winterfeld (s. d.) ein fester Platz als Vertreter einer jüngeren Generation gebührt. „Aus dem Leben meines Freundes“ in „Soldatenblut“ (1895) S. 1–47 schildert das Gorzer Erlebniß (S. 46 der Kaiserbrief). Schwänke „Ein Preislustspiel“ und „Aprilschwank“ (1885), Schauspiel „Der Pfennigreiter“ (mit C. Sawersky, 1893) nach seinem Roman (1890).

Außer in dem oben citirten Artikel der „Volks-Zeitung“ (falscher Geburtsort Dessau) widmete in dem Feuilleton der „Kölnischen Zeitung“ ein höchst sachkundiger Anonymus einen Nekrolog (1896, Nr. 419, v. 6. Mai), der vom Begräbniß ausgeht, Zedtwitz’ Tod nicht, wie Brümmer u. A., nach Meiningen und den Geburtstag auf das oben in Klammer gegebene Datum verlegt; daselbst auch die Notiz, es würden „seine Reisebeschreibungen stets gern gelesen“, was doch nur die 1881 mit Wedell gemeinsam herausgegebenen „Nordischen Skizzen“ meinen kann; ebd. genauer Bericht über die Episode in Gorze und Abdruck des königl. Briefs. Letztere beide auch in Wurzbach’s Biogr. Lex. d. Kaiserth. Oesterr. (!) Bd. 59, S. 265a mit mehreren Abweichungen von den Angaben der „K. Z.“; Wurzbach verweist dafür auf „Daheim“ 1872/73 S. 412, Norddtsch. Allg. Ztg. 31. Aug. 1884, Sonntagsbeil. Nr. 35, für „das gemüthliche Bildniß des tapferen Officiers und nunmehrigen Schriftstellers“ auf Illustr. Frauenzeitung v. 3. Febr. 1889, Nr. 3, S. 23.